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Die bedeutendsten Staatsmänner. Isabella AckerlЧитать онлайн книгу.

Die bedeutendsten Staatsmänner - Isabella  Ackerl


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der Schöpfer des Deutschen Kaiserreiches, ist als politische Persönlichkeit nicht mit Schlagworten wie dem »eisernen Kanzler« oder gar mit der Kategorie eines großen Bösewichts zu erfassen. Er war vielmehr ein Mensch der vielfältigen Spannungen und der Widersprüche. Seinem Grundsatz, dass ein Politiker immer mehrere Möglichkeiten vorausplanen müsse, entsprach er völlig. Keineswegs hatte er von Anbeginn seiner politischen Karriere den deutschen Nationalstaat geplant, vielmehr arbeitete er sich von der Ebene Preußens hinauf zum deutschen Nationalstaat. Zweifellos hatte er gerade auf dem Felde der Innenpolitik viele Schwächen, viel zu spät erkannte er, wohin sich im Zeitalter der Industrialisierung die politischen Kräfte und damit die Parteien entwickeln würden. Unbenommen bleiben ihm seine außenpolitischen Leistungen, sein klares Kalkül und die politische Fantasie, die er zur Erreichung eines politischen Zieles entwickelte.

      Bismarck stammte aus einer Familie einfacher Landedelleute aus der Altmark, seine Vorfahren waren Gewandschneider, sein Vater Ferdinand war ein bescheidener Mann, seine Mutter Wilhelmine, geborene Mencken, hingegen eine sehr gebildete und ehrgeizige Bürgerliche aus einer Gelehrtenfamilie. Ihr Ziel war es, aus dem Sohn etwas zu machen. Mit dem Vater verband ihn eine liebevolle Beziehung, von der Mutter fühlte er sich ziemlich gegängelt.

      Das Jahr seiner Geburt, 1815, in dem der Wiener Kongress die politische Landkarte Europas neu gestaltete, mit dem Wunsch, alles wieder so herzustellen, wie es vor der Französischen Revolution gewesen war, stellte auch eine Zeitenwende dar, die den Aufbruch zu neuen Denkweisen einleitete.

      Bismarck besuchte in Berlin das Gymnasium, wo er nie als besonders begabt auffiel. 1832 ging er nach Göttingen, um Jura zu studieren, genoss jedoch mehr das Studentenleben – er gehörte dem Korps Hannovera an -, als sich den Wissenschaften zu widmen. Viele Streiche aus seiner Studentenzeit sind überliefert, viele eher peinliche Vorfälle mit den akademischen Behörden sind dokumentiert. Er selbst schrieb später, dass er ein »liederliches Leben« geführt habe, Interesse für Politik war damals nicht auszumachen.

      Bismarck beendete sein Studium in Berlin und ging nach dem Referendarsexamen an Gerichte nach Aachen und Potsdam. Sein damaliges Berufsziel war die diplomatische Laufbahn, denn die Bürokratie konnte er nicht ausstehen. Er konnte sich weder an geregelte Dienstzeiten noch an Autoritäten anpassen. Zum großen Missfallen der Eltern quittierte er 1838 den Staatsdienst, er wollte unter gar keinen Umständen Beamter werden. »Ich will aber Musik machen, wie ich sie für gut erkenne, oder gar keine«, meinte er später über diesen Entschluss. Bismarck wollte mit Menschen arbeiten und nicht mit Papier. Daher konzentrierte er sich für wenige Jahre auf den Beruf eines Landwirtes, die dafür nötigen Kenntnisse eignete er sich selbst an. In diesen Jahren ging er viel auf Reisen, fuhr nach England, Frankreich und in die Schweiz und führte ein bewegtes Leben, wofür sein Spitzname, der »tolle Bismarck«, Zeugnis ablegt. Er las enorm viel, Literatur, Geschichte, Philosophie waren die Themen, denen sein Interesse galt. Er liebte William Shakespeare und Lord Byron, mit dem Geheimrat Goethe konnte er weniger anfangen. Seine metaphysische Ausrichtung bezeichnete er selbst als »nackten Deismus«. In einem pietistisch angehauchten Freundeskreis lernte er Johanna von Puttkamer kennen, seine spätere Frau. Als in ebendiesem Freundeskreis eine noch junge Frau einer tödlichen Krankheit zum Opfer fiel, wurde er ein überzeugter Christ, ohne jedoch eine engere kirchliche Bindung zu suchen. 1846 hielt er brieflich um Johannas Hand an, ein Jahr später wurde geheiratet. Sie war eine Frau von »seltenem Geist und seltenem Adel der Gesinnung«.

      Im Mai 1847 wählte ihn die Ritterschaft in den Vereinigten Preußischen Landtag, in ein Gremium, in dem die Liberalen das Übergewicht hatten. Die Konservativen, denen Bismarck nahestand, die für Krone und Adel eintraten, waren nur schwach vertreten. Bismarck rückte nur als Ersatzmann in diesen Landtag ein. Zuvor war er Deichhauptmann von Schönhausen gewesen, hatte also einer ständischen Vertretung angehört. Seine generelle Gesinnung war ständisch konservativ, er verteidigte etwa die Rechte des Adels zur Parforcejagd und trat für die Beibehaltung der Patrimonialgerichtsbarkeit ein. Einen beachtlichen Bekanntheitsgrad erreichte er, als er eine Rede über die Haltung des preußischen Volkes im Jahr 1813 hielt. Er widersprach vehement der These, dass sich das Volk erhoben habe, um eine Verfassung zu erlangen. Zu diesem Thema kam es im Landtag zu wilden Diskussionen. Mit solchen Äußerungen erwarb er sich den Ruf eines radikalen Kämpfers gegen Liberalismus und Verfassung. Gerade in den Jahren der Revolution von 1848/49 hielt er kämpferische Reden, in dieser Wendezeit stand er für Preußentum und Königstreue. Bismarck bekannte sich zu seinem Antisemitismus, er sah, welche konfessionellen Auseinandersetzungen zu gewärtigen waren.

