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Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Edgar  Wallace


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Schal um und überzeugte sich, daß sie den Hausschlüssel in der Tasche hatte, bevor sie die Tür zuschlug.

      An der Gartenpforte blieb sie stehen und schaute zum Gästehaus hinüber. Einen kurzen Augenblick war sie versucht, Andy all ihre Sorgen und ihren Kummer anzuvertrauen – aber sie überwand sich. Wie absurd wäre es gewesen, einem Polizeibeamten zu beichten!

      Sie ging hinaus ins Dunkel. Es kam ihr zum Bewußtsein, daß ihr nun auch der letzte Hoffnungsschimmer genommen war.

      Andy Macleod hatte seine Pläne an diesem Tag schon zum drittenmal geändert. Morgen würde er endlich abreisen. Er war eben doch ein sentimentaler Mensch. Dieses Eingeständnis war wirklich beschämend für einen vernünftigen Mann von fünfunddreißig Jahren.

      Er ging zu Nelsons Haus hinüber. Doch als er sah, daß kein Fenster erleuchtet war, kehrte er wieder in sein Zimmer zurück und versuchte zu lesen. Aber bald legte er das Buch weg und ging zu Bett. Er war schon nach wenigen Minuten fest eingeschlafen.

      Ein heftiges Klopfen an der Tür weckte ihn plötzlich auf.

      »Wer ist dort?«

      »Johnston, der Hausmeister – kann ich Sie einen Augenblick in einer sehr dringenden Sache sprechen?«

      Andy Macleod machte Licht. Er sah nach der Uhr – es war drei Viertel zwei. Was mochte vorgefallen sein? Er vermutete, daß eine telefonische Nachricht von Scotland Yard für ihn gekommen sei. Wahrscheinlich brauchte man ihn wegen Scotties Verhaftung, und er verwünschte den armen Menschen.

      Als er aber das Gesicht des Hausmeisters sah, wußte er, daß etwas anderes geschehen sein mußte. Johnstons Gesicht war aschfahl, und seine Lippen zitterten.

      »Sir«, sagte er atemlos, »es ist etwas Fürchterliches passiert. Mr. Pearson bat mich, Sie zu rufen, bevor ich zur Polizei ginge.«

      »Was gibt es denn?« fragte Andy schnell.

      »Mr. Merrivan – Mr. Merrivan«, wimmerte der Mann.

      »Erzählen Sie doch!«

      »Tot – ermordet. – ach, es ist zu schrecklich!«

      »Merrivan – ermordet? Warten Sie einen Augenblick, in ein paar Minuten komme ich hinunter. Machen Sie mir eine Tasse Tee, wenn es möglich ist.«

      Er zog sich mit größter Eile an und stürzte den heißen Tee hinunter, den ihm der Hausmeister an der Treppe reichte. Jemand anders mußte bereits die örtliche Polizei benachrichtigt haben, denn ein Polizeisergeant öffnete Andy die Tür, nachdem er angeklopft hatte.

      »Ich bin froh, daß Sie gekommen sind, Sir. – Das ist eine böse Geschichte. Ich habe alle Polizeistationen alarmiert.«

      »Ist er tot?«

      »Ja. Es ist sicher schon eine Stunde her, daß er gestorben ist. Ich habe um Doktor Granitt geschickt.«

      Andy nickte.

      »Wo liegt er?«

      »Dort.« Der Sergeant zeigte auf das Arbeitszimmer.

      Andy öffnete die Tür und betrat den langgestreckten Raum. Alle Lichter waren eingeschaltet. Unwillkürlich wandte er sich nach rechts, wo Mr. Merrivans Schreibtisch stand. Aber dort lag der Tote nicht, sondern am anderen Ende des Zimmers mit den Füßen zum Fenster. Die Arme lagen nach oben, als ob er einen Angreifer abwehren wollte, und die Gesichtszüge waren entsetzlich verzerrt.

      Er mußte aus nächster Nähe erschossen worden sein, denn Andy sah Pulverspuren auf seiner weißen Weste.

      Es war nicht nötig, ihn noch genauer zu untersuchen. Ein Blick auf die leblose Gestalt sagte alles.

       Inhaltsverzeichnis

      Andy ging in die Diele zurück.

      »Wo sind die Dienstboten?« fragte er.

