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Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Edgar  Wallace


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Lassen Sie Mary nur zufrieden, Ikey. Das entscheidet sie alles am besten selbst. Ich kenne das Mädchen besser als Sie.« Er sah Mary aufmunternd an. »Der junge Gresham ist nebenan. Geh doch einmal in den Gang und klopf ans Fenster, damit er herauskommt.«

      »Ich glaube, er hat ein paar Freunde bei sich, Onkel.«

      »Das ist doch ganz gleich!« rief Verlond gereizt. »Was gehen uns seine Freunde an? Gehörst du nicht auch zu seinen Freunden? Also bring ihn ruhig her.«

      Sir Isaac kochte vor Wut.

      »Ich möchte ihn aber wirklich nicht hierhaben«, sagte er laut. »Sie vergessen, Verlond, daß ich in Gegenwart dieses Mannes nicht über ›Timbolino‹ sprechen kann.«

      »Ach, seien Sie doch nicht so ängstlich! Glauben Sie denn, daß er nicht ebensogut über ›Timbolino‹ unterrichtet ist wie Sie? Meinen Sie, der hat die Sportzeitungen in der letzten Zeit nicht gelesen?«

      »Zeitungsberichte können niemals das sagen, was der Eigentümer weiß«, entgegnete Sir Isaac gewichtig.

      »Ich habe aus ihnen aber offenbar mehr erfahren als Sie. Ihr Pferd war gestern morgen Favorit – heute ist das nicht mehr der Fall, Ikey.«

      »Ich kann doch unmöglich alle Wetten verrückter Leute kontrollieren«, murrte Sir Isaac.

      »Bedenken Sie eins: Diese verrückten Leute lassen das Geld, das sie gewettet haben, stehen – vergessen Sie das nicht, Ikey. Wenn Sie meine Rennerfahrung besäßen und wenn Sie schon so viel Geld beim Rennen gewonnen hätten wie ich, dann würden Sie nichts mehr darauf geben, was die Eigentümer von ihren Pferden sagen. Ebensogut könnte man eine Mutter nach den Vorzügen ihrer Tochter fragen. Die wird genausowenig objektiv urteilen wie der Besitzer eines Rennpferdes.«

      Der Zug hatte die unfreundlichen Vororte Londons passiert und eilte nun durch grüne Felder Hatfield entgegen. Es war ein herrlicher Frühlingstag; die Sonne schien warm und freundlich und stimmte alle zufriedenen Menschen fröhlich. Sir Isaac fühlte sich jedoch sehr wenig glücklich; auch hatte er nicht die geringste Lust, über die Ehrlichkeit der Rennleute oder über Sportfragen im allgemeinen zu sprechen.

      Zu seinem größten Ärger stand Mary auf und trat scheinbar gleichgültig in den Gang hinaus. Er hätte schwören mögen, daß er sie an das Fenster des Nebenabteils klopfen hörte. Aber hierin irrte er sich natürlich, denn Mary ging nur vorbei; immerhin genügte das, um von der kleinen Gesellschaft gesehen zu werden, die sich lachend und angeregt unterhielt. Im nächsten Augenblick kam Horace zu ihr heraus.

      »Es war eigentlich Onkels Idee, dich wegzuholen – ich bin wirklich unschuldig«, begrüßte sie ihn; ihre Wangen röteten sich.

      »Lord Verlond ist wirklich ein Gentleman«, sagte Horace begeistert. »Ich nehme alles zurück, was ich über ihn gesagt habe.«

      »Das werde ich ihm berichten«, meinte sie schalkhaft. »Sicher wird er sich freuen!«

      »Nein, nein, das darfst du auf keinen Fall.«

      »Ich möchte einmal ernsthaft mit dir sprechen«, sagte sie plötzlich. »Komm in unser Abteil. Onkel und Sir Isaac unterhalten sich interessiert über ›Timbolino‹ – ist das der richtige Name?«

      Er nickte und lachte vergnügt.

      »Sie werden überhaupt nicht merken, was wir miteinander zu besprechen haben.«

      Der Lord nickte Horace kurz zu, als dieser eintrat; Sir Isaac warf ihm nur einen mürrischen Blick zu. Es war schwierig, hier eine vertrauliche Unterhaltung zu führen, aber Mary richtete es so ein, daß sie nur dann wichtige Dinge berührte, wenn das Gespräch der beiden anderen lauter und eifriger wurde.

      »Ich bin sehr besorgt um Onkel«, sagte sie leise.

