Gesammelte Werke. Джек ЛондонЧитать онлайн книгу.
er. »Aber offen gestanden, Saxon, dies fängt an, mich nervös zu machen. Wenn ich nicht bald herausbringe, was für ein Ding das ist, dann werde ich ganz verrückt. Ich will nur ein bisschen rekognoszieren.«
Die Nacht war sehr dunkel, und im selben Augenblick, als Billy so weit gekrochen war, dass Saxon ihn nicht mehr mit den Händen erreichen konnte, war er ganz aus ihrem Gesichtskreis verschwunden. Das Geräusch hatte aufgehört, und sie konnte jetzt Billy auf seinem Wege durch das Gebüsch folgen, wo er trockene Zweige und Äste brach. Nach einigen Minuten kam er wieder und kroch unter die Decken.
»Ich glaube, jetzt habe ich es verjagt. Es hat die besseren Ohren von uns beiden, und als es mich kommen hörte, zog es ab. Daher gab ich mir die größte Mühe, keinen Lärm zu machen. – Großer Gott, da ist es wieder!« Sie setzten sich auf. Saxon puffte Billy.
»Horch!« flüsterte sie kaum hörbar. »Es atmet. Es hat Luft geschöpft, es klang fast, als ob es schnaufte.«
Ein welker Zweig brach krachend, und das so nahe, dass sie beide, ohne sich dessen zu schämen, vor Schrecken einen kleinen Sprung machten.
»Jetzt lasse ich mir das nicht mehr gefallen!« erklärte Billy wütend. »Jetzt überfällt es uns ja bald.«
»Was willst du denn tun?« fragte sie besorgt.
»So laut heulen, dass ich mir den Mund verrenke. Ich will es schon einschüchtern, was es auch sein mag.«
Er schöpfte tief Atem und stieß ein wildes Geheul aus.
Das Ergebnis übertraf seine kühnsten Erwartungen, und Saxons Herz begann vor Angst laut zu klopfen. Im selben Augenblick war das Dunkel ein einziges Chaos furchtbarer Geräusche. Sie konnten die Sträucher im Gebüsch unter schweren Körpern, die in der entgegengesetzten Richtung fortstürzten, krachen hören. Zum Glück verzogen sich diese Geräusche bald und verschwanden in der Ferne.
»So, was sagst du dazu?« Es war Billy, der das Schweigen brach. »Lieber Gott, beim Boxkampf sagten die Leute immer, dass ich mich vor nichts fürchtete. Aber ich freue mich doch, dass sie mich heute Abend nicht gesehen haben!« Er stöhnte. »Aber jetzt habe ich genug von dem verfluchten Sand. Jetzt stehe ich auf und mache ein Feuer an.«
Es war ein Leichtes, das Feuer anzuzünden, denn unter der Asche war noch Glut, die schnell die Zweige, die sie darauf warfen, entzündete. Ein paar Sterne kamen im Zenith hinter dem Nebelschleier des Himmels zum Vorschein. Er sah zu ihnen auf, dachte einen Augenblick nach und schritt dann auf das Gebüsch zu.
»Was willst du jetzt?« rief Saxon.
»Ach, mir fiel nur etwas ein«, antwortete er ausweichend und schritt kühn zum Lichtkreis des Feuers hinaus.
Saxon zog sich die Decken bis unter das Kinn und bewunderte seinen Mut. Er hatte nicht einmal die Axt mitgenommen und ging in der Richtung, wo das Geräusch verschwunden war.
Nach zehn Minuten kam er wieder, aus voller Kehle lachend.
»Die verfluchten Biester, die haben mich gut hinters Licht geführt. Schließlich fürchte ich mich noch vor meinem eigenen Schatten. – Was es war? Hm! Du rätst es nie. Und wenn du tausend Jahre alt wirst. Eine Herde halb ausgewachsener Kälber, und die hatten wahrhaftig mehr Angst als wir.«
Er rauchte eine Zigarette am Feuer und schlüpfte dann neben Saxon unter die Decke.
