Der exzellente Butler Parker 11 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
zu beschaffen oder Personen zu observieren.
Der ehemalige Eigentumsverteiler, wie er sich damals genannt hatte, erwartete Mylady und Parker in einer Teestube am Rand von Soho. Pickett trug einen Trenchcoat und einen Travellerhut. Er sah aus wie ein ehrenwerter Offizier im Ruhestand.
»Falconer ist ein ganz übler Bursche«, berichtete Pickett, nachdem er die Lady und den Butler begrüßt hatte. »Er hat sich auf Hoch- und Tiefgaragen spezialisiert.«
»Könnten Sie seine Arbeitsweise möglicherweise ein wenig deutlicher umreißen?« fragte der Butler.
»Er hat sich den Schutz dieser Garagen gesichert«, berichtete Horace Pickett weiter. »Seine Leute sorgen dafür, daß die Garagen sicher sind.«
»Sicherheit durch Gangster«, meinte die Detektivin und schüttelte den Kopf.
»Kann man davon ausgehen, daß es sich um sogenannte Schutzgelder handelt, die Mister Falconer einstreicht?« fragte Parker.
»Genau das ist die Ecke, aus der diese Masche kommt, Mister Parker«, antwortete Pickett. »Falconer und seine Leute sorgen dafür, daß in diesen Hoch- und Tiefgaragen nichts passiert. Er hat da so eine Art Wachdienst organisiert. Zuerst wollten die Eigentümer zwar nicht mitspielen, wie Sie sich vorstellen können, dann gab’s aber Zwischenfälle am laufenden Band, bis man einlenkte und Falconer bezahlte.«
»Mister Falconer dürfte damit ein Geschäft erschlossen haben, das man nur als lukrativ bezeichnen kann und muß.«
»Darauf können Sie sich verlassen, Mister Parker. Falconer ist ohne Konkurrenz.«
»Und wie erklärt er der Steuerbehörde seine Einnahmen?«
»Falconer hat eine Firma aufgezogen, die Garagenwerbung betreibt. Sein Büro ist da drüben im ersten Stock über dem Kino.« Während Pickett noch redete, deutete er durch die Schaufensterscheibe auf ein schmales Haus, in dessen Erdgeschoß ein noch kleineres Kino untergebracht war, das in Soho natürlich Sexfilme zeigte.
»Welchen Ruf hat Mister Falconer?« erkundigte sich Parker.
»Ein brutaler Schläger soll er sein, cholerisch und hinterlistig, Mister Parker.«
»Ich denke, ich werde ihm Manieren beibringen«, ließ die ältere Dame sich vernehmen.
»Wird Mister Falconers Büro abgeschirmt?« wollte der Butler wissen.
»Nach allen Regeln der Kunst, Mister Parker«, wußte Pickett. »Unten an der Treppe ist so eine Art Anmeldung, wo man genau gemustert wird.«
»Mister Falconer befindet sich zur Zeit in seinem Büro?«
»Eindeutig, ich habe ihn für ein paar Minuten am Fenster gesehen.«
»Sie sollten vielleicht in der Nähe bleiben, Mister Pickett. Es könnte durchaus sein, daß Mylady und meine Wenigkeit Sie noch brauchen.«
»Noch etwas, Mister Parker«, sagte der ehemalige Eigentumsverteiler.« In der Anmeldung gibt es natürlich eine Alarmklingel nach oben.«
»Davon ging meine Wenigkeit bereits aus, Mister Pickett, aber vielen Dank für diesen freundlichen Hinweis.« Josuah Parker lüftete die schwarze Melone und geleitete Lady Agatha aus der Teestube. Sie vibrierte förmlich vor Tatendrang. Sie freute sich wieder mal auf eine kleine, hübsche Abwechslung wie sie es nannte.
*
Erst nach mehrmaligem Läuten summte der elektrische Türöffner.
Butler Parker und Lady Agatha betraten den quadratischen Korridor und sahen sich zwei jungen Männern gegenüber, die zusammen vielleicht gerade fünfzig waren.
Sie trugen graue Anzüge, hatten schnelle, wachsame Augen und saßen in einer Art verglasten Loge. Die Tür zu diesem Raum war geschlossen. Es gab nur ein schmales, rechteckiges Sprechgitter.
»Man erlaubt sich, einen wunderschönen Tag zu wünschen«, grüßte Parker und lüftete die schwarze Melone.
