Die wichtigsten Werke von Adalbert Stifter. Adalbert StifterЧитать онлайн книгу.
Brüder, Kampfgenossen! Seid gegrüßet in dem Herrn. Wir sind wieder vereinigt. Gott hat alles gewendet. Kein Feind ist mehr vor der Stadt und in dem Lande, und es ruht der Kampf. Lob, Preis und Ehre allen, die dazu gewirkt haben. Ihr habt im Mute der Helden diese Stadt geschirmt, und mit Herzen der Männer ausgedauert. Lob und Dank euch allen. Lob und Dank denen, die Lob und Dank nicht mehr hören können, weil sie den Tod herrlicher Krieger gefunden haben; Lob und Dank denen, welche Wunden an ihrem Körper tragen, denen sie für das Recht entgegen gegangen sind; Lob und Dank auch dem edlen Herzoge Sobeslav, der diese Mauern so gefestigt hat, daß sie euch die Stadt verteidigen halfen; Lob und Dank allen Vorgängern, die den Schutz des Herzogstuhles gepflegt haben; Lob und Dank denen, welche aus dem ganzen Lande sich zu mir gesellt und die Macht so erhöht haben, daß die Feinde vor ihr flohen, und Lob und Dank denen, die dem Feinde den Mut genommen haben: das größte Lob und den größten Dank aber dem, ohne den alles vergeblich gewesen wäre, dem großen dem gerechten dem allmächtigen Gott. Ihr habt ihm schon gedankt, ich tat es auch schon, vereinigt werden wir ihm morgen danken, wenn das erste Licht scheint. Morgen kömmt der König Konrad, empfanget ihn als Gast, nicht als Hilfsgenossen; denn es ist keine Schlacht mehr. Er wird den Kirchenfesten beiwohnen, und dann in sein Land zurückkehren. Und nun noch einmal: Gruß und Dank. Für heute abend lade ich alle Führer und Unterführer zum Mahle in die Hofburg. Albero, der Erzbischof von Trier, hat Wein und der König Konrad allen Bedarf in die Stadt geschickt. Teilt den Männern auf den Wällen aus und den Leuten in der Stadt, die Mangel haben. Nach der Kirchenfeier kommet morgen in den Saal der Hofburg, daß wir kurz einen kleinen Entgelt für alle die Mühe beraten. Ich gehe jetzt in mein Haus, geleitet mich, wenn es euch gefällt, und zum dritten Male: Gruß und Dank.«
»Gruß und Dank«, riefen alle Männer einstimmig, und schlugen an ihre Schwerter.
Der Herzog steckte sein Schwert in die Scheide, wendete sein Pferd, und begann mit seinem Geleite den Zug in die Hofburg. Die beiden Heere begleiteten ihn, wie der Raum es zuließ.
Da sie an dem Hofe angekommen waren, hingen an dem Tore Blumengewinde, und es standen schöngekleidete Jungfrauen mit Blumenkränzen und Blumensträußen vor dem Volke da, und Gras und Laub und Blumen bedeckten den Boden. Eine aus den Jungfrauen sprach zu dem Herzoge Wladislaw Begrüßungsworte, und reichte ihm einen Strauß.
Der Herzog nahm den Strauß, und dankte ihr.
Dann sangen alle Jungfrauen einen Begrüßungsgesang.
Der Herzog dankte gegen alle hin.
Da es stille geworden war, stieg er von seinem Pferde, ging zu der Herzogin, faßte sie an ihrer Hand, küßte sie auf die Stirn, und sprach: »Hocherlauchte und vielliebe Frau! Ich habe Euch auf den Mauern als Führer begrüßt, und begrüße Euch jetzt als Herzogin. Ich führe Euch von dem Kriegsplatze in Euer Haus, und seid bedankt für das, was ihr über Euer Geschlecht getan habt.«
Hierauf wendete er sich zu Diepold, schloß ihn in die Arme, und sprach: »Sei gegrüßt, mein lieber Bruder, gehe unter mein Dach ein.«
»Sei gegrüßt«, sagte er dann zu Bolemil, und nahm seine rechte Hand.
Dann reichte er die Hand an den Bischof und die Äbte, an Diwiš, Lubomir und an mehrere.
»Sei gegrüßt, Jungfrau«, sprach er zu Dimut, »du bist so tapfer als schön, wir sind in deiner Schuld, und Rowno wird dich nicht zu hart strafen.«
Die Führer des Heeres des Herzogs näherten sich denen der Verteidigungsscharen, reichten die Hände, und gaben Grüße.
»Du schöner Krieger«, sagte Welislaw zu Dimut, »du fängst ja die Pfeile der Feinde mit den Händen?«
»Durch das Wunder eines Heiligen, den ich nicht kenne«, sagte Dimut, »ist ein Pfeil ohne Schaden zwischen mein Panzerhemd und den Kleiderärmel gedrungen, und ich habe mir den Pfeil aufbewahrt.«
»Wenn ich ein hoher Mann dieses Reiches wäre«, antwortete Welislaw, »würde ich dich um den Pfeil bitten.«
»Und wenn du ein hoher Mann des Reiches wärest«, entgegnete Dimut, »würde ich dir den Pfeil nicht geben.«
Der Herzog aber führte nun die Herzogin im Geleite seines Bruders Diepold, der Führer, der Hofherren und der Frauen in den Herzogshof.
