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Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman. Viola MaybachЧитать онлайн книгу.

Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman - Viola Maybach


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eine Bohle auf den Fuß gefallen ist, aber dazu bin ich gar nicht mehr gekommen.«

      »Ich bin Ingenieurin.«

      Da sie die Frage in seinen Augen las, erklärte sie ihm auch noch, wo sie arbeitete und warum sie nun auf einmal mehr Zeit hatte, als ihr lieb war.

      »Interessant«, meinte Dr. Bert-ram. »Wenn Sie mich fragen: Der minderwertige Beton ist das Beste, was Ihrem Fuß passieren konnte. Werden Sie mir versprechen, jetzt auf mich zu hören?«

      »Ja«, antwortete Albertina. »Sie wissen doch, Herr Doktor: Durch Schaden wird man klug.«

      Er musste lachen, und sie stellte erstaunt fest, dass er mit einem Mal ausgesprochen nett aussah. »Ich dachte, Sie wären ein richtiger Miesepeter«, gestand sie. »Aber vielleicht war ich ein bisschen voreilig mit meinem Urteil. Jetzt kommen Sie mir ganz nett vor.«

      »Danke für die Blumen«, bemerkte er trocken, aber seine Augen lächelten dabei. »Bestimmt sind Sie selbst hergefahren, oder?«

      Sie nickte. »Ist das schlimm?«

      »Ja, ist es. Lassen Sie das Auto-fahren sein in den nächsten Tagen. Fahren Sie von mir aus noch nach Hause, aber dann bleibt das Auto bitte stehen!« Er gab ihr noch eine ganze Reihe von Verhaltensmaßregeln, und sie versprach, sich daran zu halten.

      Er blickte so skeptisch, dass sie schließlich beteuerte: »Ich tue alles, was Sie sagen, ehrlich! Ich will endlich wieder schmerzfrei sein und keinen Fuß, der bei der ge-ringsten Belastung anschwillt wie ein Ballon.«

      »Dann behandeln Sie ihn gefälligst gut!«

      Mit diesen Worten entließ Dr. Bertram sie, gab ihr aber einen Termin für eine weitere Untersuchung. Seufzend versprach sie, ihn einzuhalten.

      Sie fuhr langsam und vorsichtig zurück, humpelte dann zum Einkaufen und war schließlich froh, sich in ihrer Wohnung wieder hinlegen zu können. Manchmal war ihre Dickköpfigkeit eindeutig ein Nachteil. Sie hatte sich schon als Kind schwer getan, wenn sie die Anweisungen anderer befolgen sollte. Es gab Geschichten in ihrer Familie, die heute noch erzählt wurden – sie alle handelten davon, dass Albertina immer und überall ihren Kopf hatte durchsetzen wollen.

      Später rief ihre Mutter an, völlig aufgelöst. »Was ist das für ein Skandal bei eurer Brücke?«

      Albertina erzählte, was sie bisher wusste und setzte dann hinzu: »Wir machen jetzt praktisch eine Zwangspause.« Ihren Fuß erwähnte sie selbstverständlich nicht.

      »Wunderbar, dann komm doch zu uns!«

      »Tut mir leid, Mama, aber ich möchte gern einfach ein paar Tage lang meine Ruhe haben. Außerdem gibt es eine Menge Papierkram, den ich erledigen muss – ich bin froh, dass ich endlich die Zeit dazu finde.«

      »Schade, es wäre schön gewesen, dich mal wieder etwas länger hier zu haben. Wirst du uns denn nach Sternberg begleiten am nächsten Wochenende? Da findet ein Konzert statt …«

      Albertina überdachte ihre Situation. Bis dahin würde ihr Fuß wieder in Ordnung sein, wenn sie keine Dummheiten machte – zumindest hatte Dr. Bertram ihr das versprochen. Und sie wusste, dass ihre Eltern über eine Zusage glücklich wären. Kurz entschlossen sagte sie zu. Eliane von Braun reagierte wie erwartet hocherfreut.

      Danach sank Albertina wieder in ihre liegende Position, griff nach der Fernbedienung und suchte nach einem Liebesfilm.

      Doch bald darauf wurde sie ein weiteres Mal gestört: Kurt stand vor ihrer Tür. Sie war heilfroh, dass sie ihre Bilder noch nicht wieder aufgehängt hatte und die Skulpturen noch immer in ihrem Schlafzimmer standen.

      »Was macht dein Fuß?«, erkundigte er sich.

