Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.
hinter den Tischen. In der Krawatte des mittleren blitzte eine Brillantnadel in dem Licht der elektrischen Lampen auf, die von der Decke herabhingen.
Der vierte stand zur Rechten der Gefangenen.
Black überschaute dies alles mit einem raschen Blick. Hinter den Sitzen der drei Männer entdeckte er eine Tür, die sie wahrscheinlich als Ein-und Ausgang benützten. Außer dieser Tür sowie der, durch die er hereingekommen war, konnte er keine Möglichkeit zur Flucht entdecken.
Der mittlere der drei sprach ihn jetzt mit harter, unheilkündender Stimme an.
»Morris Black«, sagte er feierlich, »was geschah mit Fanks?«
Black zuckte die Schultern und sah sich um, als ob er diese Frage unmöglich beantworten könnte.
»Was geschah mit Jakobs, mit Coleman und einem Dutzend anderer Menschen, die Ihnen im Weg standen und plötzlich starben?«
Black schwieg immer noch; er überdachte die Lage. Hinter ihm war die Tür, und er hatte vorher bemerkt, daß der Schlüssel steckte. Er wußte jetzt, daß er sich in einer alten normannischen Kapelle befand, die diese Leute offenbar für ihre Zwecke hatten herrichten lassen.
»Isaac Tramber«, sagte jetzt der erste der drei, »welche Rolle haben Sie bei dem allen gespielt?«
»Ich weiß von nichts«, stammelte der Baronet. »Mir ist sowenig etwas bekannt wie Ihnen. Ich glaube, die Börsenspekulationen waren nicht ganz korrekt. Ich will Ihnen aber gern antworten, wenn ich Ihnen irgend etwas anderes sagen kann, denn ich möchte mit reinen Händen aus dieser Affäre herauskommen.«
Tramber machte einen Schritt vorwärts. Black streckte den Arm aus, um ihn zurückzuziehen, er wurde aber von dem Mann an seiner Seite daran gehindert.
»Treten Sie näher«, sagte der erste.
Sir Isaac ging mit wankenden Knien über den glatten Steinfußboden.
»Ich will alles tun, was in meinen Kräften steht«, sagte er eifrig, als er wie ein reumütiger Schuljunge vor seinen Richtern stand. »Ich freue mich, wenn ich Ihnen irgendeine Mitteilung machen kann.«
»Halt!« schrie Black mit wutverzerrtem Gesicht. »Sie wissen nicht, was Sie tun, Ikey! Schweigen Sie, und halten Sie zu mir, dann wird Ihnen nichts geschehen!«
»Ich weiß nur eines«, fuhr Sir Isaac mit zitternder Stimme fort. »Black hatte einen Streit mit Fanks –«
Er hatte diese Worte kaum ausgesprochen, als in schneller Reihenfolge plötzlich drei Schüsse krachten. Die vier hatten nicht den Versuch gemacht, Black zu entwaffnen. Mit blitzartiger Geschwindigkeit hatte er seine Pistole gezogen und auf den Verräter geschossen.
Im nächsten Augenblick war er an der Tür, drehte den Schlüssel um und eilte hinaus.
»Schieß – schieß, Manfred«, rief jemand vom Podest herab.
Aber es war zu spät – Black war in der Dunkelheit verschwunden.
Als drei der vier hinter ihm hereilten, standen sie einen Augenblick als dunkle Schatten gegen die helle Öffnung des Tores.
Wieder ertönten zwei Schüsse. Eins der Geschosse traf die Türleibung, und feiner Staub und Steinsplitter flogen umher.
»Dreht das Licht aus und kommt mit!« rief Manfred schnell.
Aber Black hatte einen beträchtlichen Vorsprung, und Angst und Aufregung verliehen ihm fast übernatürliche Kräfte. Sein Instinkt führte ihn untrüglich den richtigen Weg über das Feld. Er erreichte die kleine Straße, eilte nach links und fand den grauen Sportwagen, den niemand beaufsichtigte.
Er sprang auf den Führersitz, und nach einigen Anstrengungen gelang es ihm zu wenden. Der Wagen bewegte sich vorwärts, neigte sich jedoch gleichzeitig zur Seite in einen kleinen Graben; trotzdem brachte Black es schließlich fertig, den Fahrdamm zu gewinnen.
