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Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Edgar  Wallace


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und ich sah, wie er an einem Baum vorbeiging. Das beunruhigte mich ein wenig. Ich war natürlich nur auf meine eigene Sicherheit bedacht und schlich ihm deshalb nicht nach. Dann erschien Merrivan und nahm den Weg, den ich Ihnen schon beschrieben habe. Er war verschwunden, bevor der andere Mann, der ihn im Obstgarten beobachtete, sich rührte. Dann sah ich ihn wieder im Mondschein auftauchen. Ich hatte den Eindruck, daß er ihm nicht zum erstenmal nachspürte – vielleicht hatte er auch einen, guten Grund dafür.«

      »Ihre Aussagen lassen den Fall in einem ganz anderen Licht erscheinen«, meinte Andy nachdenklich. »Und wenn ich die Wahrheit sagen soll, Scottie, so war ich selbst bemüht, einen solchen Gesichtspunkt zu finden. Das gibt uns wenigstens einen Anhalt. Haben Sie denn nie etwas von einer Skandalgeschichte im Ort gehört?«

      »Ich kümmere mich nicht um solche Dinge. Ich habe mich nur am nächsten Morgen im Golfklub unter den Damen umgesehen, aber ich konnte keine entdecken, die einen Mann von Geschmack und Urteilskraft irgendwie hätte begeistern können.«

      Andy überlegte eine Weile.

      »Ich weiß nicht recht, was ich mit Ihnen machen soll, Scottie. Sie könnten mir von großem Nutzen sein, aber natürlich können Sie hier nicht Ihre alte gesellschaftliche Rolle weiterspielen. Immerhin bin ich froh, Sie wiederzusehen, obwohl es gegen das Gerechtigkeitsgefühl geht, daß Sie frei herumlaufen. Aber was soll ich nun mit Ihnen anfangen? Vielleicht nehmen die Nelsons Sie in ihrem Hause auf – ich weiß allerdings nicht, wie Mr. Nelson darüber denkt.«

      Er fügte noch hinzu, daß die Tochter sicher nichts dagegen einzuwenden habe, woraus Scottie sogleich folgerte, daß Andy zum mindesten Stellas Bekanntschaft gemacht haben mußte.

      »Warten Sie hier einen Augenblick, während ich hinübergehe und lesen Sie meine Korrespondenz nicht, wenn Sie es vermeiden können.«

      Scottie war empört und protestierte. Aber Andy lachte nur.

      Stella, die glücklich war, wieder zwei tüchtige Dienstboten zu haben, arbeitete draußen im Garten, als Andy durch das Tor trat. Sie zog die Handschuhe aus und begrüßte ihn.

      »Stella, ich möchte Sie um einen Gefallen bitten. Eben ist ein alter Freund von mir angekommen, den ich nicht gut im Gästehaus unterbringen kann. Aber seine Hilfe und sein Beistand wären mir sehr erwünscht.«

      »Warum kann er denn nicht im Gästehaus wohnen?« fragte sie erstaunt.

      »Nein, das geht wirklich nicht. Es ist nämlich Scottie – Sie erinnern sich doch noch an ihn?«

      »Der Professor? Ich dachte, der säße im Gefängnis.«

      »Es lag ein Justizirrtum vor«, erklärte Andy ruhig. »Er wurde freigesprochen. Könnten Sie ihn nicht in Ihrem Haus aufnehmen? Ich weiß, daß ich eine ungewöhnliche Bitte ausspreche, denn Scottie ist zweifellos ein Verbrecher. Aber ich verspreche Ihnen, daß er Sie nicht enttäuschen oder Ihnen gar das Silber stehlen wird. Vor allem aber müßten wir Ihrem Vater eine glaubhafte Erklärung geben.«

      Sie überlegte.

      »Wenn mein Vater wirklich davon überzeugt werden könnte, daß es ein Justizirrtum war – ich meine, daß er nur irrtümlich verhaftet wurde – und daß es dem Professor infolgedessen peinlich ist –«

      »Ja, so könnten wir es ihm beibringen«, erwiderte Andy und ging ins Haus, um Mr. Kenneth Nelson zu fragen.

      Er fand ihn im Atelier an der Arbeit. Er malte gerade mit besonderer Sorgfalt Pygmalions linkes Auge. Mit großem Interesse hörte er die Geschichte von Sconies Rückkehr.

