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Gesammelte Werke. Джек ЛондонЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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war im­mer schwer­mü­tig, sanft und freund­lich, und ich glau­be, ihre Stim­me war die schöns­te von der Welt.«

      »Ja, sie muss pracht­voll ge­we­sen sein«, gab Bil­ly zu.

      »Und mein Va­ter hei­ra­te­te nie. Er lieb­te sie im­mer noch. Ich habe zu Hau­se ein herr­li­ches Lie­bes­ge­dicht, das er ihr ge­macht hat. Es ist ge­ra­de­zu wun­der­voll, und es klingt wie Mu­sik. Nun und dann, nach lan­ger Zeit, starb ihr Mann, und da gin­gen sie und mein Va­ter ihre Lie­bes­e­he ein. Sie hei­ra­te­te erst 1882, und da war sie nicht mehr jung.«

      Sie er­zähl­te ihm noch mehr, wäh­rend sie an der Pfor­te stan­den, und nach­her ver­such­te sie sich ein­zu­re­den, dass der Gu­te­nacht­kuss ein ganz klein we­nig län­ger ge­dau­ert hät­te als sonst.

      »Sa­gen wir also um neun?« frag­te er über die Pfor­te hin­weg. »Küm­me­re dich nicht um Früh­stück und der­glei­chen. Da­für sor­ge ich schon. Sei nur um neun Uhr be­reit.«

      *

      Am Sonn­tag­mor­gen war Sa­xon viel zu früh fer­tig, und als sie zum zwei­ten Mal aus dem Fens­ter ge­se­hen hat­te und wie­der in die Kü­che trat, be­gann Sa­rah einen ih­rer üb­li­chen An­grif­fe.

      »Es ist ein Skan­dal, dass ge­wis­se Leu­te sich im­mer sei­de­ne St­rümp­fe leis­ten kön­nen«, be­gann sie. »Sieh mich an, ich schin­de mich den gan­zen Tag und be­kom­me nie sei­de­ne St­rümp­fe – oder Schu­he, gleich drei Paar auf ein­mal. Aber es gibt einen Gott im Him­mel, und ge­wis­se Leu­te wer­den noch mäch­ti­ge Über­ra­schun­gen er­le­ben, wenn am Jüngs­ten Tage je­der kriegt, was ihm zu­kommt.« Sa­xon mach­te sich dar­an, ei­nem der klei­nen Mäd­chen ein ro­tes Sei­den­band ins Haar zu flech­ten. Sa­rah ru­mor­te in der Kü­che her­um, wusch auf und räum­te den Früh­stücks­tisch ab. Mit ei­nem tie­fen Seuf­zer dreh­te sie sich von der Auf­wä­sche um und blick­te Sa­xon zor­nig und kampf­be­reit an.

      »Du sagst nichts – was? Und warum sagst du nichts? Weil du noch ein biss­chen Scham im Lei­be hast – he – mit ei­nem Bo­xer zu lau­fen. O ja, ich habe schon ge­hört, was du und Bill Ro­berts ma­chen. Ein schö­ner Kerl ist er. Aber wart nur, sage ich dir. Wart nur, bis Char­ley Long ihn er­wi­scht.«

      »Na, ich weiß nicht«, leg­te Tom sich da­zwi­schen. »Bill Ro­berts ist, so­viel ich weiß, ein bra­ver Kerl.«

      Sa­xon lä­chel­te, und Sa­rah, die ihr Lä­cheln be­merk­te, wur­de zor­nig.

      »Wa­rum nimmst du Char­ley Long nicht? Er ist ver­rückt nach dir, und er ist ein net­ter, nüch­ter­ner Mann.«

      »Ach, er trinkt wohl das Bier, das er ha­ben will – und noch et­was dazu«, ant­wor­te­te Sa­xon.

      »Das tut er«, er­gänz­te ihr Bru­der, »und ich weiß be­stimmt, dass er im­mer ein Fass zu Hau­se lie­gen hat.«

      »Dann hast du wohl ge­hol­fen, es aus­zu­trin­ken«, fauch­te Sa­rah.

      »Vi­el­leicht«, sag­te Tom und wisch­te sich den Mund mit dem Han­drücken.

      »Aber er kann es sich wohl auch leis­ten, zu Hau­se ein Fass lie­gen zu ha­ben, wenn er Lust dazu hat.« Hier­mit wapp­ne­te Sa­rah sich zu ei­nem neu­en An­griff, der dies­mal eben­so­sehr ge­gen ih­ren Mann ge­rich­tet war. »Er be­zahlt sei­ne Rech­nun­gen und ver­dient viel Geld – mehr als ge­wis­se an­de­re.«

      »Ja, und er braucht nicht für Frau und Kin­der zu sor­gen«, sag­te Tom.

