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Schopenhauer. Kuno FischerЧитать онлайн книгу.

Schopenhauer - Kuno  Fischer


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gewährt hat. Adele Schopenhauer stand zwischen der Mutter und dem Bruder, dem sie mit zärtlicher Liebe zugetan, auch in mancher Hinsicht geistesverwandt war, aber ihre Lebensanschauungen liefen einander zuwider. Dass man von ihm als einem Gottes- und Menschenverächter sprach, empfand sie höchst schmerzlich; sie teilte weder seine unpatriotische Gesinnung, denn sie liebte ihr Vaterland, noch weniger seinen Unglauben und seine Misanthropie, obwohl sie über manche Scheinwerte der kirchlichen Religion und des geselligen Weltverkehrs keineswegs verblendet war. Wenn sie sein Werk las und auf Stellen traf, die ihren Gefühlen und Ansichten völlig widerstritten, so legte sie das Buch weg, »aus Feigheit«, wie sie ihm schrieb, denn sie scheue den Schmerz der Verschiedenheit. Voller Freude teilte sie ihm mit, dass Goethe sein Buch lese und lobe, dass er es eifrig und gründlich lesen wolle, auch gewisse Stellen, die ihm besonders Wohlgefallen, angestrichen habe;153 neuerdings aber sei er unterbrochen und auf das Gebiet der Politik abgelenkt worden, denn die Ermordung Kotzebues habe ihn bis ins Innerste erschreckt und empört. Adele Schopenhauer war, wie schon erwähnt, im Goethe’schen Hause einheimisch und Ottilie von Goethe, die Tochter und Frau des Hauses, ihre geliebteste Freundin.

      Nun drängte sich die Danziger Katastrophe zwischen die Geschwister. Adele bemühte sich vergeblich, den Bruder zur Nachgiebigkeit zu bewegen; er beharrte auf seinem Entschluss, und der Erfolg hat ihm Recht gegeben, aber ihre Bitten hatten zuletzt seinen Argwohn erregt und ihn glauben machen, dass man ihr aus Ländereien, die nicht zur Konkursmasse gehörten, größere Deckungen versprochen habe, wenn sie dazu helfe, den Vergleich zu Stande zu bringen; er hat diesen Verdacht nicht bloß gehegt, sondern auch merken lassen und dadurch die Gefühle der Schwester schwer verletzt. Ihr Brief vom 22. November 1819 schloss mit den Worten: »Ich bin so wund, gedrückt und habe so verschiedene schmerzliche Losreißungen mit mir selbst in der Stille abzumachen, dass ich nichts weiter ertragen kann. Argwohn hat noch nie zu dem gehört, was ich erduldet; auch die leiseste Andeutung tritt scheidend zwischen uns. Ich habe Deine Festigkeit, aber auch Deinen Stolz, das vergiss nicht.« Er muss in seiner Antwort von dem drohenden Vermögensverlust wohl in Ausdrücken der Verzweiflung gesprochen haben, denn sie schließt ihren nächsten Brief (den 9. Dezember 1819) mit den Worten: »Endlich bleibt noch zu bemerken, dass ich als Mann mich nicht einmal vom Stuhl, viel weniger von einer Brücke stürzte, weil ich kein Geld hätte. Adio, es gehe dir gut, besser als mir!«

      Die Jugendgeschichte Schopenhauers endet mit seinen Familienzerwürfnissen: im Beginn ihres letzten Abschnittes war der Bruch mit der Mutter erfolgt, am Schluss desselben erfolgte der Bruch mit der Schwester. Das waren keine guten Vorzeichen für die nächste Lebensperiode, nach deren Ablauf es wieder zu einigen Annäherungen kam, die von ihm ausgingen.

      Viertes Kapitel

      Die Berliner Periode und die letzten Wanderjahre (1820 – 1831)

      1. Die Habilitation und die Vorlesungen

      Von der Unstetigkeit des ererbten Geldbesitzes zu augenscheinlich überzeugt, suchte Schopenhauer gleich nach seiner Heimkehr sich eine erwerbsfähige Laufbahn zu gründen, die natürlich keine andere als die der akademischen Lehrtätigkeit sein konnte. Über den Ort der Habilitation erbat er sich von Blumenbach in Göttingen und von Lichtenstein in Berlin briefliche Ratschläge und wählte, nachdem er sie empfangen hatte, Berlin, wo Hegel seit dem Herbst 1818 mit großem Erfolge lehrte, und durch Solgers kürzlich erfolgten Tod eine Professur der Philosophie erledigt war.

