Butler Parker 145 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
des Butlers.
»Jeweils eine Woche, Mr. Parker. Darf ich Ihnen übrigens auch einen Sherry anbieten?«
»Keineswegs«, wehrte Parker ab.
»Aber mir sollten Sie nachgießen«, brachte die Lady sich in Erinnerung, worauf Stokers dieser Aufforderung hastig nachkam und das Glas diesmal sofort bis an den Rand füllte.
»Nahm man in Ihrem Amt diese Warnungen nicht ernst?« fragte Josuah Parker gemessen.
»Als es zu spät war, Mr. Parker«, gestand James Stokers, »die Mitglieder des Verwaltungsrates haben diese Hinweise wohl auf die leichte Schulter genommen, obwohl ich dringend riet... Bitte, dies soll natürlich keine Kritik am Verwaltungsrat bedeuten. Die steht mir nicht zu.«
»Hat man nach dem ersten Brief wenigstens die Behörden verständigt?« fragte die Detektivin noch mal.
»Es wurden keine Briefe geschrieben, Mylady«, korrigierte James Stokers höflich, »es wurde angerufen. Die Gespräche waren jeweils nur kurz. Der Anrufer verwies auf die vier Brände, die bisher zu verzeichnen waren.«
»Wie finde ich denn das, Mr. Parker?« erkundigte sich die ältere Dame und schaute Parker abwartend an.
»Mylady sind sicher schockiert«, erwiderte Josuah Parker.
»Das kann man wohl sagen.« Sie nickte nachdrücklich. »Hier hat man doch ungewöhnlich leichtfertig reagiert. Dazu werde ich den Herren vom Verwaltungsrat noch einige passende Worte sagen. Erinnern Sie mich daran, Mr. Parker.«
»Mylady können sich auf meine bescheidene Wenigkeit fest verlassen«, gab Josuah Parker zurück, um sich dann wieder James Stokers zuzuwenden, »Mylady wünschen noch eine Liste jener Personen, die diesem eben erwähnten Verwaltungsrat angehören.«
»Genau danach wollte ich tatsächlich gerade fragen«, warf die Detektivin ein und nickte ihrem Butler wohlwollend zu, »sehr schön, Mr. Parker, ich sehe und höre, daß Sie mitarbeiten. Nur weiter so! Eines Tages werden Sie vielleicht noch ein recht guter Kriminalist werden. Man muß Ihnen nur Zeit geben.«
Parkers glattes Gesicht blieb ausdruckslos wie stets.
*
Josuah Parker hatte sein hochbeiniges Monstrum, wie sein Privatwagen gern bezeichnet wurde, auf einem Parkplatz hinter dem Backsteinhaus abgestellt, in dem die Büros des Amtes für den britischen Denkmalschutz untergebracht waren.
An diesem Wagen, der einst als Taxi in London gedient hatte, war im Grunde alles eckig. Der Aufbau war so hoch, daß man ohne weiteres mit einem aufgesetzten Zylinder auf den Rücksitz Platz nehmen konnte. Auch die Trennscheibe zwischen Fahrgastraum und dem Fahrer war noch vorhanden. Der Wagen sah durchaus museumsreif aus, was jedoch ungemein täuschte. Tatsächlich war dieses ehemalige Taxi nach Parkers recht eigenwilligen Vorstellungen technisch völlig umgestaltet worden. So war das Gefährt zu einer raffinierten Trickkiste auf Rädern geworden, ganz zu schweigen von dem Motor, der einem Rennwagen alle Ehre gemacht hätte. »Ich traue diesem Sekretär nicht über den Weg«, sagte die ältere Dame als man sich Parkers Wagen näherte, »er hat einen verschlagenen Blick. Ich hoffe, Mr. Parker, auch Sie haben das bemerkt.«
»Mr. James Stokers machte, wenn man so sagen darf, einen befangenen Eindruck«, schickte Parker voraus, »und dies dürfte eindeutig mit Myladys prägender Persönlichkeit Zusammenhängen. «
»Finden Sie?« Lady Agatha nickte wohlwollend.
