Dr. Norden Staffel 7 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
Bruch des Unterarmknochens bestraft worden.
Dr. Lars Forberg starrte seine Frau aus schmalen Augen an.
»Das ist ja mal wieder typisch. Jetzt soll ich an allem schuld sein«, knurrte er. »Was kann ich dafür, wenn du so ein Versager bist und noch nicht mal mit einem Kind klarkommst?«
Die Energie, die die Sozialpädagogin gespürt hatte, als sie Partei für ihre Tochter ergriffen hatte, verpuffte angesichts dieser Vorwürfe. Auf der Suche nach einem Argument zu ihrer Verteidigung fiel ihr Blick auf die Uhr über der Kabinentür. Das war ihre Rettung.
»Es wird Zeit. Wenn Felicitas keinen Verdacht schöpfen soll, muss ich jetzt gehen.«
Das musste Lars wohl oder übel einsehen, zumal er versprochen hatte, seinem Kollegen Dr. Daniel Norden im Hospital beratend zur Seite zu stehen, falls sich Fragen ergaben.
Er musterte seine Frau. Zum ersten Mal seit langer Zeit sah er sie wirklich an.
»Neues Kleid?«, fragte er.
Verlegen zupfte Nele an dem weichen Stoff, der ihr bis zu den Knöcheln reichte.
»Lilli hat darauf bestanden, dass ich es kaufe. Sie meinte, es wäre die richtige Kleidung für ein Kreuzfahrtschiff wie dieses.«
»Kluges Kind.« Lars grinste. »Und den guten Geschmack hat sie auch von mir.«
Am liebsten hätte Nele in diesem Moment laut aufgelacht. Doch sie wagte es nicht.
»Natürlich«, stimmte sie zu, um ihren Mann nicht noch mehr gegen sich aufzubringen. Sie bückte sich nach der Tasche, die auf dem Sofa lag. »Ich bin heute Abend zurück«, sagte sie zum Abschied und wollte todesmutig an ihm vorbei durch die Tür gehen.
Wie erwartet hielt Lars sie zurück. Seine Finger gruben sich in ihren Oberarm. Um ein Haar hätte Nele vor Schmerz aufgeschrien.
»Was denn? Kein Kuss für deinen Ehemann?«, fragte er und beugte sich zu ihr hinab.
Es war lange her, dass Nele sich in den smarten Schiffsarzt verliebt hatte. Der schlimmste Fehler ihres Lebens, wie sich im Laufe der Zeit herausgestellt hatte. Und solange Lilli noch nicht auf eigenen Beinen stand, konnte Nele diesen Fehler nicht korrigieren. Deshalb bot sie ihrem Mann den Mund zum Kuss und schlüpfte durch die Tür, bevor er sie noch weiter quälen konnte.
*
»Tut mir echt leid, dass ihr nicht dabei sein könnt«, tat Felix Norden sein Bedauern kund.
Das Telefon ans Ohr gedrückt, saß er an Deck und ließ seinen Blick schweifen. Der warme Wind streichelte seine nackten Unterschenkel, seine Augen freuten sich über den Postkartenblick, und die Vorfreude zauberte ihm ein Grinsen auf den hübschen Mund.
Eine geschlagene Stunde hatte er neulich auf Lilli Forberg, aparte Tochter des Schiffsarztes, eingeredet, ehe sie sich schließlich bereit erklärt hatte, mit ihm einen Landausflug zu machen. Um sich die Wartezeit zu vertreiben, telefonierte er mit seinen Geschwistern, die aus verschiedenen Gründen zu Hause geblieben waren.
»Dieses Schiff ist der Wahnsinn. Wie eine schwimmende Stadt mit erstklassiger Infrastruktur«, berichtete er und wollte eben zu einer ausführlichen Schilderung der Annehmlichkeiten an Bord anheben, als eine hochgewachsene Gestalt aus dem Inneren des Schiffes hinaus ins gleißende Sonnenlicht trat. Ihr Anblick ließ ihn nach Luft schnappen. »Sorry, Anneka, ich muss Schluss machen. Ich …, ich hab mich zu einer Schiffsführung angemeldet, und gerade kommt der zweite Kapitän«, ließ er sich blitzschnell eine Ausrede einfallen.
Anneka am anderen Ende der Leitung lachte so laut, dass Felix um ein Haar der Apparat aus der Hand fiel.
»Du und eine Schiffsführung?«, gluckste sie noch immer, als sie endlich wieder Luft bekam. »Du machst höchstens eine Führung durch den Poolbereich, um die hübschesten Mädchen abzuchecken«, sagte sie ihm auf den Kopf zu.