      Im Jahr 1849 wurde er Mitglied der zweiten Kammer des preußischen Landtages und beteiligte sich an der Gründung der »Kreuzzeitung«. Er beklagte die Mängel des eigenen Standes und bekämpfte das Frankfurter Parlament. So wollte er keinesfalls eine Kaiserwahl durch die Paulskirche. Russland, das war für ihn damals der richtige Partner.

      In den 1850er-Jahren bewährte er sich auf diplomatischen Posten, in Frankfurt beim Bundestag, als Gesandter in Petersburg und Paris. Als er 1862 das Amt des Ministerpräsidenten antrat, steckte er sich nicht viele Ziele, er wollte Preußen zu einer Großmacht machen und mit Österreich eine Klärung des deutschen Dualismus erreichen. Mit dem Verfassungsstaat fand er sich ab, er wusste ihn zu nutzen, liebte ihn aber nicht. Preußen steckte zu diesem Zeitpunkt in einer schweren Krise. Auslösendes Moment war der seit 1857 schwelende Konflikt um die Heeresreform. Das seit 1814 geltende Gesetz war längst nicht mehr zeitgemäß, es musste erneuert werden. Eine zweite Konfliktebene bildete die Auseinandersetzung, ob die Armee nur dem König unterstehen oder ob sie nach dem Wunsch der Liberalen über die Exekutive in die Verfassung eingebunden werden solle. Die Liberalen fürchteten ein Unterdrückungsinstrument außerhalb des Parlaments. Als sie bei den Wahlen erheblich zulegen konnten, besaßen sie die Mehrheit im Landtag. Der König wollte abdanken, als sich Bismarck anbot, die Situation auch gegen den Landtag zu lösen. Er setzte scharfe Maßnahmen gegen die Presse- und Versammlungsfreiheit durch und erklärte im Landtag: »Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden – das ist der Fehler von 1848 und 1849 gewesen – sondern durch Eisen und Blut.«

      Aus heutiger Sicht äußerst konsequent, setzte Bismarck Maßnahmen zur Stärkung von Preußens Position. 1863 verhinderte er den österreichischen Versuch zur Reorganisation des Deutschen Bundes, er begründete die Freundschaft mit Russland, dem er Unterstützung bei der Unterdrückung des polnischen Aufstandes von 1863 zusicherte, gewann die Unterstützung Österreichs gegen Dänemark in der Schleswig-Holstein-Frage. Doch Bismarck wollte diese beiden Provinzen völlig an Preußen angliedern und riskierte dazu die Auseinandersetzung mit Österreich. Für einen solchen Konflikt suchte er einen Partner in Italien. Österreich wollte den Bundestag mit der Frage beschäftigen, dies beantwortete Bismarck mit der Besetzung des von Österreich verwalteten Holsteins. Der Krieg von 1866 brachte Österreich eine demütigende Niederlage, die Friedensschlüsse von Nikolsburg und Prag hingegen fielen für Österreich äußerst maßvoll aus. Schleswig-Holstein wurde preußische Provinz, Hannover, Österreichs Verbündeter, wurde besetzt. Bismarck schuf aus diesen norddeutschen Staaten den Norddeutschen Bund, der ihm als Kanzler unterstand, wo er sofort das allgemeine und gleiche Wahlrecht einführte. Damit war Deutschland fast geeinigt, Preußen mächtiger denn je, die Liberalen zufrieden, weil auch die Verfassungsfrage eine Lösung gefunden hatte. Allerdings folgten nicht alle Anhänger der Konservativen und Liberalen Bismarcks Politk, es kam zu einer Spaltung der beiden Gruppen, Nationalliberale und Freikonservative standen auf der Seite des preußischen Kanzlers. Für die Entwicklung des deutschen Bürgertums war diese Spaltung verhängnisvoll, weil das Bürgertum durch die klassische Kabinettspolitik in die Rolle des Zuschauers gedrängt wurde.

      Schon 1866 hielt Bismarck eine Auseinandersetzung mit Frankreich für unausweichlich. Als die Kandidatur Leopolds von Hohenzollern-Sigmaringen für den spanischen Thron aufs Tapet kam, erhob Frankreich Einspruch, Bismarck zog zurück, allerdings wollte Frankreich eine Garantie gegen eine Wiederholung. Die Affäre um die Emser Depesche, ein von Bismarck in seinem Inhalt verändertes und veröffentlichtes Telegramm, das Frankreich der Drohung mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen beschuldigte, veranlasste das französische Kaiserreich zur Kriegserklärung. In wenigen Monaten war Frankreich völlig besiegt, Napoleon III. ins Exil gezwungen und im Januar 1871 wurde in Versailles das Deutsche Kaiserreich ausgerufen, nachdem zuvor mühevolle Verhandlungen


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