      In einem an die philosophische Fakultät gerichteten Schreiben, das er in Dresden am letzten Tag des Jahres 1819 abgefasst hatte, bewarb er sich um die venia legendi; unter Böckhs Dekanat hat er vor versammelter Fakultät den 23. März 1820 seine Probevorlesung in deutscher Sprache über die vier Arten des Grundes gehalten und in dem nachfolgenden Kolloquium mit Hegel disputiert, wobei dieser (nach einer mündlichen und späteren Überlieferung Schopenhauers) sich eine Blöße gegeben haben soll, indem er die »animalischen« Funktionen und Ursachen von den »organischen« nicht richtig zu unterscheiden gewusst habe. In seiner lateinischen Rede (declamatio in laudem philosophiae adversus fastidia temporis), die als öffentlicher Akt den Lehrvorträgen voranging, brauchte er zur Bezeichnung der berühmten nachkantischen Philosophen den Ausdruck »Sophisten«.154

      Vierundzwanzig Semester hindurch hat Schopenhauer der Berliner Universität als Privatdozent der Philosophie dem Namen nach angehört, aber nur während eines einzigen Semesters gelesen. Im Frühjahr 1820 begann seine Lehrtätigkeit: er las »über die gesamte Philosophie oder die Lehre vom Wesen der Welt und vom menschlichen Geist«, sechsmal wöchentlich in der Stunde von 4 – 5 und schloss noch vor dem Ende des Semesters.155 In den beiden folgenden Semestern wurde dieselbe Vorlesung fünfstündig angekündigt, aber sie kam nicht zustande; ebenso ging es im Winter (1820/21) mit der zweistündigen Vorlesung über die Erkenntnislehre. Für das Sommersemester 1822 hatte er wieder die sechsstündige Vorlesung über die gesamte Philosophie angekündigt, aber nun fehlten nicht bloß die Zuhörer, sondern auch der Dozent, der seit dem 27. Mai 1822 auf Reisen war. Während der nächsten acht Semester (vom Winter 1822/23 bis Sommer 1826) fehlt sein Name in den Lektionsverzeichnissen. Während der folgenden acht Semester (vom Winter 1826/27 bis Winter 1831/32) hat er zwar Vorlesungen angezeigt, aber keine gehalten. Zu der Wintervorlesung 1826/27 hatten sich drei Mediziner gemeldet. Auf dem Anmeldungsbogen für die Wintervorlesung 1828/29 stehen fünf Namen: außer dem bekannten Hofrat Dorow ein Wechselmakler, ein Zahnarzt, ein Stallmeister und ein Hauptmann.156 Die angekündigte Stunde (12 – 1) war dieselbe, in welcher Hegel vor einer großen Zuhörerschaft las, die mit jedem Semester an Zahl und Eifer zunahm.

      Warum er mit seiner Lehrtätigkeit ein so augenfälliges und selbstverschuldetes Fiasko gemacht hat, ist eine wohl aufzuwerfende Frage. Ich suche den Grund weder in der Wahl der Stunde noch in dem privaten Charakter der Vorlesung, am wenigsten in einem persönlichen Mangel an Lehrgabe, sondern hauptsächlich darin, dass er nicht über die herkömmlichen Fächer der Philosophie lesen, sondern sein eignes System vortragen wollte, soweit dasselbe ausgebildet und festgestellt war. Aus der Art der Ankündigung, wie aus den nachgelassenen Aufzeichnungen der Vorträge erhellt, dass er sein Werk zum Leitfaden derselben nahm. Nun aber war »Die Welt als Wille und Vorstellung« lange nicht so groß als ein Semester, wenn nämlich ein ganzes Semester hindurch fünf oder gar sechs Stunden wöchentlich darüber gelesen werden soll. Ich möchte glauben, dass Schopenhauer mit seinem Lehrstoff früher fertig war als das Semester, und dann für immer genug hatte. Das Missverhältnis zwischen dem Umfange seiner Lehre und dem eines akademischen Semesters auszugleichen, scheint er entweder nicht vermocht oder nicht gewollt zu haben. Warum sollte er es mit seiner mündlichen Lehre anders gehalten haben als mit seiner schriftlichen? Noch kurz vor seinem Tod hat er in dem Entwurf einer Vorrede zu einer Gesamtausgabe seiner Werke erklärt: »Ich habe stets nur dann geschrieben, wenn ich etwas zu sagen hatte. Wenn dieser Grundsatz allgemein würde, dürften die Literaturen sehr zusammenschrumpfen.« Nicht auch die Vorlesungen?157

      Gleichzeitig mit oder unmittelbar nach ihm habilitierte sich der junge Philosoph Ed. Beneke, der nachmals durch seinen Standpunkt, seine Schriften und Schicksale die Aufmerksamkeit vieler erregt hat; er besuchte die Vorlesung seines zehn Jahre älteren Kollegen und schrieb über dessen Werk eine ausführliche Rezension in die jenaische Literaturzeitung, wobei er sich die tadelnswerte Freiheit nahm, in der Darstellung der Lehre Sätze, welche keineswegs der wörtliche Ausdruck des Verfassers waren, mit Anführungszeichen zu versehen.158 Dieser, der mit vollem Rechte auf seine eigene Ausdrucksweise das größte Gewicht legte und über ein solches Verfahren höchst entrüstet war, witterte, worin er ganz unrecht hatte, dahinter die bösen Absichten eines neidischen Nebenbuhlers und schrieb sogleich an Eichstädt, den Redakteur der Literaturzeitung, einen so groben und beleidigenden Brief, dass er denselben zurückerhielt. Der Verfasser der Rezension hieß darin »Ihr nobler Rezensentenjunge«. Nun ließ er auf eigene Kosten im Intelligenzblatt der Zeitung eine Gegenerklärung: »Notwendige Rüge erlogener Zitate« drucken, worin er das oben erwähnte Verfahren als »empörende Verfälschungen und verleumderische Lügen« bezeichnete (Februar 1821).


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