      »Der Hausmeister beruhigt die Mädchen, Sir.«

      »Lassen Sie ihn sofort holen«, sagte Andy kurz.

      Der Hausmeister hatte nichts gehört. Mr. Merrivan hatte ihn und die anderen Angestellten früh zur Ruhe geschickt und gesagt, daß er selbst alle Lichter ausdrehen und das Haus abschließen werde. Er pflegte das häufiger zu tun.

      »Hatte er heute abend irgendwelchen Besuch?«

      Der Hausmeister zögerte.

      »Das kann ich nicht genau sagen. Einmal hörte ich unten Stimmen. Ich ging die Treppe hinunter, um etwas zu holen, und ich glaube, ich habe ihn sprechen hören.«

      »Mit wem hat er gesprochen?«

      »Soweit ich es beurteilen konnte, war es eine Dame.«

      »Haben Sie ihre Stimme erkannt?«

      »Nein, Sir.«

      »Wann war das?«

      »Zwischen halb elf und elf.«

      »Haben Sie denn keinen Schuß gehört?«

      »Nein. Irgend etwas weckte mich auf – vielleicht war es der Knall. Die Köchin sagt, sie habe ein Geräusch gehört, als ob eine Tür laut zuschlug. Sie kam herauf und weckte mich. Sie kam aber nicht gleich, da sie sich entsetzlich fürchtete und glaubte, es seien Einbrecher im Hause. Schließlich stand sie aber doch auf und klopfte an Mr. Merrivans Tür. Und als sie keine Antwort erhielt, kam sie zu mir. Ich habe dann Mr. Merrivan tot aufgefunden.«

      »Waren die Fenster offen oder geschlossen, als Sie eintraten?«

      »Sie waren geschlossen.«

      »Gibt es außer der vorderen Tür noch einen anderen Ausgang?«

      »Ja, man kann auch durch die Küche gehen.«

      Beide Ausgänge waren verriegelt und zugeschlossen. Andy ging in das Arbeitszimmer zurück. Das geschnitzte chinesische Schränkchen kam ihm sonderbar vor. Die Tür schien nicht ganz zu schließen – er zog daran, und sie öffnete sich. Plötzlich wurde ihm der eigentliche Sinn des Möbels klar, denn er fand im Innern einen Stahlsafe verborgen. Auch dessen Tür stand auf, und ein Schlüsselbund hing am Schloß. Der Safe war leer. Im Kamin entdeckte Andy verbrannte Papiere, die teilweise noch glimmten. Vorsichtig nahm er die unverbrannten Stückchen heraus und rettete dabei auch ein kleines, in Leder gebundenes Tagebuch, das erst halb verkohlt war. Er legte es behutsam auf ein Stück Papier.

      »Niemand darf die Asche anrühren – verstanden, Sergeant?«

      »Vollkommen, Sir.«

      Andy untersuchte die vorderen Fenster, sie waren alle fest verschlossen. Von den Fenstern auf der Rückseite war, wie er erwartet hatte, eins nicht verriegelt. Der Fensterflügel war nur angelehnt.

      »Entschuldigen Sie«, sagte der Sergeant, »haben Sie den Brief gesehen?«

      »Welchen Brief?« fragte Andy. »Wo ist er?«

      »Der Hausmeister fand ihn auf dem Boden neben dem Schreibtisch. Er sagte, er habe ihn aufgehoben und unter einen Stoß anderer Schriftstücke auf den Tisch gelegt. Er hat sich eben erst daran erinnert. Er glaubt, daß Mr. Merrivan den Brief gelesen haben muß, kurz bevor er getötet wurde.«

      Andy durchsuchte die Papiere auf dem Tisch und zog unter allerlei Rechnungen einen gelben Briefbogen hervor. Die Handschrift sah verstellt aus. Er setzte sich in den Schreibtischsessel und las.

      ›Ich habe Ihnen eine Chance gegeben, aber Sie haben meine Bedingungen nicht erfüllt. Sie müssen also die Konsequenzen tragen. Wenn Sie innerhalb von vierundzwanzig Stunden Ihr Versprechen nicht einlösen, werden Sie es bereuen. Dies ist meine letzte Warnung. Ich habe schon zu lange Geduld gehabt.‹

      Das Schreiben war mit A. S. unterzeichnet. A. S.! Albert Selim! Es stand noch eine Nachschrift


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