      »Und hat auch nicht die ewi­gen Ab­ga­ben an die Ge­werk­schaf­ten zu zah­len, von de­nen man doch nichts hat.«

      »Nun ja«, mein­te Tom gut­mü­tig. »Er wür­de ver­flucht we­nig in sei­ner Werk­statt und in al­len an­de­ren Werk­stät­ten zu tun ha­ben, wenn er sich nicht gut mit den Schmie­den stell­te. Du ver­stehst dich nicht auf Ar­bei­ter­ver­hält­nis­se, Sa­rah. Die Ge­werk­schaf­ten müs­sen er­hal­ten wer­den, wenn die Ar­bei­ter nicht vor Hun­ger kre­pie­ren sol­len.«

      »Ja – selbst­ver­ständ­lich«, schnüf­fel­te Sa­rah. »Ich ver­ste­he nichts, nein. Ich bin ein Idi­ot. Sag das nur, dass die Kin­der es hö­ren.« Sie wand­te sich wü­tend zu dem Äl­tes­ten, der er­schro­cken die Flucht er­griff. »Wil­lie, dei­ne Mut­ter ist ver­rückt. Ver­stehst du? Dein Va­ter sagt, dass ich ver­rückt bin – sagt es mir und euch mit rei­nen Wor­ten ge­ra­de ins Ge­sicht.«

      Der Kna­be be­gann, von dump­fer Angst vor ir­gend­ei­ner un­be­stimm­ten und un­be­re­chen­ba­ren Ka­ta­stro­phe er­grif­fen, laut­los, mit hän­gen­der, zit­tern­der Un­ter­lip­pe zu wei­nen. Sa­xon ver­lor für einen Au­gen­blick ihre Selbst­be­herr­schung.

      »Du lie­ber Gott, kön­nen wir denn nicht fünf Mi­nu­ten zu­sam­men sein, ohne uns zu strei­ten?«

      Sa­rah wand­te sich zur Schwä­ge­rin.

      »Wer strei­tet sich? Darf ich nicht den Mund öff­nen, ohne dass ihr gleich über mich her­fallt?«

      Sa­xon zuck­te re­si­gniert die Ach­seln. Und Sa­rah wand­te sich wie­der zu ih­rem Mann.

      »Wenn du dei­ne Schwes­ter so viel lie­ber hast als mich, warum hast du mich dann ge­hei­ra­tet – mich, die dir Kin­der ge­bo­ren und sich dei­net­we­gen bis aufs Blut ab­ge­ra­ckert hat ohne Dank? Aber mich be­lei­di­gen in Ge­gen­wart der Kin­der, das kannst du, und sa­gen, dass ich ver­rückt bin, wäh­rend sie zu­hö­ren, und was hast du je für mich ge­tan – das möch­te ich gern wis­sen? Wo ich dir dein Es­sen ge­kocht und dein dre­cki­ges Zeug ge­wa­schen und dei­ne St­rümp­fe ge­stopft und nachts bei dei­nen Gö­ren ge­ses­sen habe, wenn sie krank wa­ren? Hier! Willst du se­hen!«

      Und es er­schi­en ein un­för­mi­ger, ge­schwol­le­ner Fuß in ei­nem mäch­ti­gen, un­ge­putz­ten Schuh, des­sen tro­ckenes Le­der vol­ler Ris­se und Beu­len war.

      »Willst du se­hen! Ich sage nur, willst du se­hen!«

      Die Stim­me ver­sag­te ihr, und plötz­lich ließ sie sich auf einen Stuhl am Tisch fal­len, wo sie, ein Bild un­sag­ba­ren Jam­mers, vor sich hin­starr­te. Dann stand sie, steif wie ein Stock, auf, goss sich mit den stoß­wei­sen Be­we­gun­gen ei­nes Au­to­ma­ten eine Tas­se kal­ten Kaf­fees ein und setz­te sich eben­so au­to­ma­tisch wie­der. Als wäre ihr der Kaf­fee zu heiß, goss sie die fet­ti­ge, un­be­stimm­ba­re Flüs­sig­keit in die Un­ter­tas­se und starr­te dann wie­der vor sich hin, wäh­rend ihre Brust sich in kur­z­en, me­cha­ni­schen Stö­ßen hob und senk­te.

      »Na na, Sa­rah, nur ru­hig«, sag­te Tom furcht­sam.

      Lang­sam und mit ei­ner Über­le­gung, als hin­ge die Wohl­fahrt von gan­zen Völ­kern da­von ab, mit wel­cher Si­cher­heit sie es täte, setz­te sie die Un­ter­tas­se um­ge­kehrt auf den Tisch. Lang­sam hob sie die Hand und ließ sie in ei­nem brei­ten Bo­gen auf der Ba­cke des ver­blüff­ten Tom mit lau­tem Klat­schen lan­den. Und fast im sel­ben Au­gen­blick er­hob sie ihre Stim­me, stieß gel­len­de, hei­se­re, mo­no­to­ne Schreie in wil­des­ter Hys­te­rie aus und setz­te sich dann plötz­lich auf den Fuß­bo­den, wo sie, hin- und her­wan­kend, in ei­nem Ab­grund von Kum­mer und Jam­mer sit­zen blieb.

      Das lei­se Wei­nen Wil­lies wur­de laut, und die bei­den klei­nen Mäd­chen mit den neu­en Bän­dern im Haar stimm­ten ein. Toms Ge­sicht war blass und er­schro­cken, wenn auch die übel mit­ge­nom­me­ne Ba­cke noch flam­mend rot war, und Sa­xon wäre am liebs­ten zu ihm hin­ge­tre­ten, hät­te ihm


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