Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
Gesicht verriet einige Intelligenz. Er spielte mit einem Stück Gummischlauch, das er aus der Innentasche seiner Jacke hervorgezogen hatte.
»Darf ich eine Frage stellen?« bat Parker ihn ansehend.
»Machen Sie schon …«
»Warum erkundigte Mr. Hostans sich nicht danach?«
»Wer …?« fragte der Gangster zurück. Er wollte harmlos tun, war jedoch ein schlechter Schauspieler. Ein kurzes, schnelles Flackern in seinen Augen verriet ihn. Vielleicht merkte er selbst, wie wenig überzeugend er war. Er brauste sofort auf, schlug den improvisierten Gummiknüppel hart und schnell durch die Luft. Es zischte unangenehm.
»Raus jetzt mit der Antwort«, meinte er dann und grinste Parker dünn an.
»Ich werde eine Erklärung abgeben«, antwortete Josuah Parker würdevoll wie ein Berufspolitiker. »Ich fragte Mr. Hostans einzig und allein nach einem gewissen Mr. Joel Harrison. Mr. Hostans gab vor, diesen Mann nicht zu kennen. Damit erlischt mein Interesse an Ihrem Arbeitgeber, meine Herren.«
»Wie war der andere Name?« fragte der Mann mit dem narbigen Gesicht. Der Name Joel Harrison schien ihn hellhörig gemacht zu haben.
»Joel Harrison«, wiederholte Parker noch einmal, »darf ich unterstellen, mein Herr, daß Sie diesen Namen kennen?«
Der Gangster mit dem sanften Gesicht und den intelligenten Augen verlor die Geduld. Oder wollte verhindern, daß Parker weiterredete. Er holte mit dem Arm aus, um Parker den Gummischlauch durchs Gesicht zu ziehen.
Nun war Butler Parker mit diesem Vorhaben nicht besonders einverstanden. Er schätzte es überhaupt nicht, geschlagen zu werden. Das widersprach seinem ganz persönlichen Ehrbegriff.
Bevor der Gummischlauch niederzischte, schwebte plötzlich der altväterlich gebundene Regenschirm in der Luft. Er traf genau das Handgelenk des Gangsters.
Der Mann stieß einen Schrei aus, ließ den Gummischlauch fallen. Verdutzt starrte er auf seine Hand, die wie leblos hinuntersank. Bevor die beiden anderen Gangster aktiv werden konnten, baute Josuah Parker seinen Vorsprung weiter aus.
Er machte das sehr geschickt. Und noch konsequenter.
Da der bewußte Regenschirm nun schon einmal in der Luft war, ließ Josuah Parker ihn weiter wandern.
Der junge Lockvogel, der Parker in den Torweg geschickt hatte, wollte noch blitzschnell ausweichen, sich abducken.
Doch der verflixte Regenschirm machte diese Bewegung mit und traf haargenau die Nase des Gangsters.
Wasser schoß ihm in die Augen.
Er brüllte zuerst, um dann in ein leicht fassungsloses Greinen überzugehen. Er hielt sich die Nase und dachte nicht im Traum daran, sich weiter mit Parker zu befassen.
Der dritte Gangster stürzte sich auf den Butler.
Und übersah dabei den Regenschirm, der sich auf dem Rückweg befand.
So konnte es geschehen, daß Parkers Universal-Kampfwaffe im Genick des narbigen Gangsters landete.
Die Wirkung war frappierend.
Auch dieser Gangster interessierte sich plötzlich für den an sich recht schmutzigen Steinboden und beeilte sich, ihn aus nächster Nähe in Augenschein zu nehmen. Mit anderen Worten, er legte sich neben seinen Partner, der dort bereits gewisse Studien trieb. Josuah Parker erhob sich langsam.
Mißbilligend schaute er auf die beiden Gangster am Boden, dann wanderte sein Blick hinüber zu dem jungen Mann, der mit der Untersuchung seiner mißhandelten und jetzt leicht blutenden Nase noch nicht fertig war.