      »Ist er krank?«

      »Nein, das meine ich nicht, obwohl er auch leidend ist. Ich meine sein widerspruchsvolles Wesen. Die günstige Stimmung dir gegenüber könnte plötzlich wieder umschlagen. Du weißt doch, wie bereitwillig er darauf einging, daß du …«

      Sie zögerte, und er faßte ihre Hand unter dem Schutz der großen Zeitung, die auf ihrem Schoß lag.

      »Ja, es war wirklich prächtig von ihm«, sagte er leise. »Ich hätte niemals geglaubt, daß dieser alte Teu – dein lieber Onkel«, verbesserte er sich, »so zugänglich sein könnte.«

      Sir Isaac und der Lord waren im Augenblick aneinandergeraten.

      »Eben weil er seine Zusage so impulsiv gegeben hat, kann er sie auch ebenso plötzlich widerrufen. Ich fürchte immer, daß er seine Meinung wieder ändert und sich feindlich gegen dich stellt.«

      »Das mag er versuchen – ich nehme es mit ihm auf.«

      »Hören Sie einmal zu, Gresham«, wandte sich Lord Verlond jetzt an Horace. »Sie gehören doch zu den Leuten, die immer alles wissen. Wer sind eigentlich die ›Vier Gerechten‹ von denen man in letzter Zeit so häufig spricht?«

      Sir Isaac Tramber beobachtete Horace scharf. Er war ein Mann, der seinen Argwohn nicht verbarg.

      »Ich weiß nicht mehr als Sie. Es scheint eine bewunderungswürdige Vereinigung von Leuten zu sein, die sich die Aufgabe gestellt haben, die Schädlinge der menschlichen Gesellschaft auszurotten.«

      »Wer sind sie denn, daß sie sich anmaßen, Recht und Unrecht beurteilen zu können?« Der Lord sah Horace düster an. »Das ist doch eine Unverschämtheit! Wozu bezahlen wir denn Richter, Geschworene, Polizeibeamte und so weiter? Wozu bezahlen wir all diese Steuern und Abgaben, die nur ein teuflisches Gehirn erfinden kann? Tun wir es vielleicht, damit diese Affen herkommen und sich mir nichts, dir nichts in unsere Justiz einmischen? Das ist doch wirklich unerhört und lächerlich!« rief er aufgeregt.

      Horace erhob abwehrend die Hand.

      »Machen Sie doch mir keine Vorwürfe.« »Aber Sie billigen das«, beschuldigte ihn der Lord. »Ikey sagt es, und Ikey weiß doch alles – nicht wahr?«

      Sir Isaac fühlte sich unbehaglich.

      »Ich habe nicht gesagt, daß Gresham etwas davon wüßte«, begann er lahm.

      »Also, warum lügen Sie jetzt?« fragte Verlond schroff. »Sie haben mir doch gerade eben erzählt, daß Sie Gresham für einen der Führer der ›Vier Gerechten‹ halten.«

      Obgleich Sir Isaac an die brutalen Bloßstellungen seines Freundes gewöhnt war, wurde er doch dunkelrot.

      »Aber das habe ich doch nicht so gemeint«, erwiderte er verlegen und ärgerlich. »Verflucht noch mal, Lord Verlond, bringen Sie mich doch nicht in eine solche Lage. Womöglich werde ich noch auf Schadenersatz und dergleichen verklagt.«

      Auf Horace machte die Verwirrung des Baronets keinen Eindruck.

      »Beunruhigen Sie sich nicht«, sagte er kühl, »ich habe nicht die Absicht, Sie vor den Kadi zu bringen.«

      Er wandte sich wieder Mary zu, während der Lord Sir Isaac in ein neues Gespräch verwickelte. Der alte Herr besaß die Eigentümlichkeit, sprunghaft wie ein Irrwisch sein Thema zu wechseln. Kaum war eine Minute vergangen, so plauderte er über Fischerei und Angeln. Sir Isaac wußte in diesen Dingen nur wenig Bescheid, aber trotzdem traktierte ihn Verlond mit Salmfang, Forellenzucht und Hechtstechen.

      *

      Kurz vor Mittag fuhr der Zug in Lincoln ein. Horace hatte früher für gewöhnlich ein Wochenendhaus außerhalb der Stadt gemietet, aber in diesem Jahr wollte er noch am gleichen Tag wieder nach London zurückkehren.

      Auf dem Bahnhof trennte er sich von Mary.

      »Ich werde dich später auf dem Rennplatz sehen«, sagte er. »Was hast du vor? Fährst du heute abend wieder nach Hause?«

      Sie nickte.

      »Hängt sehr viel für dich davon ab, daß dein Pferd dieses Rennen gewinnt?« fragte sie ein wenig ängstlich.

      »Man


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