Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
war dunkel geworden.
Butler Parker steuerte sein hochbeiniges Monstrum durch die Straßen von Chikago. Er befand sich auf dem Weg zum »Pewell-Hotel«, um dem Nachtportier einen Besuch abzustatten.
Absichtlich hatte er bisher darauf verzichtet, diesen Mann zu sprechen. Er sollte sich erst mal in Sicherheit wiegen, annehmen, seine Beteiligung an dem Komplott gegen Harrison sei unbekannt. Außer Mike Rander, Leutnant Current und ihm, Parker, wußte kein Mensch, daß der Nachtportier Mac Worland den ersten und wichtigsten Hinweis auf Hostans geliefert hatte. Ja, selbst Hostans oder einer seiner Gangster sahen da nicht klar, wieso Parker sich um sie kümmerte.
Der Butler hatte das Radio eingeschaltet. Er hörte während der Fahrt die Frequenz der Polizei ab. In schneller und unaufhörlicher Folge kamen die Kennziffern durch, wurden Streifenwagen abgerufen und kurze Hinweise für ihre Besatzungen geliefert.
Josuah Parker kannte den Code dieser Frequenz. Die einzelnen Übertragungen, Unfälle, Verbrechen und Morde besaßen je eine besondere Kennziffer. Das erleichterte den Verkehr mit den Streifen in der Stadt.
Noch war nichts Besonderes los in der Stadt. Doch das täuschte. Wie eine aufkommende, starke Brandung konnten sich die Hinweise auf Verbrechen überschlagen. Noch war die Stadt dabei, sich auf die Nacht vorzubereiten.
Josuah Parker ließ seinen Wagen knapp vor dem »Pewell-Hotel« stehen. Ohne Hast und Eile schritt er gemessen auf den Eingang zu. Für seine Umgebung schien er sich überhaupt nicht zu interessieren. In Wirklichkeit aber sondierte er die beiden Straßenseiten. Immerhin hatte er sich bei Walt Hostans und seinen beiden Mitarbeitern mehr als unbeliebt gemacht. Darüber hinaus wußten Harrisons Freunde, daß er ihnen auf der Spur war.
Die Straße vor dem kleinen schäbigen Hotel blieb ruhig. Parker ging in die Halle und blieb vor der hohen Anmeldetheke stehen. Der Nachtportier war nicht zu sehen.
Der Butler schlug mit dem Griff seines Universal-Regenschirmes auf die Tischklingel.
Nichts rührte sich hinter der nur halb geöffneten Schiebetür, durch die das Hotelbüro zu erreichen war.
Parker wartete geduldig, klingelte aber nicht mehr. Im Haus war es unheimlich still. Es war wie ausgestorben. Parkers fein ausgebildeter Instinkt witterte Gefahr. Von wo aus sie zu erwarten war, konnte er zur Zeit noch nicht feststellen.
Schließlich ging er um die hohe Theke herum und näherte sich der Schiebetür. Mit den Beleuchtungsverhältnissen in der Halle war er durchaus einverstanden. Das nur schwache Licht ließ alle Konturen verschwimmen.
Die Tür quietschte und ächzte, als Parker sie aufdrückte. Bis auf eine schwache Wandlampe war das Büro unbeleuchtet. Der Schein dieser Lampe reichte nicht aus, Einzelheiten im Zimmer zu erkennen.
Josuah Parkers Gesicht glich einer Bronzemaske.
In seinem Innern sah es allerdings anders aus. Seine Nerven meldeten höchsten Alarm. Bis etwas Schreckliches passierte, konnten nur noch Sekunden vergehen.
Der Butler suchte nach dem Lichtschalter. Bevor er jedoch Licht machen konnte, bleckten zwei Flammenzungen aus dem Zimmer auf.
Josuah Parker befand sich bereits in Deckung. Aber noch im Abducken spürte er den Luftzug der beiden Geschosse, die unmittelbar hintereinander auf ihn abgefeuert worden waren.
Glück gehabt …!
Butler Parkers vorsintflutlicher Colt aus den Tagen der Goldgräber dröhnte auf.
Ein unterdrückter Aufschrei war die Antwort darauf. Parker machte einen flüchtenden Schatten aus, hätte einen zweiten Schuß anbringen können. Doch er kannte die Wirkungsweise des 45ers.
Seine Durchschlagskraft war enorm. Der Butler verzichtete also darauf, einen weiteren Wirkungstreffer anzubringen. Er haßte das Blutvergießen und hielt Schüsse immer für ein schlechtes Argument. Irgendwo fiel eine Tür ins Schloß.