*
»Es hat keinen Zweck«, sagte Manfred, als er das rote Schlußlicht verschwinden sah. »Wir wollen wieder zurückgehen.«
Er hatte seine Maske abgenommen.
Sie eilten zur Kapelle zurück, Sir Isaac Tramber war tot. Die Kugel war ihm in die linke Seite gedrungen und durchs Herz gegangen.
Aber sie sahen nicht nach ihm. Ihr Sprecher lag bewegungslos in einer Blutlache auf dem Boden.
»Sehen sie einmal nach der Wunde«, sagte er, »und wenn sie nicht zu schwer ist, nehmen Sie meine Maske nicht ab.«
Poiccart und Gonsalez untersuchte die Verletzung rasch.
»Es sieht ziemlich ernst aus.«
In diesem kurzen Satz faßten sie ihr Urteil zusammen.
»Das dachte ich mir«, erwiderte der Verwundete gelassen. »Es wäre besser gewesen, wenn Sie ihm nach Portsmouth gefolgt wären. Wahrscheinlich fällt er nun Fellowe in die Hände.« Er lächelte unter der Maske. »Ich muß ihn jetzt wohl Lord Francis Cassilirs nennen – er ist mein Neffe und ein hoher Beamter von Scotland Yard. Ich telegrafierte ihm, daß er mir folgen solle. Wahrscheinlich werden Sie seinem Wagen begegnen, dann können Sie zusammen fahren. Manfred bleibt bei mir. – Nehmen Sie ruhig meine Maske ab.«
Gonsalez beugte sich nieder und entfernte vorsichtig die seidene Halbmaske. Erstaunt fuhr er zurück.
»Lord Verlond!« rief er überrascht.
Manfred, der es längst gewußt hatte, nickte.
22
Die Straße war um diese Nachtstunde nicht belebt. Die Dunkelheit und die Enge der Fahrbahn boten jedoch tausend Schwierigkeiten für einen Mann, der seit Jahren kein Steuer mehr in der Hand gehabt hatte. Aber Black lenkte den großen Wagen ohne Furcht. Einmal fuhr er im Renntempo durch einen kleinen Ort. Ein Polizist, der ihn aufzuhalten suchte, kam nur mit knapper Not mit dem Leben davon.
Black erreichte die große Straße wieder. Er hatte noch keinen größeren Unfall gehabt, nur der eine Kotflügel war bei einer scharfen Kurve an einem Laternenpfahl beschädigt worden. Mit größter Geschwindigkeit fuhr er durch Winchester. Wieder wurde der Versuch gemacht, ihn anzuhalten. Zwei große Wagen waren quer über die Straße gefahren, aber er sah sie rechtzeitig, bog in eine Nebenstraße ein und konnte auch diese Ortschaft ungehindert passieren. Dazu verhalf ihm allerdings mehr der glückliche Zufall als seine Geschicklichkeit. Er wußte jetzt, daß seine Flucht der Polizei bekannt war und daß er seine Pläne ändern mußte. Aber er gestand sich ein, daß es wenig zu ändern gab. Er hatte England von Dover oder Portsmouth aus verlassen wollen; nur diese beiden Häfen kamen für ihn in Frage.
Im stillen hatte er gehofft, den Dampfer nach Frankreich unbemerkt zu erreichen, aber das war nun unmöglich geworden. Die Schiffe würden überwacht werden, und er hatte keine Hilfsmittel bei sich, um sich zu verkleiden.
Südlich von Petersfield überholte er einen anderen Wagen.
Erst im Vorbeifahren wurde ihm klar, daß dies das zweite Auto sein mußte, das er gemietet hatte.
Als er sich das eben überlegt hatte, platzten die Reifen seiner Vorderräder. Er bremste und brachte den Wagen zum Stehen.
Das war Glück! Die Hilfe kam im richtigen Augenblick!
Er sprang aus dem Wagen und stellte sich mit ausgebreiteten Armen mitten auf die Straße. Die Lampen des näherkommenden Autos beleuchteten ihn hell.
Wenige Schritte vor ihm hielt der Wagen an.
»Fahren Sie mich nach Portsmouth – ich hatte eine Panne.«
Der Chauffeur erwiderte etwas Unverständliches.
Black öffnete die Tür und stieg ein. Sie wurde hinter