»Mylady pflegen allem ihren eigenen unverwechselbaren Stempel aufzudrücken.«
»Das stimmt allerdings«, erklärte sie ohne jede falsche Bescheidenheit, »nun ja, man ist, was man ist, Mr. Parker. Wen verdächtige ich denn sonst noch?«
»Mylady werden sich mit Sicherheit auch mit den Mitgliedern des Verwaltungsrates befassen.«
»Diese Herren stehen ganz oben auf meiner Liste«, behauptete Agatha Simpson nachdrücklich, »prüfen Sie nach, Mr. Parker, wer diese Burschen sind. Irgendwie muß das Subjekt, das sich Fackel nennt, ja an die denkmalgeschützten Bauten herangekommen sein, nicht wahr? An diesem Punkt werde ich ansetzen. Kümmern Sie sich darum.«
»Sehr wohl, Mylady«, antwortete der Butler, »was nun die gerade erwähnte Liste betrifft, so kann man entsprechende Unterlagen im freien Buchhandel erwerben. Ganz zu schweigen von den Vierteljahresheften des Amtes, in denen zu den Baudenkmälern Stellung genommen wird.«
»So etwas gibt es? Verantwortungslos, finde ich.«
»Man hat die Absicht, die Öffentlichkeit stets umfassend zu informieren, Mylady.«
»Jeder kann solche Listen bekommen?« Sie schüttelte den Kopf.
»Jedermann, Mylady«, wiederholte Josuah Parker und löste den altväterlich gebundenen Regenschirm von seinem angewinkelten linken Unterarm. Er nahm die Spitze ein wenig hoch und drückte mit seinem schwarz behandschuhten Zeigefinger auf einen versteckt angebrachten Knopf am unteren Teil des Bambusgriffes.
Parker widmete seine Aufmerksamkeit einem Mann, der neben einem parkenden Fahrzeug stand und in einer Zeitung las. Dieser Mann mochte etwa fünfunddreißig Jahre zählen, war mittelgroß und machte einen muskulös-bulligen Eindruck.
Als Mylady und Butler Parker das hochbeinige Monstrum erreichten, faltete der Mann die Zeitung zusammen, warf sie auf die Motorhaube des Fahrzeuges, neben dem er stand, und kam dann mit schnellen, federnden Schritten auf Mylady und Josuah Parker zu. Er hielt plötzlich ein langes Stück Bleikabel in der Hand.
»Man scheint die Absicht zu hegen, Mylady überfallen zu wollen«, stellte der Butler gemessen fest.
»Wie schön«, antwortete Agatha Simpson, die keinerlei Erschrecken zeigte. Der perlenbestickte Pompadour an ihrem linken Handgelenk, geriet automatisch in leichte Schwingung. In diesem modischen Relikt einer vergangenen Zeit befand sich der sogenannte Glücksbringer der älteren Dame. Dabei handelte es sich um ein Pferdehufeisen, das nur recht oberflächlich in Schaumstoff gehüllt war.
»Das is’ hier nur ’ne kleine Botschaft von der Fackel«, sagte der untersetzte, der inzwischen das Duo erreicht hatte. Er fühlte sich völlig überlegen, grinste wie ein Filmschurke und hob das Bleikabel zum Schlag.
»Würden Sie sich möglicherweise noch einen Moment gedulden«, bat Josuah Parker und lüftete mit der linken Hand die schwarze Melone. »Gedulden?« Der Mann stutzte. Er hatte mit dieser überaus höflichen Frage nun keineswegs gerechnet.
»Sprechen Sie vielleicht von jener Fackel, die Brände legt?« wollte der Butler dann wissen.
»Keinen blassen Dunst«, gab der Schläger zurück, »ich soll nur ’nen Gruß von der Fackel bestellen. Und diesen Gruß werde ich jetzt servieren, is’ das klar?«
»Sie verfolgen tatsächlich die Absicht, Mylady und meiner Wenigkeit körperliche Schmerzen zuzufügen;«
»Mann, Sie machen es einem aber verdammt schwer«, beklagte sich der Schläger und wirkte plötzlich unentschlossen. »Haben Sie denn noch immer nicht kapiert? Das hier is’n Überfall, klar?«
»Das möchte ich mir aber auch ausgebeten haben«, schaltete die ältere Dame sich munter ein, um dann auf ihre sehr spezielle Art zu reagieren.
*
Agatha Simpson huldigte in ihrer reichlich bemessenen Freizeit dem Bogenschießen und spielte auch Golf. Sie pflegte die beiden Sportarten mit größter Energie, wenn sie auch nicht sonderlich erfolgreich war. Eines aber hatte sich im Lauf dieser Betätigungen entwickelt, nämlich ihre Muskulatur.
Dementsprechend fiel auch die Reaktion aus.
Sie hatte den Pompadour, der an langen Schnüren am Handgelenk hing, in Schwingungen versetzt und beförderte den an sich harmlos aussehenden Handbeutel zielsicher auf die linke Backe des Untersetzten, der daraufhin seelisch wie körperlich völlig aus dem Gleichgewicht geriet. Er knickte in der rechten Hüfte ein und fiel gegen den Kofferraum von Parkers Wagen. Seine Augen nahmen einen leicht glasigen Ausdruck an, sein Mund öffnete sich zu einem unhörbaren Schrei.