Flüchtete der heimtückische Schütze?
Butler Parker war vorsichtig.
Er schlüpfte in das Zimmer, hielt inne, lauschte.
Nein, keine Geräusche mehr.
Selbst die gewechselten Schüsse hatten das Hotel bisher nicht alarmiert.
Als Parker sich tiefer in das Zimmer hineinpirschen wollte, stolperte er über eine Gestalt, die regungslos am Boden lag. Sofort kniete der Butler nieder und untersuchte den Toten. Eine leblose Gestalt war das, schlaff und weich.
Parker wandte sich um, schaltete nun das Deckenlicht ein und blieb vor dem liegenden Mann stehen.
Er erkannte ihn auf den ersten Blick. Er war identisch mit dem Nachtportier Mac Worland. Zwei genau gezielte Messerstiche hatten seinen Lebensfaden zerschnitten.
Parker machte sich insgeheim einige Vorwürfe. Hätte er sich nicht früher um den Nachtportier kümmern müssen? War seine Taktik falsch gewesen? Leider ließ dieser Mord sich nicht mehr ungeschehen machen. Worland war tot, konnte nicht mehr sagen, mit wem er in Walt Hostans Firma geredet hatte.
Eine böse Schlappe für Parker, der sich gerade von einer Unterhaltung mit Worland sehr viel versprochen hatte.
Vorn in der Halle wurden die ersten Stimmen laut. Neugierige und aufgescheuchte Hotelbewohner versammelten sich vor der Anmeldetheke, getrauten sich aber nicht in das Hinterzimmer hinein.
Josuah Parker stieg über die Leiche und suchte nach der Stelle, von wo aus auf ihn geschossen worden war.
Ein Blutfleck auf dem dünnen, abgeschabten Teppich, einige Spritzer an der Tapete redeten eine deutliche Sprache. Der heimtückische Schütze war vom 45er getroffen worden. Es mußte sich zumindest um eine stark blutende Fleischwunde handeln.
Der Mörder Mac Worlands hatte damit seine erste Rate für den Mord am Nachtportier entrichtet. Weit konnte er unmöglich kommen.
Parker fand die Tür, durch die der Mörder sich abgesetzt hatte. Sie führte hinaus in den kleinen, engen Hof. Am Fuß der vierstufigen Treppe, nur wenige Meter von einem parkenden Buick entfernt, lag eine zweite Gestalt auf dem schmutzigen Pflaster.
Der Mörder …!
Mit aller gebotenen Vorsicht trat der Butler an die Gestalt heran, untersuchte sie.
Es handelte sich um den jungen Gangster, der Parker seinerzeit in den Torweg hineingelockt hatte. Glenn Mossels, wie er hieß, lebte noch, brauchte aber dringend einen Arzt. Er verlor sehr viel Blut. Sein Atem war bereits flach, und sein Puls ging langsam. Neben Mossels aber lag die Waffe, ein 38er Revolver, dessen Lauf noch warm war.
Mit der Fußspitze stieß Parker sie von der ausgebreiteten Hand Mossels weg.
So endete es doch immer, wenn man eine Waffe in die Hand nahm und als Außenseiter gegen das Gesetz verstieß …!
*
Joel Harrison starrte auf das aufgeschlagene Scheckheft. Er spielte mit dem Füller, den Chris Downers ihm gereicht hatte. Er brachte einfach nicht die Kraft auf, sich auf das Scheckheft und den Füller zu konzentrieren.
Sein Hirn war umnebelt, träge, wie ausgelaugt.
»Nun schreib’ doch endlich«, ermunterte Downers ihn. »Ich hab’ ’ne prächtige Flasche mitgebracht, mein Junge. Guter Stoff, wird dir sehr gut schmecken.«
Joel Harrison gab sich einen inneren Ruck, richtete sich etwas auf. Er setzte den Füller auf das Scheckheft, wollte schreiben, doch seine zitternde Hand schaffte es nicht. Sinnlos zog der Füllhalter wirre Striche und Zeichen auf das Papier.
Downers runzelte die Stirn. Er war wütend.
»Warte, ich werde dir ’nen Schluck holen«, sagte er, sich zur Ruhe zwingend. »Verschmier’ das Scheckheft nicht, mein Junge, sonst kann ich dir keinen Schnaps mehr kaufen.«
Downers stieg nach unten in das Holzhaus. In der engen, unaufgeräumten Küche saß seine Freundin Helen Napers. Die üppige Blondine beschäftigte sich gerade mit einer Flasche Whisky.