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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig GanghoferЧитать онлайн книгу.

Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer


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von ihnen stand offen. Die Fenster am Wohnzimmer des Fürsten.

      Zwei Augen spähten durch die Nacht zu diesen hellen Fenstern hinauf. Angedrückt an die schwarze Holzwand der Jägerhütte, saß Mazegger auf der Erde und hielt mit den Armen die Knie umschlungen.

      Einmal hörte er Schritte dort oben, als ginge der Fürst im Zimmer auf und nieder. Dann war's wieder still.

      Nun flackerte an einem dritten Fenster ein Schein auf, nur matt, als würde ein Licht vorübergetragen.

      Mazegger stieß die Schuhe von den Füßen, huschte über den Weg hinauf und duckte sich hinter den Hofzaun, dicht unter dem offenen Fenster.

      Droben war eine Tür gegangen.

      Und jetzt die ruhige Stimme des Fürsten. »Baronin? Wollen Sie wieder zur Bühne gehen? Studieren Sie die Rolle der Lady Macbeth?«

      Ein heiteres Lachen. »Sie noch auf? Das ist eine Überraschung. Hätt ich das ahnen können, so hätt ich meine schlaflose Langweile geduldig ertragen, ohne Sie zu stören. Aber der Band Maupassant, den Martin für mich aussuchte, war zu Ende gelesen, ich wollte einen neuen haben, und da der Bücherschrank in diesem Zimmer steht – was blieb mir übrig?«

      »Bitte –«

      »Nein!« Wieder jenes feine Lachen. »Jetzt kein Buch! Da Sie noch auf sind, sollen Sie mir Gesellschaft leisten, bis mir der Schlaf kommt. Sie sind ohnehin der Schuldige, dem ich diese schlaflose Nacht verdanke. Ja! Aber wollen Sie mir nicht eine Zigarette geben?«

      Eine kleine Weile war Stille.

      »Danke! – Sie sind müde, Fürst?«

      »Ich? Nein!«

      »Ich meinte nur, weil Ihre Hand zitterte, als Sie mir Feuer gaben.«

      »Sie irren sich, Baronin.«

      »Wirklich? Und ich beobachte doch sonst so gut. Aber wie können Sie nur in dieser kühlen Nacht bei offenem Fenster sitzen! Wie unvorsichtig!«

      Baronin Prankha erschien am Fenster. Ihre Gestalt war dunkel im Schatten, doch die halb entblößten Schultern und die von durchsichtigen Spitzen kaum verhüllten Arme waren im Lampenschein von roten Lichtlinien umzogen.

      Leis klirrten die Scheiben, als sie das Fenster schloß. Dann verschwand sie wieder. Jetzt hörte man wohl die beiden Stimmen noch, aber es war kein Wort mehr verständlich.

      Lautlos, geschmeidig wie eine Katze, kletterte Mazegger am Flaggenmast hinauf und kam so hoch, daß er einen Blick in das Fenster werfen konnte. Er sah ein ruhiges Bild, sah einen Teil des Zimmers mit dem Schreibtisch, auf dem die Lampe stand. Ettingen kehrte dem Fenster den Rücken, und ihm gegenüber ruhte die schöne Frau in einem Fauteuil, von weißen Spitzen umflossen; ihr Haar, das im Schein der Lampe flimmerte wie rotes Metall, umringelte die schneeigen Schultern und zitterte wie Goldgespinst bei jeder leisen Bewegung des Kopfes; die eine Hand lag mit nervösem Spiel auf der Kante des Schreibtisches, in der anderen hielt sie die brennende Zigarette; so plauderte sie, bald ernst, bald wieder lächelnd. Und plötzlich legte sie die Zigarette fort. Halb sich aufrichtend, sah sie dem Fürsten ins Gesicht. Sie sagte nur ein Wort, ein einziges, kurzes Wort. Ob es sein Name war? Der Fürst erhob sich. Nun konnte Mazegger sein Gesicht sehen. Es war hart und ernst.

      Hastig ließ Mazegger sich über die Stange hinuntergleiten, huschte zum Haus hinüber und legte das Ohr an die Mauer. Er hörte nur ein verworrenes Geräusch der Stimmen. Aber wie erregt diese beiden Stimmen klangen! Wie Rede und Gegenrede kurz und heftig aufeinander folgten! Nun lautlose Stille. Dann sprach der Fürst allein, fast immer allein. Nur selten unterbrach ihn die andere Stimme. Jetzt wieder Schweigen, dem ein nervöses Lachen folgte. Der Fürst blieb stumm. Nur diese Frauenstimme klang. Wieviel sie zu erzählen und zu erklären hatte! Das währte eine Stunde und länger noch. Und immer wechselte diese Stimme den Ton. Bald klang sie wie in ersticktem Zorn, bald wieder flog sie in leidenschaftlicher Hast, dann stockte sie und verwirrte sich, wurde leis und schmeichelnd. Jetzt sprach der Fürst, ruhig, nur wenige Worte, die ein gepreßter Schrei übertönte. Ein Stuhl wurde gerückt, Schritte klangen, durch den Lichtschein des Fensters glitt ein Schatten. Nun ein Stammeln und Flehen, ein Ton, der dem lauschenden Jäger alle Sinne schauern machte. Dumpfe Stille. Dann ein jähes Auflachen, herb und mißtönig, das Geräusch einer Tür und wieder das Schweigen. Klirrend wurde droben das Fenster aufgerissen.

