Unter Palmen und Buchen. Gerstäcker FriedrichЧитать онлайн книгу.
diese Ehre abzulehnen, denn er ließ sich auf dem nächsten Stuhl am Ofen nieder, und zwar seitwärts, um dem Justizrath sein Gesicht zuzukehren und dabei legte er den rechten Arm über die Lehne des nämlichen Stuhles.
Bertling entging übrigens nicht, daß sich sein Besuch durch irgend etwas gedrückt fühlte, und theils aus angeborener Gutmüthigkeit, theils mit dem Wunsch die unwillkommene Störung so viel als möglich abzukürzen, sagte er freundlich:
»Und mit was kann ich Ihnen dienen?«
Der Fremde hatte noch keine Zeit zum Antworten gehabt, als nebenan eine Thür ging und da Bertling, der recht gut wußte, daß das Mädchen kaum von der Post zurück sein konnte, eben aufstehen wollte, um nachzusehen, wer da wäre, öffnete sich die Seitenthür – seine Frau stand auf der Schwelle, hob langsam den rechten Arm und brach dann, ohne weiter ein Wort, eben nur einen halblauten Schrei ausstoßend, besinnungslos zusammen.
In tödtlichem Schreck sprang ihr Gatte zu, hob ihren Kopf auf sein Knie, strich ihr in seiner Herzensangst die Stirn, rieb ihr die Schläfe und rief sie mit allen Liebesnamen, um sie zum Leben zurückzubringen. Als das aber Alles vergeblich blieb, hob er sie auf und trug sie auf ihr eigenes Sopha im nächsten Zimmer und sprang dann zurück nach der Lampe. Er wollte dabei den Fremden bitten, ihm sein Anliegen ein ander Mal vorzutragen, aber der Stuhl war leer – der Fremde fort – er hatte ihn gar nicht weggehen sehen, aber auch jetzt wahrlich keine Zeit, sich weiter um ihn zu bekümmern. Er trug die Lampe hinüber und rieb Stirn und Schläfe seiner Frau mit Eau de Cologne.
Glücklicher Weise kam auch jetzt das Mädchen, das recht frisches Wasser bringen mußte, und nach wenigen Minuten schlug Auguste die Augen wieder auf. Anfangs freilich schaute sie noch scheu und wie furchtsam umher, als sie sich aber in ihrem eigenen Zimmer fand, beruhigte sie sich bald und lehnte jetzt nur noch etwas bleich und erschöpft im Sopha.
»Aber ich bitte Dich um Gottes Willen, liebes Kind, was hattest Du denn nur auf einmal« frug jetzt Bertling durch diese plötzliche Ohnmacht nicht wenig beunruhigt – »warst Du denn schon vorher unwohl?«
»Nein,« sagte die Frau leise, »mir fehlte gar nichts, aber – als ich in Dein Zimmer kam –«
»Ich habe heut Nachmittag sehr viel geraucht,« ergänzte Bertling, »und der rasche Wechsel aus der frischen Luft in den Tabacksqualm hat vielleicht den Unfall herbeigerufen.«
»Nein,« wiederholte die Frau mit dem Kopf schüttelnd, »das – das war es nicht – ich war vollkommen gesund – an den Tabacksgeruch bin ich ja auch gewöhnt, aber – als ich in Dein Zimmer trat sah ich –«
»Aber was denn mein süßes liebes Herz,« bat der Mann, »so sprich doch nur; Du ängstigt mich ja noch viel mehr durch Dein Schweigen. – Was sahst Du denn?«
»Denselben grauen Mann,« hauchte die Frau mit kaum hörbarer Stimme »– den ich bei dem Sturm in Deinem Zimmer sah –«
»Aber liebes, liebes Kind,« bat der Mann erschreckt und zugleich beunruhigt, daß seine Frau jenes Traumbild, wie er im Stillen gehofft, nicht etwa vergessen habe, sondern noch voll und scharf im Gedächtniß trage – »sieh nur, was für einen tollen Streich Dir Deine Einbildungskraft gespielt hat. Das war ja doch kein Gespenst, was Du gesehen, sondern ein Mensch von Fleisch und Blut, der kurz vor Dir zu mir kam und mich zu sprechen wünschte.«
»So hast Du ihn diesmal auch gesehen?« rief die Frau rasch und erschreckt.
»Gewiß,« lächelte Bertling, »und er ist auch gar nicht wie ein Geist eingetreten, sondern hat draußen geklingelt und ich habe ihm selber die Vorsaalthür aufgemacht.«
»Und ist er noch bei Dir?« rief die Frau, sich rasch im Sopha aufrichtend.
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