Butler Parker Staffel 4 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
sich eine Zigarette an. Er beobachtete seinen Butler, dessen Hand- und Taschenwärmer wohl zu große Wärmemengen lieferte, denn der Butler hatte etwas von seiner ursprünglichen Ruhe und Sicherheit verloren. Mit anderen Worten, er rutschte unruhig, wenn auch möglichst unauffällig, auf seinem Stuhl herum.
»Ich will doch nicht hoffen, daß Sie frieren, Parker«, spottete Rander.
»Nicht direkt, Sir. Doch wenn Sie gestatten, möchte ich mich für einen knappen Moment entfernen.«
»Wollen Sie draußen warten?«
»Ich möchte den Waschraum aufsuchen, Sir.«
»Wahrscheinlich dort im Flur, Parker. Lassen Sie sich nicht aufhalten!«
Parker hatte es eilig, aus dem Wartezimmer zu kommen. Im Flur angelangt, wischte er sich kleine Schweißtröpfchen von der Stirn. Dann beeilte er sich, in den Waschraum zu gelangen. Er beabsichtigte, die Hand- und Taschenwärmer verschwinden zu lassen.
Er stieß eine Pendeltür auf, gelangte in den hinteren Teil des langen Korridors und suchte nach dem Waschraum. Er kam an einer Tür vorbei und hörte plötzlich Stimmen.
Parker wäre mit Sicherheit weitergegangen, wenn er nicht einen dumpfen Fall und kurz darauf ein unterdrücktes Stöhnen gehört hätte. Er blieb sofort stehen. Seine Hilfsbereitschaft fühlte sich sofort angesprochen. Parker suchte eigentlich immer nach einer Möglichkeit, bedrängten Menschen zu Hilfe zu kommen.
»Sie verdammter Strolch«, sagte eine rauhe Stimme wenig fein. »Man sollte Ihnen den Hals umdrehen. Aber dazu sind Sie mir zu dreckig. Ich hab von Anfang an gewußt, daß Sie mich reinlegen wollten.«
»Wer … wer hat Ihnen die Suche finanziert?« keuchte eine schrille Stimme zurück. »Wer hat Ihnen denn überhaupt das ganze Geld gegeben, Raston? Wer hat das Risiko allein getragen? Doch wohl ich.«
»Reden Sie keinen Unsinn, Hellers! Sie rückten erst mit den Scheinen raus, als ich Ihnen Gesteinsproben zeigte. Sie wußten von Anfang an, daß das Geschäft gemacht war.«
»Ob gemacht oder nicht, wir haben einen Vertrag. Und daran werden Sie sich halten, Raston!«
»Oder auch nicht. So gerissen wie Sie bin ich schon lange. Und wenn Sie mir mit faulen Tricks kommen, können Sie was erleben. Ich bin nicht zimperlich.«
»Nur keine Drohungen, Raston. Sie unterschätzen mich. Gewalt gegen Gewalt! Ich warne Sie! Und fassen Sie mich lieber nicht noch einmal an, sonst knallt’s!«
»Nehmen Sie das Schießeisen weg!«
»Verschwinden Sie, Raston! Verschwinden Sie augenblicklich, oder ich drücke ab.«
»Ich gehe, aber Sie werden mich nie Wiedersehen, Hellers. Die Schürfrechte können Sie sich an den Hut stecken.«
»Die brauche ich nicht. Wenigstens nicht sofort. Ich weiß schon, was ich tun muß.«
Ein Stuhl rückte, Dielenbretter knackten. Dann fiel eine Tür so laut und krachend ins Schloß, daß man an einen Gewehrschuß glauben konnte. Josuah Parker, neugierig und stets interessiert, lief zurück zur Pendeltür und trat an die Außentür. Er sah hinaus ins Freie. Wenige Sekunden später erschien ein breitschultriger, hochgewachsener Mann, der hohe Stiefel, derbe Hosen und eine pelzgefütterte Bomberjacke trug. Das Gesicht dieses Mannes war wettergegerbt. Ein kräftiger schwarzer Schnurrbart auf der Oberlippe verlieh ihm ein düsteres, gefährliches Aussehen.
Der Mann überquerte die Straße und verschwand in einer Bierbar. Josuah Parker prägte sich das Gesicht dieses Mannes ein. Dann beeilte er sich, seine Hand- und Taschenwärmer loszuwerden …
*
»Ich bitte, die kleine Verspätung zu entschuldigen.« Clay Hellers strahlte Mike Rander und Josuah Parker freundlich an. »Ich hatte Besuch. Ein guter, alter Bekannter hielt mich etwas auf.«
»Die Geschäfte gehen vor«, meinte der junge Anwalt. »Wir werden Sie nicht lange stören, Mr. Hellers. Wir wollen uns nur sagen lassen, wo die Jagdhütte steht.«
Clay Hellers eilte um seinen Schreibtisch. Er war ein kleiner, untersetzter, sehr agiler Mann von etwa fünfzig Jahren. Ein dünner Haarkranz säumte seine gut ausgebildete Glatze ein. Die kleinen dunklen Augen waren in ununterbrochener Bewegung.