»Ja, ich kann ein fabelhafter Bauer werden«, neckte er sie, »wenn eine Herde kleiner Kälber mich so erschrecken kann. Ich möchte wetten, dass weder dein Vater noch meiner auch nur geblinzelt hätte. Das Geschlecht ist entartet.«
»Nein, das ist es nicht!« eiferte Saxon. »Das Geschlecht ist schon gut, wir sind genau so gut wie unsere Vorfahren es je waren, und wir sind obendrein gesunder. Wir sind nur anders erzogen – das ist alles. Wir haben unser ganzes Leben in Städten verbracht. Wir kennen Stadtgeräusche und alles, was zu einer Stadt gehört, aber wir wissen nicht, wie es auf dem Lande ist. Wir haben eine unnatürliche Erziehung genossen, das ist alles. Aber jetzt wollen wir uns selbst eine natürlichere Lebensweise beibringen. Wenn wir uns nur etwas Zeit lassen, werden wir schon bald ebenso ruhig und sicher im Freien schlafen, wie dein oder mein Vater es je getan hat.«
»Aber nicht auf Sand«, stöhnte Billy.
»Das wollen wir gar nicht versuchen. Das haben wir doch gleich gelernt. Aber jetzt sollst du still sein und dich schlafen legen.« Ihre Furcht war vergangen, aber der Sand, dem sie jetzt ihre ungeteilte Aufmerksamkeit widmeten, wurde immer unangenehmer. Billy duselte zuerst ein, und die Hähne krähten in der Ferne, ehe Saxon die Augen schloss, aber der Sand war und blieb hart und ihr Schlaf unruhig.
Als der erste Tagesschimmer sich zeigte, kroch Billy heraus und machte ein mächtiges Feuer. Zitternd vor Kälte kroch Saxon hin. Sie waren beide müde und verschlafen. Saxon brach in Lachen aus. Billy lachte mit, anfangs verdrossen und mürrisch, dann aber klärte sich sein Gesicht auf, als sein Blick auf die Kaffeekanne fiel, und im nächsten Augenblick hatte er sie aufs Feuer gestellt.
*
Es sind vierzig englische Meilen von Oakland bis San José, und diese Entfernung legten Saxon und Billy in drei Tagen zurück. Sie trafen keinen einladenden und gereizt geschwätzigen Telefonarbeiter mehr, und nur selten hatten sie Gelegenheit, mit zufällig des Weges Kommenden zu reden. Sie trafen unzählige Vagabunden mit ihrem Bettzeug in einem Bündel auf dem Rücken, Vagabunden, die auf der Landstraße nordwärts und südwärts reisten; und in Gesprächen mit ihnen wurde sich Saxon bald darüber klar, dass sie sehr wenig, um nicht zu sagen nichts, von den Verhältnissen der ländlichen Bevölkerung wussten. Es waren in der Regel alte Männer, schwächlich oder durch Trinken verkommen, und alles, was sie wussten, war, wo man gute Arbeit bekommen konnte, und wo es sich gut gearbeitet hatte, aber die Orte, die sie nannten, lagen fast alle weit fort. Eines erfuhr sie aber doch von ihnen, und das war, dass der Distrikt, den sie und Bill jetzt durchwanderten, in der Hauptsache von »kleinen Bauern« bewohnt wurde, die selten bezahlte Arbeitskraft und, wenn doch, in der Regel nur Portugiesen nahmen.
Die Bauern selbst waren unfreundlich. Sie fuhren an Billy und Saxon zuweilen mit leeren Wagen vorbei, luden sie aber nie zum Mitfahren ein. Wenn Saxon eine Gelegenheit fand, ihnen eine Frage zu stellen, sahen sie sie neugierig oder misstrauisch von oben bis unten an und gaben zweideutige oder scherzhafte Antworten.
»Es sind keine Amerikaner, die verfluchten Kerle«, sagte Billy mürrisch. »In alten Tagen waren alle Menschen freundlich zueinander.«
Aber Saxon erinnerte sich ihrer letzten Unterhaltung mit dem Bruder.
»Es ist der Zeitgeist, Billy. Der Zeitgeist ist anders. Und