Die Jungfrauen erhoben wieder einen Gesang, welchen sie lieblich fortführten, da auch der Herzog nicht mehr unter ihnen war. Dann mischte sich eine Stimme von dem Volke bei, und wieder eine, und wieder eine, und endlich sangen die Krieger und das Volk jenen Gesang, welcher in dem ganzen Lande Böhmen bekannt und geliebt war.
Als der Gesang geendet war, harreten sie eine Weile, und sangen ihn dann noch einmal. Dann aber zerstreueten sich die Menschen nach allen Richtungen. Die Scharen des Herzoges Wladislaw wurden über die Brücke in den rechten Burgflecken geführt, um auf dem großen Marktplatze zwischen dem Burgflecken und dem Wyšehrad zu lagern. Von den Männern Diepolds wurden die ausgelesen, welche auf den Wacheplätzen und Spähetürmen sein mußten, die andern durften in ihre Lagerstellen und in ihre Ruhestellen gehen.
Als die Krieger Wladislaws auf dem großen Marktplatze angekommen waren, und sich einzurichten begannen, ritt Witiko mit Lambert Augustin und Urban und mit seinem Knechte Jakob im Geleite Wolfgangs von Ortau und seiner drei Freunde von ihnen weg zu den Waldleuten. Diese hatten ihre Lagerstelle noch auf dem Walle, wo sie die Mauern verteidiget hatten. Da sie die heran reitenden Männer sahen, stellten sie sich zusammen, und die auf dem Boden lagen, erhoben sich, und die, welche Witiko auf dem Berge Wysoka zu ihrem Führer erwählt hatten, und alle andern auch, die von dem Walde stammten, riefen ihm einen Gruß zu.
Witiko rief ihnen auf seinem Pferde sitzend entgegen: »Seid mir von Herzen gegrüßt, alle ihr Männer, deren Heimat von Fichtenzweigen umweht ist oder von den Zweigen der Tannen und Föhren, oder umrauscht von denen der Buchen und Ahornen, welche zu den Millionen der Bäume gehören, die da wachsen, wo die junge Moldau von Abend gegen Morgen geht. Ich erkenne es, daß wir ein anderes Geschlecht sind, als das auf den offenen Feldern. Wir sind hart und arm aber guten Herzens und guter Treue. Ich glaube, daß die Waldmänner fest zusammen gehalten haben. Und ihr seid im besondern gegrüßt, die ihr mich jungen Krieger zu euerm Vormanne gewählt habt. Ich bin wieder bei euch.«
Nach diesen Worten stieg er von seinem Pferde, seine Begleiter stiegen auch von den ihrigen, und sie traten näher zu den Männern.
Es kam auch Rowno herzu, und Diet und Osel und Hermann und mehrere andere.
»So seid ihr also noch immer zwischen den gemauerten Steinen«, sagte er, »wir sind indessen durch ein weites grünes Land geritten, und wieder durch ein weites grünes Land zurück. Ihr habt bittere Arbeit getan, wenn ihr nur nicht zu Großes erduldet habt.«
»Es ist zum Ertragen«, sagte Stephan der Wagenbauer, »sei gegrüßt, Witiko.«
»Sei gegrüßt«, rief Adam.
»Sei gegrüßt«, rief Paul Joachim.
»Ich grüße dich auch, Witiko«, sagte Christ Severin der Wollweber, »dem Wolfgang haben sie mit einem Steine den Kopf eingeschlagen. Er hat kein Weib und keine Kinder, und seine Mutter wird um ihn weinen. Dem starken Simon vom Reutschlage hat einer, da wir das große Schleuderholz anzündeten, die Gehirnschale entzwei gehauen. Osel hat eine doppelte Wunde erhalten.«
»Es ist mehr Blut als Verletzung gewesen«, sagte Osel, »und die Sache bessert sich schon.«
»Und Grup von Wettern hat drei Wunden erhalten«, sagte Christ Severin, »und Wolf von Winterberg eine, und Braniš aus Rowna eine. Dem Schmied haben sie den linken Arm mit einem Stricke an den Leib gebunden, weil er sich ihn verrenkt hat; dem Mathias haben sie, als wir in der Nacht auf der sumpfigen Wiese draußen waren, mit einem Pfeile den Ohrflügel durchschossen, Zacharias hat ein Pfeilloch im rechten Arme, es heilt aber schon, und dem Maz Albrecht hat ein Balken das ganze Fleisch auf der Brust zerrissen, hat aber die Rippen nicht brechen können, und er wird heil. Wir andern sind gut, und haben Schrammen und blaue Flecke.«
Jetzt nahm Peter Laurenz, der Schmied, das Wort, und rief: »Du hast den Urban gesund zurückgebracht, das ist gut, Witiko, und er sitzt recht