»Paul, die Schlüssel für die Jagdhütte«, rief Clay Hellers. Dann wandte er sich wieder seinen Gästen zu. »Sie werden begeistert sein. Sie finden genau, was Sie suchen, tiefe Wälder, Ruhe, Einsamkeit, reiche Fischgründe und sehr viel Wild.«
»Hoffentlich ist es nicht zu einsam«, meinte der junge Anwalt.
»Auf keinen Fall, Sir.« Clay Hellers griff nach einer Straßenkarte. »Sie fahren hier von Fairbanks aus über den Highway Nr. 2 nach Livengood. Dort verlassen Sie die Straße und benutzen eine neue Straße in nordöstlicher Richtung. Nach etwa fünfzig Meilen kommen Sie an den Forkson Creek. Dort steht die Hütte. In einem Umkreis von zehn bis fünfzehn Meilen befinden sich weitere Jagdhütten. Es gibt sogar eine Telefonleitung nach Livengood. Nur auf elektrisches Licht werden Sie verzichten müssen. Die Gegend aber ist traumhaft schön.«
»Lassen wir uns überraschen.« Mike Rander nickte einem jungen, dicklichen Mann zu, der Mr. Hellers Büro betrat. Es war der Sekretär Paul Edmonds, etwa fünfunddreißig Jahre alt und mit dem Aussehen eines riesigen rosigen Babys. Seine Bewegungen waren ungelenk und wirkten verlegen.
Er reichte seinem Chef den Schlüssel zur Jagdhütte. Hellers gab ihn zeremoniell an Mike Rander weiter.
»Wenn Sie sich irgendwelche Bedarfsartikel kaufen möchten, empfehle ich Ihnen …«
»Schon getätigt«, sagte Rander. »Mein Butler hat sich im voraus auf die Wildnis eingestellt, Mr. Hellers.«
»Bevor Sie fahren, Sir, ein Ratschlag.« Clay Hellers kam wieder auf schnellen Beinen um den Schreibtisch herum. »Meiden Sie die Waldwildnis! Sie als Stadtmenschen können sich nicht vorstellen, welch ein Urwald dort in der Yukon-Region ist. Sie würden sich mit tödlicher Sicherheit verlaufen.«
»Wir werden schon aufpassen. Vielen Dank für den Rat. Eine Frage: brauchen wir da unten Schußwaffen?«
»Aber auf keinen Fall. Dort, wo sich die Jagdhütte befindet, geht es noch gesittet zu.«
Mike Rander und sein Butler wurden von Sekretär Paul Edmonds hinausbegleitet. An der Tür blieb Josuah Parker stehen. Ihm schien ein Gedanke gekommen zu sein. Er wandte sich an Mr. Hellers.
»Erlauben Sie, Sir, daß ein Laie eine laienhafte Frage stellt. Stimmt es, daß dort unten in der Yukon-Region Uransucher am Werk sind?«
Clay Hellers’ Gesicht verlor für einen kurzen Moment das strahlende Lächeln. Dann hatte der Makler sich aber wieder in der Gewalt. Er schüttelte den Kopf.
»Wieso kommen Sie ausgerechnet auf Uran?« fragte er dann.
»Ich las darüber in meinem Handbuch für Alaska, Sir.«
»Haben Sie vor, nach Uran zu suchen?«
»Auf keinen Fall«, schaltete Mike Rander sich ein. »Sie wissen, wir wollen nur unsere Ruhe haben, Hellers. Bis dahin also …«
»Ich wünsche Ihnen angenehme Tage.« Clay Hellers wieselte um seinen Schreibtisch und widmete sich wieder seinen Papieren. An seine Kunden schien er schon gar nicht mehr zu denken.
*
»Ich möchte behaupten, Sir, dieses einprägsame Gesicht schon einmal gesehen zu haben.«
Parker saß am Steuer des gemieteten Caravans, der bis zum letzten Kubikzentimeter beladen war. Er wies auf den Fahrer des kleinen Lastwagens, der sie gerade mühsam überholte.
Mike Rander und Josuah Parker waren auf dem Weg nach Livengood. Die breite Straße war zwar nur geschottert, doch sehr gut in Ordnung. Selbst auf der dünnen Schneelage ließ sich ausgezeichnet fahren.
»Warum sollen Sie ihn nicht schon gesehen haben, Parker.« Mike Rander lehnte sich faul in seinem Sitz zurück.