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Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman. Viola MaybachЧитать онлайн книгу.

Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman - Viola Maybach


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und das tut mir auch leid. Aber …« Er hatte das Folgende eigentlich gar nicht sagen wollen, aber es schien ihm die passende Lüge zu sein, um seine Worte zu untermauern. »Aber seit ich Amelie getroffen habe, ist alles anders. Jetzt weiß ich erst, was Liebe ist. Ich war ziemlich dumm. Entschuldige, dass ich dich so lange belästigt habe, Biene.«

      Ihr Blick war ungläubig, aber er las noch etwas anderes darin. Etwas, das er kaum glauben konnte, aber er war sicher, dass er sich nicht irrte: Ihr gefiel die Vorstellung nicht, dass er in eine andere Frau verliebt war.

      »Schon gut«, sagte sie jetzt. »Dann ist ja alles klar von jetzt an.«

      »Aber ja!«, erwiderte er mit gespielter Fröhlichkeit. »Bis demnächst mal wieder!« Er wartete nicht auf ihre Reaktion, sondern setzte seinen Weg nach einem letzten Kopfnicken fort, wobei er sich zwang, leise zu pfeifen – so wie man es eben tat, wenn man glücklich und mit sich und der Welt im Reinen war.

      Er wusste es so sicher, als hätte er sich umgedreht und sich mit eigenen Augen davon überzeugt, dass sie ihm nachsah – ungläubig und keinesfalls glücklich darüber, dass sich ein Problem für sie erledigt hatte.

      Ich bin ihr auf die Nerven gegangen, weil ich ihr hinterhergelaufen bin, dachte Robert. Aber jetzt, wo ich das nicht mehr tue, sieht sie mich plötzlich mit anderen Augen. Das ist ja wirklich hochinteressant!

      Er pfiff ein wenig lauter und sah auf seinem weiteren Weg in lauter lächelnde Gesichter.

      *

      Als es klingelte, humpelte Albertina zur Tür. Mit den Krücken kam sie mittlerweile gut klar, auch der Fuß bereitete ihr, so lange sie nicht auftrat, keine Probleme mehr. Sie hatte ihn gleich nach dem Frühstück wieder hoch gelagert, eine weitere Schmerztablette hatte sie bisher nicht gebraucht. Aber natürlich fragte sie sich, wie es am nächs-ten Tag auf der Baustelle sein würde.

      »Hallo, Albert!«, sagte Kurt. »Darf ich reinkommen?«

      Sie nickte. Ihr war klar gewesen, dass er sich im Laufe des Sonntags bei ihr blicken lassen würde, und so hatte sie Vorsorge getroffen und ein paar Bilder und Skulpturen in ihrem Schlafzimmer verschwinden lassen. Was sich Kurts interessierten Blicken bot, war eine ziemlich spartanisch eingerichtete Wohnung mit mehr oder weniger kahlen Wänden. Hier und da hatte sie einen billigen Kalender oder ein Foto aufgehängt.

      »Du könntest ein paar Pflanzen und Poster an den Wänden gebrauchen«, stellte er fest, nachdem er sich vorsichtig in einem ihrer Sessel niedergelassen hatte. Albertina selbst bettete sich wieder aufs Sofa.

      »Ich kann mit Pflanzen nicht viel anfangen«, wehrte sie ab, »die gehen bei mir alle ein. Und die Wände habe ich gern so, mich beruhigt das.«

      »Mir wäre das zu kahl«, gestand Kurt. »Wieso hast du so wenig Möbel?«

      »Mehr brauche ich nicht.«

      »Ich kann nicht lange bleiben, meine Frau wartet unten im Wagen – wir haben dir dein Auto hergebracht.« Er legte die Autoschlüssel von Albertinas verbeultem Kleinwagen auf den Tisch.

      »Wieso ist deine Frau nicht mit raufgekommen?«

      »Sie wollte nicht aufdringlich sein. Außerdem hat sie unseren Jüngsten dabei, den stillt sie gerade. Das ist schon in Ordnung so. Kommst du klar?«

      »Gut, muss ich sagen. Der Fuß schmerzt kaum noch, ich kann nur immer noch nicht auftreten.«

      »Dann lass dich krankschreiben«, riet Kurt. »Und melde es der Versicherung, das ist ja ein Arbeitsunfall gewesen. Ich habe schon mit unserem Neuen geredet und ihm ordentlich die Meinung gesagt. Er hat das gleich zugegeben mit der Holzbohle – wäre ja auch kein anderer so blöd gewesen, sie so hinzustellen.«

      »Ich wollte eigentlich morgen kommen«, murmelte Albertina.