»Oder auch nicht«, fügte Lady Agatha hinzu.
»Ja, bitte, was können wir für Sie tun?« fragte einer der beiden jungen Männer und unterdrückte ein aufsteigendes Lächeln.
»Zu Mister Snyder«, antwortete der Butler gemessen.
»Mister Snyder? Den gibt’s hier nicht«, lautete die verständliche Antwort.
»Sie haben sich wahrscheinlich in der Adresse geirrt«, fügte der zweite Mann hinzu und grinste.
»Reden Sie keinen Unsinn, junger Mann«, raunzte Lady Agatha umgehend.
»Natürlich gibt es ihn hier.«
»Einen Mister Snyder haben wir nicht«, meinte der erste Treppenwächter.
»Mister Paul Snyder«, wiederholte Parker eindringlich. »Er erwartet Mylady und meine Wenigkeit.«
»Was ich ihm auch geraten haben möchte«, ließ die Detektivin sich vernehmen.
»Wer soll dieser Paul Snyder denn sein?« erkundigte sich der zweite Mann amüsiert.
»Das geht Sie überhaupt nichts an«, stellte Mylady grollend fest. »Ich verbitte mir jede Einmischung in meine Privatangelegenheiten.«
»Man sollte die beiden inkompetenten Herren vielleicht ignorieren«, schlug der Butler vor und deutete mit der Schirmspitze hinüber zur Treppe.
»Inkompetent ist das richtige Wort«, pflichtete Agatha Simpson ihrem Butler bei. Sie setzte ihre majestätische Fülle umgehend in Bewegung und schritt in Richtung Treppe. Damit löste sie genau das aus, was beabsichtigt war.
Keiner der beiden jungen Männer kam auch nur andeutungsweise auf den Gedanken, daß man sie aus der verglasten Loge locken wollte. Einer von ihnen öffnete die Tür und wollte Mylady den Weg abschneiden. Parker hielt inzwischen eine Visitenkarte in der rechten Hand und drückte sie gegen das Sprechgitter.
»Wenn Sie bitte die Adresse lesen würden«, schlug er dem anderen Wächter vor. Der Mann fiel auf diesen an sich einfachen Trick herein, beugte sich vor und konzentrierte sich auf die Visitenkarte. Auf diese Weise brachte er sein Gesicht nahe an das Sprechgitter heran.
Butler Parker hatte keine Mühe, den Mann anzusprühen. In der linken, schwarz behandschuhten Hand hielt er ein Spray-Fläschchen, dessen Inhalt unter hohem Druck stand.
Der Mann zuckte zusammen, als der Spray sich auf seinem Gesicht ausbreitete. Dann schnappte er nach Luft und griff sich an den Hals. Er vergaß darüber, den Alarmknopf zu drücken, konnte schon nichts mehr sehen und taumelte zurück.
Mylady war nicht untätig geblieben.
Der junge Mann, der sie gestoppt hatte, zog sie am linken Ärmel der Kostümjacke energisch von der Treppe zurück und begab sich damit in akute Gefahr. Agatha Simpson setzte ihren Pompadour ein und legte den Glücksbringer darin auf seinen linken Unterkiefer.
Daraufhin brach der Mann in sich zusammen, vergaß, daß er Beine hatte, fiel gegen die Wand des Korridors und schielte Mylady an, bevor er fast erleichtert die Augen schloß.
»Diese Gimpel«, meinte Agatha Simpson und lächelte boshaft. »Sie halten ältere Menschen stets für hilflos und fallen auf jeden Trick herein.«
»Mylady waren allerdings mehr als überzeugend in der Rolle der vergeßlichen alten Dame«, gab Parker zurück.
»Ich weiß«, lobte sie sich wie selbstverständlich und lächelte wohlwollend Parker an. »Das macht mir so leicht keiner nach. Aber weiter jetzt! Das war nur das Vorspiel...«
*
Der Mann schien sein Tagespensum an Arbeit bereits hinter sich gebracht zu haben.
Er lag wie hingegossen in einem bequemen Sessel, hatte die Beine hochgelagert und schaute sich eine Fernsehsendung an. Bezeichnenderweise handelte es sich um einen älteren Kriminalfilm aus den USA, in dem ein gewisser Al Capone sein Unwesen trieb. Der Betrachter der Szene hatte der Tür den Rücken zugewandt