»Ich bedaure diesen Zwischenfall ungemein«, sagte Parker dann mit einem verweisenden Unterton in der Stimme. »Ich möchte ausdrücklich versichern, daß ich Gewalttätigkeiten durchaus nicht schätze. Mein
Interesse gilt nach wie vor Mr. Joel Harrison, dem ich eine Botschaft zu überbringen habe. Ganz gleich, wo er sich zur Zeit auch aufhalten mag. Richten Sie das bitte allen einschlägigen Stellen aus, die dafür in Betracht kommen. Und jetzt muß ich Sie bitten, mich zu entschuldigen. Ich möchte Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Ich fürchte, ich habe Sie sogar belästigt und inkommodiert.«
Er lüftete seine schwarze Melone und schritt aus dem Kellerbüro. Parker besaß Nerven wie Drahtseile. Er drehte sich überhaupt nicht um, obwohl er doch unterstellen mußte, daß die drei Gangster bewaffnet waren.
Kaum hatte er die Tür jedoch hinter sich geschlossen, da erwachten die drei Gangster zu neuem Leben.
Wie von diversen Taranteln gebissen, sprangen sie hoch, hatten plötzlich ihre Waffen in den Händen.
»Den kauf ich mir …!« hustete der Gangster mit den sanften Augen. Er hielt die Waffe in der linken Hand, da die rechte noch nicht recht mitspielen wollte.
Der pockennarbige Gangster massierte sich sein Genick und entsicherte gleichzeitig seinen Trommelrevolver.
Der junge Gangster mit der blutenden Nase war allerdings noch nicht recht in Form. Vielleicht lag es daran, daß er erst als letzter das Kellerbüro verließ.
Sie alle kannten sich in dem fast dunklen Keiler aus. Sie waren sicher, Parker noch zu erwischen. Für diesen Fall hatten sie sich etwas vorgenommen. Sehr viel sogar. Sie wollten Parker durch die Mangel drehen, wie es in ihrer Fachsprache hieß.
Was konnte der flüchtende Mann schon mit seinem komischen Regenschirm gegen drei Schußwaffen ausrichten? Er hatte keine Chance …!
Sie rannten also in den Keiler, wollten wie Sprinter losstarten, doch genau in diesem Moment explodierten die ersten Knallerbsen, die Josuah Parker vorsorglich ausgestreut hatte. Es handelte sich um eine Eigenentwicklung, die äußerst lautstark und schlecht riechend war.
Die Gangster mißverstanden diesen Krach, glaubten an Schüsse. Sie gingen sicherheitshalber in Deckung und ließen ihre Waffen sprechen.
Der Lärm im Keller wurde dadurch verstärkt. Querschläger sirrten durch die Luft, der beißende Qualm der Knallerbsen intensivierte sich.
Hustend, spuckend und fluchend mußten die drei Gangster sich schließlich zurückziehen und die Verfolgung auf geben.
Josuah Parker hatte inzwischen den Fabrikhof erreicht und stieg in den Wagen der Gangster.
Die freundliche Erlaubnis seiner Gegner vorausschickend, ließ er den Motor anspringen und fuhr los.
Nein, natürlich nicht nach Hause.
Wenn Butler Parker in Stimmung gebracht worden war, konnte er einfach kein Ende finden …!
*
Willenlos hatte Joel Harrison alles über sich ergehen lassen, die hastige Flucht aus dem Zimmer des »Pewell-Hotels«, die Fahrt im Wagen und schließlich das Hineinschaffen in dieses billige Holzhaus in der Nähe der riesigen Schlachthäuser.
Jetzt lag er auf einem einfachen Bett, nur noch ein körperliches Wrack, ausgemergelt, unrasiert und hohlwangig. Die braunen Augen glänzten fiebrig. Das verschmutzte Hemd über der behaarten Brust war weit geöffnet.
Joel Harrison, knapp fünfzig Jahre alt, mittelgroß und schlank, starrte hinauf zur Zimmerdecke. Nichts an, ihm erinnerte an den Joel Harrison, der noch vor knapp einem halben Jahr der unumschränkte Herrscher und Gebieter einer sehr reichen Familie war. Dem Alkohol restlos verfallen, gierte er nur noch nach einem Schluck Whisky, um seine elende körperliche Verfassung einigermaßen und höchstens für eine Stunde zu überspielen.
Er befand sich in einer Art Dämmerschlaf, dennoch lauschte er auf die Geräusche in diesem einfachen Haus, das am Rand einer neu erbauten Siedlung stand.
Seit dem letzten Schluck im »Pewell-Hotel« war für ihn bereits eine halbe Ewigkeit verstrichen. Nun wartete er auf die Rückkehr seines Freundes Chris Downers. Richtiger ausgedrückt, er wartete auf die Whiskyflasche, die Downers ihm holen wollte.
Harrison fühlte sich scheußlich.