G.F. Barner Staffel 5 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
gesagt?«
»Du mußt dir mal die Ohren waschen, Sergeant«, erwidert Quincy Burton spöttisch. »Vielleicht hörst du dann besser?«
»Ja, ich höre dann besser. Kliburn, kriechen, auf den Graben zukriechen!«
Er sieht Kliburn gar nicht an. Kliburn wird kriechen, weil er weiß, was geschieht, wenn er den Befehl nicht ausführt. Sie bekommen ohnehin schon nicht genug Verpflegung, aber in dem Loch, das sich Strafjail nennt, bekommen sie fast nichts. Zudem kommen die Mücken!
»Corporal Dennison, das Gewehr!«
Dennison rennt los, bringt Ducan das Gewehr und sieht den Sergeant die Waffe mit dem aufgepflanzten Bajonett senken, vier Schritt machen und hinter Quincy Burton treten.
»Morgen«, sagt Ducan leise. »Jetzt kriech mal. Und kriech schnell, denn ich werde gehen. Und du kannst dich darauf verlassen, daß ich das Bajonett die ganze Zeit gesenkt halten werde. Sollte in meinem Weg irgendein Gegenstand liegen, dann wird die Bajonettspitze ihn berühren. Wie sie ihn berührt, das kannst du dir mal ausdenken, Morgen. Du kannst doch schön denken, was?«
Quincy Burton hat den Kopf gewendet und sieht Ducan starr und mit mahlenden Kiefern an.
»Also das«, sagt er heiser. »Sergeant, eines Tages wirst du dich daran erinnern müssen!«
»Nicht schon morgen?« fragt Ducan spöttisch. »Du bist doch sonst für morgen, Burton? Also kriech jetzt. Und sing dabei! Singen, Morgen, singen: Ich liege hier im kühlen Grund, verstanden?«
Die anderen stehen sehr steif und gespannt in einer Reihe. Sie wissen es, Ducan hat sein Morgenopfer gefunden. Und Quincy ist selber schuld daran.
»Ich kann nicht singen, Sergeant.«
»Du kannst alles, wenn du nur willst. Du kannst auch eine Woche in das Loch gehen, Quincy. Such es dir aus, ich bin ganz human mit dir, du kannst sogar wählen. Die Mücken aber werden dich im Loch besuchen, wie? Hast du nicht immer gesagt, daß du zu süßes Blut hast und die Mücken darum zu dir kommen?«
Quincy stemmt den breiten, schweren Oberkörper langsam hoch und beginnt dabei zu singen.
»Ich liege hier im kühlen Grund,
seh über mir des Himmels Rund,
an dem die Wolken heimwärts
ziehn.«
Er kriecht. Und der gefürchtete Sergeant geht hinter ihm, immer so entfernt, daß das langläufige Gewehr mit dem aufgepflanzten Bajonett ihn beinahe berührt.
Sie entfernten sich von den anderen, sie kommen schnell voran, sehr schnell. Quincy Morgen kriecht durch das noch vom Tau feuchte Gras, das an seinen Knien grüne Spuren hinterläßt, das seine Jacke an den Ellbogen färbt. Es ist eine einfache, grobe Leinenjacke, die schon mehrmals geflickt worden ist. Das Gras ist so feucht, daß der Tau nach weniger als zwei Minuten das Leinentuch feucht werden läßt und es langsam zu durchtränken beginnt.
Dazu muß Quincy singen.
»Lauter«, sagt Sergeant Harry Ducan grimmig. »Wirst du lauter singen, Nachtigall? Du kannst doch sonst brüllen und laut lachen, warum willst du denn nicht singen können, Vogel? Du wirst noch Kliburn, deinen kleinen Freund, einholen. Ich sehe es noch kommen, daß du neben ihm kriechst. Schneller, Morgen, schneller! Hast du etwa gestern wieder deinen Fusel in einer Pfanne gekocht und bist schlapp an diesem schönen Morgen? So ein Bulle, wie du einer bist, der müßte doch mehr Ehrgeiz als die anderen haben, er müßte alles schneller tun können. Nur keine Müdigkeit vorschützen.«
Quincy Burton knirscht mit den Zähnen vor Wut. Er sieht Sam Kliburn keine elf Schritt vor sich und spürt, als er etwas langsamer wird, die Bajonettspitze.
»Verdammter Schinder«, sagt Quincy zwischen den Zähnen und blickt sich um. »Wenn ich dich mal allein erwische, dann nehme ich dich auseinander, du Sklaventreiber.«
»Was sagst du, Burton? Was hast du da von Sklaven gesagt?«
»Nichts«, erwidert Burton würgend und schwitzt bereits. »Ich habe nur laut gedacht.«
»Du sollst doch singen, also, wird es bald?«
Er singt wieder, er schwitzt und ist nun an der Brust, an den Schenkeln und an den Armen vollständig naß.
