Eine Mutter. Gerstäcker FriedrichЧитать онлайн книгу.
vorbei und nickte dem unter dem Baum Sitzenden grüßend zu. Er war schon vorüber, ehe ihn der Alte anrief:
»Ach, lieber Herr, können Sie mir nicht sagen, wer die junge, schöne Dame da vorn war?«
»Meine Herrschaft, die Frau Gräfin Helene mit dem Herrn Grafen Rottack,« sagte der Mann und ging weiter; und der Alte blieb kopfschüttelnd in seiner Stellung und schnitt sogar ganz in Gedanken dem Hund die Überreste seines Mahles entzwei, das ihm dieser, ohne daß er es bemerkte, aus den Fingern herausnahm.
Rechts vom Schlosse und kaum hundert Schritt davon entfernt erhob sich ein kleiner Hügel, auf dem in früheren Jahrhunderten ein alter, wie die Sage ging, noch von den Römern gebauter Wartthurm stand. Der Platz war jetzt mit zur Anlage gezogen, der alte Thurm aber mit seinen unverwüstlichen Quadern im Eingange mit nicht geringer Schwierigkeit erweitert und zu einer Aussicht über das darunter hinlaufende Thal benutzt worden.
Es gab auch kaum einen Punkt in der ganzen Nachbarschaft, von dem man einen freundlicheren Blick über das drunten ausgebreitete Haßburg mit seinen Gärten und Anlagen und die dahinter weitgedehnten und meist bepflanzten und bebauten Hänge gehabt hätte.
Um den alten viereckigen Thurm herum lief eine kleine, niedere und mit Epheu dicht bewachsene Ringmauer, und selbst von hier aus waren Einschnitte durch die aus dem Bergabhang stehenden Bäume gemacht und die Zweige derselben künstlich so verschnitten worden, daß man wie durch einzelne Medaillons einen Blick hinaus in's Freie gewann. Immer aber blieb die Ringmauer zu hoch von Bäumen umgeben, um von hier unten aus eine freie Aussicht zu gewähren, und der Platz, so reizend er an sich sein mochte, wurde deshalb auch nur wenig benutzt. Höchstens dinirte die Herrschaft manchmal, besonders an recht heißen Sommertagen, hier, und hatte man Gäste, so wurde vielleicht der Kaffee dort eingenommen. Sonst kam nur der Gärtner hin, der ihn in Ordnung hielt und manchmal vielleicht die Aloepflanzen begoß, welche in den großen, aus Stein gehauenen, vasenartigen Töpfen auf der Ringmauer standen.
Aber Paula besuchte den Platz zuweilen ebenfalls, und auch heute wieder allein. Seit gestern wenigstens hatte sie mehr Freiheit bekommen. Der Vater mußte mit der alten, häßlichen Französin gesprochen und ihr etwas Unangenehmes gesagt haben; denn sie stichelte ein paar Mal darauf und vernachlässigte seit der Zeit besonders ihren Zögling auffallend; Paula athmete zum ersten Mal auf.
Sie kam allein den schmalen Weg herauf; aber für einen Spaziergang ging sie fast zu rasch, und oben an dem Thurm blieb sie plötzlich stehen und sah und horchte den Pfad zurück, ob ihr auch Niemand folge. Aber der alte Thurm lag so einsam wie je, und um dessen Mauern herumgleitend, trat sie zur dritten Aloevase an der Mauer, bog sich hinüber, fühlte vorsichtig mit der Hand und zog gleich darauf ein kleines, rosafarbenes, zusammengefaltetes Papier heraus, das sie zuerst an ihre Lippen drückte und dann, wieder mit einem scheuen Blick über die Schulter, öffnete.
Es enthielt weder Adresse noch Unterschrift, und nur die wenigen Zeilen:
»Mein Herz! Ich muß Dich heut Abend zwischen neun und zehn Uhr, und wenn es selbst noch später sein sollte, sprechen. Eine furchtbare Kunde ist zu meinem Ohr gelangt, die mich zum Denken unfähig macht. Ich muß Leben oder Tod von Deinen Lippen empfangen. Wann Du auch kommst, von neun Uhr an harr' ich Dein.
Ewig der Deine.«
»Also er weiß es,« sagte Paula, wie sie nur mit flüchtigen Blicken die Zeilen verschlungen hatte; »oh, mein Gott, was soll ich thun – armer, armer Rudolph – arme, arme Paula!«
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