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Gesammelte Krimis (69 Titel in einem Buch: Kriminalromane und Detektivgeschichten). Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Krimis (69 Titel in einem Buch: Kriminalromane und Detektivgeschichten) - Edgar  Wallace


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hat er wenig Veranlagung.«

      *

      Der Tag des Derbys in Epsom kam immer näher, und alle Welt sprach darüber, welches Pferd wohl gewinnen würde. Die Sportsleute haben ein noch viel größeres Interesse an diesen Dingen. Sie sehen sich jedes einzelne Pferd, das genannt wird, genau an und ziehen alle früheren Rennen in Betracht. Man prüft den Stammbaum, die Veranlagung und die Eigenschaften der Vorfahren, um Anhaltspunkte für die Beurteilung zu finden. Jeden Tag erscheinen die Trainingsberichte in den Zeitungen. Auch die Beschaff fenheit der Rennbahn spielt eine Rolle. Manche Pferde leisten viel auf hartem Boden, andere lieben gerade das Gegenteil. Das Interessante an diesem Rennen ist vor allem, daß alle Pferde, die daran teilnehmen, die Rennbahn zum erstenmal betreten.

      Auf Portonius wurde viel gewettet. Die Agenten George Frodmeres informierten ihn genau über den Stand der Dinge. Leichter war es, Geld auf Donavan zu setzen, über dessen Trainingsstand in den Zeitungen dauernd berichtet wurde. Gerade in den letzten Tagen lauteten die Meldungen sehr günstig.

      Die Eingeweihten folgten mit großem Interesse dem Training John Presidents, der kein Geheimnis daraus machte. Er behauptete stets, daß er große Hoffnungen auf Donavan setze, und die Fachleute hatten sich persönlich von den guten Eigenschaften des Pferdes überzeugen können. Donavan galt als einer der aussichtsreichsten Kandidaten für das Rennen. Aber Wetten werden nicht allein auf Trainingsberichte hin abgeschlossen. Es war merkwürdig, daß auf Portonius am meisten gesetzt wurde. John President selbst war sehr vorsichtig und hatte noch vierzehn Tage vor dem Rennen keinen einzigen Schilling gesetzt. Aber Donavan machte gute Fortschritte.

      Eric Stanton war zufrieden mit den Trainingsergebnissen, setzte aber kein Geld auf das Pferd, weil er fürchtete, dadurch die Gewinnchancen Mr. Presidents zu verringern.

      Selbst Soltescu kümmerte sich jetzt um das Rennen. Er hoffte, durch einen großen Schlag wenigstens einigermaßen für seinen Verlust entschädigt zu werden.

      Sir George war wütend, als er eines Tages erfuhr, daß die Quote von Portonius auf zehn zu sechs gefallen war. Später klärte sich die Sache auf, denn es stellte sich heraus, daß Soltescus riesige Wetten die Quote derart gedrückt hatten.

      »Ich verstehe nicht, warum Sie das getan haben«, sagte er düster. »Sie hätten doch noch viel mehr Geld herausschlagen können. Jetzt haben Sie einfach den Markt ruiniert.«

      Soltescu lachte nur. Er hatte an diesem Morgen schon viel getrunken.

      »Sagen Sie mir lieber, ob Sie Neuigkeiten für mich haben.«

      »Ich wünschte nur, ich könnte Ihnen recht viel berichten. Was mit Kitson passiert ist, weiß ich nicht. Ich, habe seiner Frau gestern abend telegrafiert, und in einem fangen Brief hat sie uns mitgeteilt, daß ihr Mann vor zwei Tagen von zu Hause fortgegangen wäre und daß man seitdem nichts wieder von ihm gehört hätte.«

      »Glauben Sie, daß er die Papiere gefunden hat und sie jetzt für sich behalten will?« fragte der Rumäne ängstlich.

      Sir George schüttelte lächelnd den Kopf.

      »Nein, das traue ich dem Mann nicht zu.«

      Allerdings hatte er auch schon selbst diesen Verdacht gehabt, aber Bud hatte ja nicht die geringste Gelegenheit, die Schriftstücke weiter zu veräußern.

      Toady Wilton konnte Soltescu nicht leiden, besonders wenn der Rumäne getrunken hatte. Er entschuldigte sich und ging in sein Zimmer.