Felix war nicht mehr ganz bei der Sache. Er war aufgesprungen und schlängelte sich an Liegestühlen und Deckchairs vorbei, um Lilli zu folgen.
»Nicht mehr nötig. Ich hab meine Prinzessin schon gefunden. Muss sie jetzt nur noch von mir überzeugen«, erwiderte er abwesend.
Trotzdem waren seine Worte in Annekas Ohren bemerkenswert.
»Hört, hört, das sind ja mal ganz neue Töne«, spottete sie gutmütig. »Ich dachte, dass die Frau, die dir widerstehen kann, erst noch geboren werden muss.«
»Das dachte ich bisher auch«, grinste Felix. »Du verstehst doch sicher, dass ich jetzt aufhören muss, um die Dame von meinen Qualitäten zu überzeugen.«
»Wenn du versprichst, sie nicht unglücklich zu machen«, empfahl Anneka ihrem älteren Bruder.
Als Antwort erntete sie ein belustigtes Lachen. Sie hörte noch, wie er einen brüderlichen Kuss in den Hörer hauchte. Ein Klicken verriet ihr, dass das Gespräch unterbrochen war.
Lilli hatte sich an einen Tisch in der Nähe der Poolbar gesetzt. Ihre Augen wurden von einer riesigen Sonnenbrille verdeckt, sodass Felix nicht erkennen konnte, ob sie nach ihm Ausschau hielt.
So blieb ihm nichts anderes übrig, als es darauf ankommen zu lassen. Zu seiner Verwunderung war seine Kehle trocken. Das war ihm schon lange nicht mehr passiert.
»Lass mich raten. Du bist auf der Suche nach der perfekten Begleitung für diesen Tag«, versuchte er es mit einem flapsigen Spruch.
Langsam drehte Lilli den Kopf mit den blonden Haaren, die ihr glatt über die Schulter fielen. Beim besten Willen konnte Felix kein Lächeln auf ihren breiten Lippen entdecken.
»Der perfekte Mann hält vorm ersten Kaffee den Mund«, ließ sie ihn ungerührt auflaufen.
Doch mit dem, was dann passierte, hatte sie nicht gerechnet.
Mit großen Augen starrte Felix sie an und schnappte nach Luft. Gleichzeitig presste er beide Hände auf den Magen und ging keuchend in die Knie.
Sein Plan ging auf. Sofort wich der herablassende Ausdruck in Lillis Gesicht einer echten Sorge. Sie sprang auf und kniete sich neben ihn.
»Was ist denn jetzt los?«
Nur mit Mühe konnte sich Felix ein Lachen verkneifen.
»Du hast mir einen Magenschwinger erster Güte verabreicht. Ich weiß nicht, ob ich dich in diesem Zustand noch beim Ausflug begleiten kann.«
Lilli konnte nicht anders: Sie musste lachen.
»O Mann, du bist ja echt mit allen Wassern gewaschen«, bemerkte sie kopfschüttelnd und nahm die Brille ab. An dem Leuchten in ihren steingrauen Augen konnte Felix erkennen, dass er gewonnen hatte.
Er richtete sich auf und sah sie mit einem Blick an, der einen Eisberg zum Schmelzen gebracht hätte. »Bevor ich jetzt noch ein Wort sage, lade ich dich zu einem Kaffee ein und schweige, bis du ihn getrunken hast.«
»Das schaffst du so oder so nicht«, winkte sie ab und ließ sich von ihm aufhelfen. »Für mich bitte Filterkaffee mit Milch und Zucker«, nahm sie sein Angebot trotzdem an. Sie sah ihm nach, als er davonging, und griff nach ihrem Handy. »Wir haben noch eine halbe Stunde Zeit«, rief sie ihm nach.
Ganz Gentleman, aber immer noch schweigend kehrte Felix mit einem Tablett zurück.
»Das ist wirklich sehr aufmerksam von dir«, bedankte sich Lilli. »Was hast du denn für heute geplant?«, erkundigte sie sich und löffelte Zucker in ihren Kaffee.
Doch Felix schüttelte nur den Kopf und deutete auf ihre Tasse. Lilli verstand, gab lachend nach und trank einen Schluck.
»Also gut, ich revidiere meine Aussage. Ein Mann ist dann ein perfekter Mann, wenn er bis zum ersten Schluck Kaffee schweigt.«
Felix atmete auf.
»Danke, Prinzessin. Du hast mich von einem schweren Schicksal erlöst«, erwiderte er und wollte ihr eben seine Pläne unterbreiten, als er die Stimme seiner Mutter hörte.
»Guten Morgen,