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Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman. Viola MaybachЧитать онлайн книгу.

Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman - Viola Maybach


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fiel wieder ein, wie gut er immer mit Anna und Christian ausgekommen war – und dass die beiden schon einige Geheimnisse aufgedeckt hatten, ohne ihr Wissen jemals für eigene Zwecke auszunutzen. »Ja«, antwortete er daher, »ich habe sie schon einmal gesehen. Das glaube ich zumindest.«

      »Wo denn?«

      Carl seufzte. Am liebsten hätte er mit seinem Freund Robert über diese ganze verflixte Angelegenheit gesprochen – und zwar persönlich, nicht am Telefon. Aber Robert war nicht hier. Was sprach also dagegen, dieses Gespräch mit Anna und dem kleinen Fürsten zu führen, da sein Freund ihm nicht zur Verfügung stand?

      »Auf der Baustelle«, sagte er, »und das kam so …«

      Um sie herum leerte sich der Schlosspark ziemlich schnell, eine lange Reihe von Limousinen fuhr die Auffahrt hinunter. Anna und Christian lauschten aufmerksam, während Carl ihnen von dem Eindruck erzählte, den er auf der Baustelle von Albertina gewonnen hatte.

      »Versteht ihr?«, fragte er schließlich. »Meine Eltern waren so be-geistert von ihr, dass ich dachte: Ich kann ja mal gucken. Und dann höre ich sie fluchen und … ich glaube, ausgespuckt hat sie auch noch.« Er musste bei der Erinnerung lachen. »Sehen konnte ich sie kaum, weil sie einen Helm trug, aber allein ihr Verhalten war für mich Anlass genug, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Ich habe von diesem Besuch niemandem etwas erzählt, auch meinen Eltern nicht.«

      »Und jetzt?«, fragte Anna.

      »Na ja, Anna, jetzt sieht die Sache mit einem Mal völlig anders aus«, erwiderte Carl. »Da ich euch sowieso schon einen tiefen Einblick in mein Inneres gewährt habe: Ich bin völlig hingerissen von ihr – ich meine, von ihr, wie sie jetzt ist.«

      »Und was willst du machen?«

      »Eigentlich wollte ich noch einmal auf die Baustelle fahren, es könnte ja sein, dass ausgerechnet an dem Tag eine andere Frau dort war …«

      »Das glaubst du doch nicht im Ernst, oder?«, fragte der kleine Fürst.

      »Nein, eigentlich nicht«, gab Carl zu. »Ihr kennt sie auch nicht besser als ich, oder?«

      »Wir haben sie heute kennengelernt, genau wie du«, erklärte Anna. »Sag ihr doch, dass du sie toll findest – dann wirst du schon sehen, wie sie reagiert.«

      »Ich weiß nicht recht, Anna. Wenn du sie auf der Baustelle erlebt hättest, wüsstest du, warum ich zögere. So gut sie mir jetzt gefällt – ich hätte Probleme damit, eine Frau oder Freundin zu haben, die flucht wie ein Fuhrknecht und sich auch sonst so benimmt.«

      »Hier tut sie das aber nicht«, wandte Christian ein.

      »Nein, hier nicht. Aber sie hat ja offenbar noch ein zweites Leben. Ich muss in Ruhe darüber nachdenken.«

      »Wir könnten herausfinden, ob sie einen Freund hat«, schlug Anna vor. »Und wenn sie keinen hat: ob sie vielleicht einen sucht.«

      »Ich habe natürlich keine Ahnung, Anna, trotzdem glaube ich sicher zu wissen, was ihr herausfinden werdet.«

      »Was denn?«

      »Sie hat keinen Freund, und sie sucht auch keinen. Sie liebt ihren Beruf und ist froh, dass sie ihn ausüben kann.«

      »Könnte sein«, gab Anna zu. »Aber sie kann sich trotzdem in dich verlieben.«

      »Und wie soll ich es anstellen, damit das passiert?«

      »Auf keinen Fall darfst du sie drängen«, erklärte Anna und wirkte dabei wie eine weise alte Frau.

      Carl seufzte. »Ich bin ja nicht einmal sicher, ob ich mir überhaupt wünschen soll, ihr näherzukommen, Anna. Wie schon gesagt: Eine Frau mit zwei Gesichtern entspricht nicht meinem Traumbild.«

      Christian wollte etwas entgegnen, doch die Baronin kam mit schnellen Schritten näher und rief: »Wo bleibt ihr denn? Wir sitzen in der Bibliothek und lassen den Abend ausklingen. Wollt ihr euch uns nicht anschließen?«

      »Natürlich, Sofia!«, sagte Carl und setzte leiser hinzu: »Wir reden morgen weiter, ja? Bis dahin kann ich dann ja noch ein bisschen nachdenken über diese seltsame Geschichte.«

      Sie folgten also der Baronin ins Schloss. Der erste Mensch, auf den Carls Blick fiel, als er die Bibliothek betrat, war Albertina. Er lächelte ihr zu und hoffte, dass man ihm nicht ansah, was er dabei dachte.