      »Nur über meine Leiche«, erklärte Kurt kategorisch. »Tu, was dieser Notarzt dir gesagt hat – was sind schon drei Tage? Wenn danach das Schlimmste vorüber ist, bist du doch glimpflich davongekommen.«

      »Aber wir haben so viel zu tun, Kurt! Und uns fehlen sowieso schon Leute! Wie wollt ihr das denn noch ausgleichen, wenn ich jetzt auch noch ausfalle?«

      »Das lass mal schön unsere Sorge sein.« Kurt griff in eine Tasche, die er neben sich auf den Boden gestellt hatte. »Hier, ein bisschen Eintopf, damit du nicht kochen musst. Hat meine Frau gemacht, schmeckt echt lecker!«

      »Kurt, das ist …«

      Er hob abwehrend beide Hände. »Kannst dich bei Gelegenheit mal bei ihr bedanken, aber es war ihre eigene Idee. Sie meinte, ich sollte dich mitnehmen jetzt, aber ich habe ihr gesagt, dass ich dann schon Gewalt anwenden müsste, weil du auf keinen Fall freiwillig mitkämst.«

      »Da hast du Recht«, bestätigte Albertina. »Danke für alles, Kurt. Grüß deine Frau von mir – und ich überlege mir das mit der Krankschreibung, jedenfalls für morgen.«

      Er stand auf. »Ich bringe den Eintopf in die Küche«, sagte er. »Und morgen komme ich wieder vorbei.«

      Als er zurückkehrte, sagte er: »Ist eigentlich eine schöne Wohnung, die du da hast – wenn du sie dir ein bisschen gemütlicher eingerichtet hättest, könnte man sich hier richtig wohlfühlen. Bis morgen dann, Albert. He, bleib bloß liegen, ich finde die Wohnungstür allein!«

      »Danke, Kurt!«

      Sie fühlte sich erschöpft, als er gegangen war. Erschöpft und seltsam gerührt. Sie kannte Kurt erst seit einem Jahr, dennoch fühlte er sich bereits für sie verantwortlich – und seine Frau gab ihm Eintopf für sie mit.

      Plötzlich schossen ihr Tränen in die Augen, sie wusste selbst nicht, warum. Sie weinte selten, es gab auch nicht allzu viel Anlass dazu. Jetzt aber flossen die Tränen reichlich, und sie entdeckte erstaunt, wie gut es ihr tat, ihnen freien Lauf zu lassen.

      *

      Carl hatte in den Tagen nach dem Besuch bei seinen Eltern sehr viel zu tun, und so vergaß er Albertina von Braun erst einmal. Er verwaltete die Finanzen der Familie und benötigte dafür ein Büro mit mehreren Angestellten. Die Grafen zu Kallwitz hatten ihre Besitztümer und Firmenbeteiligungen weit verstreut, da war es nur gut, dass Carl eine Banklehre und später noch ein Betriebswirtschaftsstudium absolviert hatte.

      Es war bereits Mittwoch, als ihm die junge Ingenieurin wieder einfiel, von der seine Eltern so begeis-tert gewesen waren. Hätte sich nur seine Mutter positiv über Albertina von Braun geäußert, wäre er vermutlich darüber hinweggegangen, denn bei ihr war der Wunsch nach einer Schwiegertochter und Enkelkindern mittlerweile so groß geworden, dass er ihr Urteilsvermögen gelegentlich trübte. Doch auch sein Vater war beeindruckt gewesen, und das hieß schon etwas.

      Er betrachtete sinnend seinen Terminkalender und stellte fest, dass er am Donnerstag in seiner Mittagspause ganz gut einen Abstecher zur Baustelle machen konnte. Es würde nicht schwer sein, sich dort Zutritt zu verschaffen – er kannte einen Politiker, der den Bau der Brücke entschieden vorangetrieben hatte. Das entsprechende Telefonat erledigte er selbst und bat dabei, inkognito bleiben zu dürfen, wenn er sich umsah. »Rein privates Interesse«, beteuerte er, als der Politiker sich besorgt erkundigte, ob es Ungereimtheiten ge-

      be, denen Carl nachzugehen wünsche.

      Am Donnerstagmittag machte er sich rechtzeitig auf den Weg und traf an der Baustelle ein, als dort noch gearbeitet wurde. Das war ihm recht. Er bekam einen Helm und einen Besucherausweis, sowie einige Anweisungen, wo er sich aufhalten konnte und wo nicht. Dann durfte er herumlaufen, ohne eine Begleitperson neben sich.

      Es war eine riesige Baustelle, und obwohl Albertina von Braun vermutlich die einzige Frau weit und breit war, hatte er Probleme, sie ausfindig zu machen, da Arbeitskleidung und Helme alle ähnlich aussehen ließen. Er fand sie durch Zufall: Sie rief einem Kollegen etwas zu, und ihre Stimme war unverkennbar weiblich. Breitbeinig stand sie neben einem blonden Riesen. Als sie ein paar Schritte ging, merkte er, dass sie ein wenig hinkte, als bereitete ihr das Laufen Probleme. Es fiel ihm schwer, sich vorzustellen, wie sie mit seinen Eltern an einer elegant gedeckten Tafel saß und sich höflich mit ihren Tischnachbarn


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