      Wilton wohnte jetzt dauernd in Pennwaring. Das Herrenhaus war sein Hauptquartier und sein Heim. Sir George hatte ihm drei Zimmer in einem Seitenflügel zur Verfügung gestellt. Früher war Toady nur selten hierhergekommen, um Eric Stanton nicht zu ärgern. Aber nachdem diese Freundschaft in die Brüche gegangen war, hielt er sich als Gast in Pennwaring auf. Die großen Räume waren verschwenderisch ausgestattet, denn Toady liebte Luxus über alles. Er hatte all sein Hab und Gut aus der Stadt mitgebracht, selbst die großen Stahlkassetten aus dem Bankdepot, und er fühlte sich hier in der Abgeschlossenheit auf dem Lande viel sicherer. In London hatte er viele Feinde; auch Eric Stanton gehörte jetzt zu ihnen, und Toady war vollkommen davon überzeugt, daß Stanton nicht ruhen würde, bis er ihn zur Rechenschaft gezogen hatte. Er beschloß daher, seine Papiere durchzusehen und alles zu verbrennen, was ihn irgendwie belasten konnte. Mit Erleichterung hatte er zugesehen, wie die Stahlkassetten in einem Schrank seines Zimmers niedergestellt wurden. Sie waren alle von der Bank versiegelt. An diesem Morgen wollte er sie öffnen und den Inhalt prüfen, aber kaum hatte er das erste Siegel gelöst und die Schlüssel aus der Tasche gezogen, als er nach unten gerufen wurde.

      14

       Inhaltsverzeichnis

      Sir George stand ärgerlich vor dem großen Eßtisch. Soltescu saß in einem Lehnsessel, hatte die Hände in die Taschen gesteckt und schien sich über diese Entwicklung zu freuen. Als dritter war Polizeiinspektor Grayson anwesend. Toady kannte ihn von London her und wußte, daß er ein sehr fähiger Beamter war. Er wurde etwas unruhig, als er ihn sah.

      »Haben Sie schon das Neueste gehört?« fragte Sir George entrüstet.

      »Nein.«

      »Kitson ist im Portland-Gefängnis!«

      Toady erschrak und wurde noch bleicher.

      »Aber wie ist denn das gekommen?« fragte er verstört.

      »Erzählen Sie es ihm doch, Inspektor«, sagte Sir George, der jetzt nervös im Zimmer auf und ab ging.

      »Es ist eine merkwürdige Geschichte«, begann Grayson mit einem sonderbaren Lächeln. »Ihr Freund, wenn ich so sagen darf – der Mann behauptet wenigstens, daß Sie sein Freund seien, und Sir George sagte mir, daß Sie ihn jedenfalls kennen –, wurde vor drei Tagen in London verhaftet. Sie haben vielleicht in der Zeitung gelesen, daß vor einigen Wochen ein Mann aus dem Gefängnis von Portland ausgebrochen ist, den die Polizei bisher noch nicht wieder finden konnte. Man nahm allgemein an, daß er sich nach London gewandt hätte, und allen Polizeistationen wurde seine Personalbeschreibung mitgeteilt. Am vergangenen Dienstagmorgen fand nun ein Polizist auf seinem Patrouillengang einen bewußtlosen Mann in einem Torweg. Er versuchte, ihn zu wecken, denn er hielt ihn für betrunken. Als ihm das nicht gelang, holte er Hilfe herbei und brachte ihn in einem Wagen zur Polizeistation. Man entdeckte dann, daß der Mann unter seinen Kleidern einen Sträflingsanzug trug. Alles stimmte genau, sogar die Gefängnisnummer. Es blieb nichts anderes übrig, als ihn zu verhaften und sich mit der Verwaltung des Portland-Gefängnisses in Verbindung zu setzen. Am nächsten Morgen kam der Mann zu sich und protestierte heftig gegen die Anklage. Er erzählte eine unglaubliche Geschichte, daß man ihn betäubt habe. Trotzdem wurde er oberflächlich von den Wärtern wiedererkannt, die ihn nach Portland brachten. Der Gefängnisdirektor und der Anstaltsarzt haben ihn dann verhört. Er blieb aber hartnäckig bei seiner Behauptung, daß er nicht der entkommene Sträfling sei. Als man ihn genauer untersuchte, fand man auch heraus, daß ein Irrtum vorliegen mußte. Die Nummern der Sachen wurden verglichen, und man entdeckte, daß sie gefälscht waren. Die Sache ist ein großes Rätsel. Ich bin nun von London gekommen und möchte Sir George und Sie bitten, mich nach dem Gefängnis von Portland zu begleiten. Die Persönlichkeit des Mannes, der sich selbst Kitson nennt, muß festgestellt werden.«

      »Ich glaube bestimmt, daß er es ist«, entgegnete Sir George. »Ich habe selbst das Bild des ausgebrochenen Gefangenen gesehen, und mir ist sofort die außerordentliche Ähnlichkeit aufgefallen. Ist es tatsächlich nötig, daß ich persönlich mitkomme?«

      »Ich fürchte, es ist unumgänglich notwendig«, erwiderte Inspektor Grayson.

      »Wir müssen wirklich alle drei hingehen? Monsieur Soltescu braucht uns doch sicherlich nicht zu begleiten. Er will mit dem nächsten Zug fortfahren. Es genügt doch, wenn Mr. Wilton dabei ist.«

      »Es wäre aber besser, Sie kämen alle mit.«

      »Das ist sehr unangenehm«,


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