      »Ich verstehe vollkommen«, sagte er dann. »Dieser arme Mann möchte natürlich jetzt nicht mehr all den Leuten begegnen, und wenn er, wie Sie sagen, seine Studien über die geologischen Formationen von Beverley zu Ende bringen will, werde ich ihn mit Freuden bei mir aufnehmen.«

      12

       Inhaltsverzeichnis

      Scotties Einquartierung in Nelsons Haus diente einem doppelten Zweck. Einmal hatte Andy auf diese Weise einen klugen Gehilfen in der Nähe, der allerdings wenige oder gar keine Prinzipien hatte. Außerdem war er beruhigt, daß Stella nun noch einen anderen Beschützer hatte außer ihrem Vater. Es war eine unbestreitbare Tatsache, daß sich der Mörder noch irgendwo frei herumtrieb und daß er wahrscheinlich die Unterredung zwischen Stella und Merrivan beobachtet hatte. Es bestand also die Gefahr, daß er ihr die Schuld zuschieben würde, um sich selbst zu retten. Wie wäre ihr Schal sonst in den Obstgarten gekommen? Er konnte nicht einmal vermuten, zu welchem Zweck er entwendet worden war, aber es war ihm klar, daß der Mörder von ihrem Besuch bei Merrivan wußte.

      Andy fuhr am Morgen in die Stadt und nahm das halbverbrannte Tagebuch mit sich. Er hatte ihm keine weiteren Aufschlüsse entnehmen können, denn die Hälfte der Seiten war schon herausgerissen und verbrannt worden, ehe das Buch ins Feuer geworfen wurde.

      Sein erster Weg führte ihn zum Ashlar Haus. Die Büroräume Albert Selims wurden von der Polizei bewacht. Der wichtigste Fund, den die Beamten gemacht hatten, war ein an Sweeny adressierter Brief. Offenbar war es eine Antwort auf eine Anfrage, die dieser an seinen Chef gerichtet hatte. Es handelte sich darum, wie die Büroräume gereinigt werden sollten und welche Kosten man dafür bewilligen könne. Die Bedeutung des Schreibens lag darin, daß Andy die Schriftzüge mit der Handschrift des Briefes vergleichen konnte, den er auf Merrivans Schreibtisch gefunden hatte.

      Sweeny war am Tage vor seiner Ermordung entlassen worden.

      Das war die zweite wichtige Tatsache, die durch die Aussage eines Liftboys herausgekommen war. Er kannte Sweeny gut und hatte auch den Grund für seine Entlassung erfahren. Selim hatte Sweeny den Vorwurf gemacht, daß er heimlich Briefe geöffnet und gelesen habe. Allem Anschein nach war diese Beschwerde auch berechtigt, obgleich Sweeny es dem Liftboy gegenüber in Abrede gestellt hatte.

      Sonst war nur wenig in Erfahrung zu bringen. Auch Sweenys Vorgänger hatte seinen Chef nie zu sehen bekommen, und er schien dieselben Pflichten gehabt zu haben wie Sweeny. Die Briefe wurden im Geldschrank zurückgelassen und gewöhnlich am Sonnabend und Mittwoch abgeholt. An diesen beiden Tagen durfte der Sekretär nicht in die Nähe der Geschäftsräume kommen. Niemand hatte diesen geheimnisvollen Mr. Selim jemals sein Büro betreten oder verlassen sehen. Auch der Portier des Hauses kannte ihn nicht. Da Andy vermutete, daß vielleicht die Angestellten des benachbarten Mieters Mr. Selim gesehen haben könnten, machte er einen Besuch bei der Schiffahrtsfirma Messrs. Wentworth & Wentworth.

      Das Personal dieser Firma bestand aus einer Stenotypistin. Nach ihrer Aussage hatte die Firma früher bessere Tage gesehen und wurde weitergeführt, ohne irgendwelchen Gewinn abzuwerfen.

      »Mr. Wentworth ist nicht zugegen«, sagte das Mädchen. »Er ist kränklich und kommt nur zweimal in der Woche hierher. Ich kann Ihnen aber versichern, daß er nicht viel über Mr. Selim mitteilen könnte. Er hat ein-oder zweimal gesagt, wie sonderbar es sei, daß noch niemand Mr. Selim gesehen habe. Ich habe zwar den Sekretär manchmal zu Gesicht bekommen, aber auch der war nur von elf bis eins hier. Es war doch wirklich eine angenehme Stellung für ihn, und ich wundere mich, daß er so leichtsinnig war, sie aufs Spiel zu setzen.«

      Sie hatte anscheinend die Geschichte von den heimlich geöffneten Briefen auch gehört.

      Andy machte schließlich dem zuständigen Finanzamt einen Besuch und erfuhr dort, daß Mr. Selims Abrechnungen stets in bester Ordnung waren und daß er seine Steuern pünktlich zahlte. Den Mann selbst habe man nie gesehen, und es gab ja auch keine Veranlassung, ihn aufzusuchen.

      Andy überließ einem Detektiv die Büroräume Albert Selims zur Beobachtung und Bewachung und fuhr nach Beverley Green zurück.

      Würde Scottie etwas wissen – Scottie, der doch die Unterwelt Londons kannte? Andy nahm sich vor, ihn zu fragen. Er hatte ihn schon häufig zu Rate gezogen, seitdem er bei Nelson wohnte und dadurch immer einen Vorwand gehabt, das Haus betreten zu


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