      Sie erwiderte sein Lächeln flüchtig, dann wandte sie sich dem neben ihr sitzenden Baron Friedrich zu, ohne Carl eines weiteren Blickes zu würdigen.

      *

      »Caroline, ich hoffe, das ist dir eine Lehre«, sagte Graf Ernst zu Kallwitz, als er sich zu später Stunde mit seiner Frau in die Gäste-

      suite zurückgezogen hatte, die sie auf Sternberg bewohnten. »Albertina hat nicht das geringste Interesse an Carl gezeigt, ich hoffe, das ist selbst dir aufgefallen.«

      Sie nickte niedergeschlagen. »Ich verstehe das aber nicht, er kann doch sonst über mangelnden Erfolg bei Frauen nicht klagen, Ernst! Sie hat ihn ja nicht einmal angesehen, und ich glaube, gesprochen haben sie überhaupt nicht miteinander.«

      »Nein, haben sie nicht«, bestätigte der Graf. »Aber mit allen anderen hat sie gesprochen – und zwar auf die charmante Art, die uns neulich so für sie eingenommen hat.«

      Caroline zu Kallwitz nickte. »Aber ich verstehe es nicht!«, wiederholte sie.

      »Ob du es verstehst oder nicht, spielt leider keine Rolle. Sei bitte so gut, diese Sache jetzt auf sich beruhen zu lassen. In Liebesangelegenheiten anderer Menschen sollte man sich nicht einmischen, das ist meine feste Überzeugung – nicht einmal, wenn sie den eigenen Sohn betreffen.«

      »Aber er scheint durchaus Interesse an ihr zu haben, Ernst!«

      »Was hilft ihm das, wenn dieses Interesse nicht erwidert wird? Bitte, Caro …«

      »Ist ja schon gut«, seufzte sie. »Der heutige Abend hat mich entmutigt, du hättest mir gar nicht mehr ins Gewissen reden müssen, schließlich bin ich nicht blind. Dabei ist sie nicht gebunden, das weiß ich ganz sicher.«

      »Caroline!«

      »Ich habe ganz beiläufig danach gefragt, Ernst!«, beteuerte die Gräfin. »Wirklich, es war ganz unauffällig. Aber ihr Verhalten heute Abend war eindeutig, das sehe ich ein.«

      »Na, also«, erwiderte Ernst erleichtert. »Dann lass uns bitte nicht länger darüber sprechen.«

      Sie nickte stumm.

      Er umarmte sie und gab ihr einen Kuss. Es tat ihm leid, dass sie so enttäuscht war, und auch er hätte ja gegen eine Verbindung zwischen Albertina und Carl nichts einzuwenden gehabt – doch erzwingen ließ sie sich natürlich nicht. »Ich gehe jetzt schlafen, kommst du auch?«

      »Geh nur schon vor«, bat sie, »ich möchte noch einen Moment hier sitzen bleiben.«

      Graf Ernst legte sich an diesem Abend in dem irrigen Glauben ins Bett, das Thema »Albertina und Carl« sei ein für alle Mal erledigt.

      *

      »Ich muss mit dir reden«, sagte Robert, nachdem Carl sich gemeldet hatte. »Störe ich?«

      »Überhaupt nicht, ich bin froh, dass du anrufst. Was ist denn passiert?«

      »Sabine war bei mir und hat mir eine Liebeserklärung gemacht. Was sagst du nun?«

      Carl war dankbar dafür, von seinen Gedanken an Albertina abgelenkt zu werden. »Ich bin platt!«, behauptete er, obwohl er sich etwas in der Art ja schon gedacht hatte. »Erzähl!«

      Die Geschichte sprudelte nur so aus Robert heraus, und Carl kam schließlich zu dem gleichen Ergebnis wie sein Freund: »Du hast dazu gelernt!«, stellte er fest. »Nun verfall bloß nicht wieder in den alten Fehler und wirf dich ihr zu Füßen – bildlich gesprochen.«

      »Das Bedürfnis habe ich gar nicht«, erklärte Robert. »Ich weiß selbst nicht mehr, warum ich ihr gegenüber immer so unsicher und ohne Selbstbewusstsein


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