      »Ich war noch mal in der Ambulanz vorhin. Dr. Bertram war ziemlich sauer auf mich. Ab jetzt höre ich auf ihn. Und da wir sowieso nicht arbeiten …«

      Kurt grinste. »Schöner Zufall, nicht?« Er wurde schnell wieder ernst. »Für dich ist das gut, aber insgesamt ist es natürlich eine Katastrophe. Den Zeitplan können wir damit vergessen – und wenn es in diesem Jahr früh kalt wird …«

      »Jetzt mal den Teufel nicht an die Wand, Kurt«, bat sie. »Ich glaube nicht, dass die Baustelle lange geschlossen bleibt, das kann sich doch niemand leisten.«

      »Die suchen denjenigen, der diesen Beton bestellt hat – die Vermutung ist nämlich, dass da jemand von unserer Seite die Finger drin hatte. Und bevor das nicht geklärt ist, geht gar nichts weiter.« Er starrte auf seine Fußspitzen. »So ein Mist«, brummte er. »Bei uns ist es immer ziemlich knapp, meine Frau kann ja wegen des Babys nicht arbeiten zurzeit, und das Geld fehlt uns. Du weißt ja, die zahlen zwar den Grundlohn weiter, aber das war’s dann auch schon.«

      Sie schämte sich plötzlich, dass sie ihm noch immer eine Komödie vorspielte – er wusste nichts über ihren Hintergrund, und sie tat alles, um ihn weiterhin hinters Licht zu führen. Dabei war er längst ein Freund geworden, begriff sie mit plötzlicher Klarheit. Sie waren nicht nur Kollegen. Außerhalb der Baustelle gab es vermutlich keine Gemeinsamkeiten zwischen ihnen, aber er war trotzdem ein Freund. »Ich habe dich angelogen«, sagte sie, ohne lange nachzudenken. »Dich und die anderen auch.«

      »Angelogen?« Er sah sie entgeis-tert an. Dann wurde er blass. »Willst du etwa sagen, dass du mit dieser Betongeschichte was zu tun hast, Albert? Hast du dich auf krumme Geschichten eingelassen, um etwas Geld nebenher zu verdienen?«

      Dieser Gedanke war so absurd, dass sie beinahe gelacht hätte, sie unterdrückte dieses Bedürfnis jedoch. »Natürlich nicht!«, antwortete sie. »Ich muss kein Geld nebenher verdienen, Kurt, ich habe Geld genug. Das habe ich für mich behalten, weil ich es dann noch schwerer gehabt hätte bei euch – ich meine, bis ihr mich endlich akzeptiert hättet.«

      »Du hast Geld genug?«, fragte er misstrauisch. »Was willst du denn damit sagen?«

      Sie holte tief Luft und erzählte ihm, dass sie einer vermögenden Adelsfamilie entstammte, dass ihr Name nicht »Braun« sondern »von Braun« war, und sie gestand ihm sogar, dass sie ihre Wohnung ein wenig »umdekoriert« hatte für ihn. Nach ihrem Geständnis wartete sie atemlos auf seine Reaktion.

      Die ließ so lange auf sich warten, dass sie nervös wurde. »Bitte, Kurt, ich weiß, es war nicht nett, aber ich möchte, dass wir weiterhin Freunde sind! Ich war unsicher, verstehst du? Und … Ach, Mist, ich hätte es dir viel früher sagen sollen.«

      Mit allem hatte sie gerechnet, aber nicht damit, dass er nach einer halben Minute der Fassungslosigkeit in schallendes Gelächter ausbrechen würde. So heftig lachte er, dass ihm Tränen über die Wangen liefen.

      »Was ist denn an dem, was ich gesagt habe, so komisch?«, erkundigte sie sich, als er sich ein wenig beruhigt hatte. Sie wusste nicht, ob sie über seine Reaktion beleidigt oder erleichtert sein sollte.

      »Entschuldige, Albert, ich habe nicht über dich gelacht, sondern über die Situation: Wenn die Jungs das wüssten …«

      »Bloß nicht!«, rief Albertina erschrocken. »Versprich mir, dass du das für dich behältst.«

      Er nickte. »Wenn du nicht da-

      rüber reden willst, werde ich nichts sagen, das ist doch klar. Aber ich denke nicht, dass du noch Schwierigkeiten zu befürchten hättest. Du bist akzeptiert, daran wird sich nichts mehr ändern.«

      »Kann sein, ja«, murmelte sie. »Aber es ist immer schwer, eine Lüge zurückzunehmen, wenn sie erst einmal in der Welt ist.«

      »Direkt gelogen hast du doch gar nicht.«

      »Na ja, schon irgendwie. Ich bin froh, dass du nicht böse auf mich bist, Kurt.«

      »Kann ich es meiner Frau sagen?«

      »Ja, natürlich. Wir sollten uns einfach mal zu dritt treffen, was hältst du davon?«

      »Gern, sie ist sowieso neugierig auf dich – und manchmal auch ein bisschen eifersüchtig, weil sie von meiner Arbeit nichts versteht und da nicht mitreden kann.« Er beugte sich vor. »Eine Bitte hätte


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