In seiner Wut kriecht er nun wirklich schneller, fast von allein, ohne daß ihn Ducan anzutreiben braucht. Er denkt an sein Schiff, das vor Galveston einigen Schiffen der Yankees begegnet ist. Ihr Schiff ist bedeutend kleiner und flacher gebaut gewesen, als die schweren Blockadeschiffe der Yanks. Darin hat ihr Kapitän die Chance zur Flucht erblickt. Hinein in die seichten Gewässer der East Bay, immer dicht unter Land geblieben.
Die Yanks sind hinterhergekommen und haben das Feuer dann eröffnet. Mit gebrochenem Ruder und brennend ist das Schiff, auf dem Quincy damals Maat gewesen ist, auf den Strand getrieben worden.
Immer, wenn sich Quincy an diesen Tag, den letzten von vielen Tagen, an denen er schwankende Planken unter den Füßen gehabt hat, erinnert, dann erinnert er sich auch an die Lagen aus den Kanonen des Yankee-Blockadeschiffes, die den Rumpf ihres Schiffes förmlich zerfetzt haben.
Die haben Munition genug, denkt Quincy, die haben alles im Überfluß. Sie haben selbst dann noch geschossen, als wir an Land geschwommen sind. Ich weiß nicht genau, ob sie nun daneben oder direkt auf das Schiff gefeuert haben. Ich weiß nur, daß mehr als drei Lagen zwischen uns gelegen haben. Wir im Wasser und hinter uns die Yanks mit ihren Kanonen. Neben mir die Schreie, denn im Wasser bist du wehrlos.
Selbst an Land haben sie uns noch zwei Lagen nachgeschickt. Ich möchte noch mal ein Schiff haben, so eine kleine, wendige Schaluppe mit nachtschwarzen Segeln. Und dann kein Mondschein, stockdunkel müßte die Nacht sein.
An einen dieser Blockadeburschen lautlos heransegeln, drei schwere Kanonen möchte ich an Bord haben. Und dann feuern, sobald ich auf der Breitseite liege. Ehe die sich von ihrem Schrecken erholt haben und an die Kanonen rennen, sind wir längst weg.
Verkehrt ist das alles gewesen, alles falsch, genauso falsch wie die Sache mit den drei Tonnen. Alkohol. Vergraben hätte ich sie sollen – oder einen Nagel in die Tonne schlagen, einen Strick dranbinden und sie im Wasser versenken. Statt dessen juckt mich der Teufel, ich muß den anderen einige Runden spendieren. Und als der ganze Verein betrunken gewesen ist – wen haben sie sich gegriffen?
Quincy Morgen. Packzeug – lauter Packzeug. Dieser Ducan ist ein Oberpackzeug. Wenn ich den mal allein zwischen meine Hände bekomme. Der jagt mich mit dem Bajonett, wie die Yanks mich mit Kanonen gejagt haben.
Das ist eine Landratte, denkt Quincy, dem würde ich es zeigen. Sicher kann er nicht mal schwimmen, was? An ein langes Tau würde ich ihn binden und dreimal kielholen lassen. Ob er dann wie ein Fisch aussieht?
Er grinst bei diesem Gedanken und hat Kliburn erreicht.
Sie sind nun auf einer Höhe und dicht nebeneinander, Kliburn und er. Der kleine Kliburn ist ein Meister im Organisieren, was? Was der alles besorgt, was dem alles an den Fingern kleben bleibt.
Kliburns Gesicht ist feuerrot vor Anstrengung. Der Schweiß rinnt in kleinen Perlen von Kliburns Stirn, seine Blicke sind starr nach vorn gerichtet.
»Na, ihr beiden, nun kriecht mal immer weiter, diese Sumpfwiese ist lang, mächtig lang«, sagt Ducän hinter ihnen. »Morgen, stell dir vor, daß hinter dem Graben dort Yankees liegen und euch beide sehen können. Sie werden auf euch schießen, Kliburn, ist dir das auch klar? Nun mal ganz herunter. Und schnell weiterkriechen, ganz flach machen, Kliburn, robben, verstehst du, robben mußt du!«
Nun rutschen sie fast über das Gras, vor sich den Graben, die Reste jener braunschwarzen Moorerde, die sie mit den Karren und Loren zum Damm gefahren haben. Eine, vielleicht drei Schritt große Fläche von jenem braunschwarzen Erdreich wartet auf sie. Noch zehn Schritte, noch acht sind zu kriechen. Nun noch sechs – fünf.
Er wird uns doch nicht, denkt Kliburn, der wird uns doch nicht etwa…
Er zaudert, spürt plötzlich