      Mazegger drückte sich regungslos an die Mauer. Im Lichtschein, der übers Almfeld hinausfiel, sah er den Schatten des Fürsten. Und deutlich hörte er den tiefen Atemzug, mit dem der Einsame dort oben die frische Bergluft trank wie eine köstliche Erquickung.

      Der Schatten im Fensterlicht verschwand. Man hörte den Schritt des Fürsten, der im Zimmer auf und nieder ging. Ein Stuhl wurde gerückt. Und dann war's still.

      Noch lange stand Mazegger in der Nacht und spähte zu dem hellen Fenster hinauf. Kein Laut mehr. Aber auch die Lampe erlosch nicht. Wie zerbrochen an allen Gliedern taumelte der Jäger zu seiner Hütte hinunter, nahm die Schuhe vom Boden auf und trat in die Stube. Er machte Licht und sah nach der Uhr. Drei Uhr vorüber. In einer halben Stunde mußte der Tag beginnen.

      Immer mit der Uhr in der Hand, stand Mazegger am Tisch und starrte brütend vor sich hin. Sein Gesicht war grau wie Asche, die Augen brannten wie im Fieber.

      Schwankend ging er zum Bett und warf sich auf die Matratze.

      Draußen begann es zu dämmern.

      Da huschte ein Schritt an der Hütte vorüber, vorsichtig und leis, als möchte er nicht gehört werden.

      Dieser Schleicher im Morgengrauen schien ein belastetes Gewissen zu haben. Das erleuchtete Fenster der Jägerhütte war ihm nicht willkommen. Er duckte sich, um ungesehen vorüberzuschlüpfen. Schon wollte er auf den Fußspitzen in der Försterhaus schleichen, als ihn eine Stimme anrief: »Praxmaler?«

      »Mar und Joseph!« stotterte Pepperl. »Der Herr Fürst!« Scheu trat er seinem Herrn entgegen, der über den Weg herunterkam. »Duhrlaucht? Was wollen S' denn? In aller Fruh?«

      Ettingen lachte. »Das begreifen Sie nicht? Ein Jäger? Sie sind doch auch schon munter!«

      »Ja, ich, dös is was anders!«

      »Wo waren Sie denn heute schon?«

      »Ich? Nirgends! Gott bewahr!« stammelte Pepperl. »Bloß da drunten war ich, a bißl da drunt. Weil ich schauen hab wollen, wie sich der Tag heut anlaßt, ja – weil ich befohlen bin – mit'm Herrn von Sensburg zur Gamspirsch. Den muß ich wecken jetzt! Gleich!«

      »Lassen Sie den nur schlafen! Gehen Sie lieber mit mir!«

      »Mit Ihnen, Duhrlaucht? Gott sei Dank! Der ander Herr, mein ich, tut sich eh viel leichter im Bett als auf der Gamspirsch! Aber wohin denn, Duhrlaucht?«

      »Wohin Sie wollen. Nur hinauf! Hoch hinauf! Ich möchte heut die Sonne eine Stunde früher sehen.«

      »Da steigen wir zum Steinernen Hüttl auffi. Gleich bin ich fertig.«

      »Hier ist ein Brief. Der soll an Graf Sternfeldt übergeben werden, sobald er aufsteht. Ich bitte, besorgen Sie das! Und bis Sie sich fertigmachen, geh ich langsam voraus.«

      Ettingen folgte dem Steig, der sich in der matten Dämmerung des Waldes verlor.

      Als Praxmaler in seine Hüte treten wollte, wurde er von einer zischelnden Stimme angerufen: »Peppi!« Mazegger kam auf ihn zugesprungen.

      »Was is?«

      »Ich hab dich reden hören mit dem Herrn Fürsten. Kannst ja mir den Brief geben. Ich besorg ihn.«

      Hätte Pepperl nicht Kopf und Herz mit anderen Dingen voll gehabt, so hätte ihm der fiebernde Klang dieser Stimme auffallen müssen. So sagte er: »Ja, is recht! Und is mir lieber, als daß ich den Förstner aus'm Schlaf aussireißen müßt! Aber gelt, ich kann mich verlassen auf dich?«

      »Ja! Gib her!«

      »No, no, no? Was hast denn? Zarrt er mir den Brief aus der Hand –ich weiß net, wie!«

      Ohne


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