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Deutsche Geschichte - Günter Naumann


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(Pfahlbürger = Leute, welche das Bürgerrecht nur erwarben, um sich ihren Untertanenpflichten zu entziehen, aber nicht in den Städten wohnten). Übergangen wurde das Approbationsrecht des Papstes, womit man die Souveränität des Reiches reichsrechtlich festschrieb. Vorausgesetzt wurde das Recht des gewählten Königs auf die Kaiserwürde. Das Kurfürstenkollegium erfuhr später einige Veränderungen. 1623 übertrug man die pfälzische Kur auf Bayern (erloschen 1777), schuf aber bereits 1648 für die Pfalz eine 8. Kur. 1692 schuf man für Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) eine 1708 endgültig anerkannte 9. Kur. Im Zusammenhang mit dem Reichsdeputationshauptschluss (1803) erloschen einige Kuren (Mainz, Köln, Trier), einige Kuren entstanden neu (z.B. Württemberg). Mit dem Ende des Alten Reiches (1806) verloren die Kuren ihre Funktion. Der Kurfürstentitel wurde danach nur noch von Hessen-Kassel geführt (bis 1866).

      Mit der Stärkung der Adelsopposition entwickelte sich der zu hohen kirchlichen Festen am Königshof mit zunächst offenem Teilnehmerkreis abgehaltene Hoftag im 13. Jh. zum Reichstag als verfassungsmäßiger Rechtsinstitution mit beratendem und später beschließendem Charakter, wodurch die Macht des Königs eingeschränkt wurde. Der Reichstag befasste sich mit Fragen von Krieg (Reichskrieg) und Frieden, mit der Erhebung von Reichssteuern, mit der Reichsgesetzgebung sowie mit der Erhebung von Fürsten in den Reichsfürstenstand. Seit 1489 setzte sich der Reichstag aus drei getrennt tagenden und beschließenden Kurien (Wahlkörperschaften) zusammen. Dies waren das Kurfürstenkolleg, der Fürstenrat (ihm gehörten die übrigen Reichsfürsten sowie ein Teil der reichsunmittelbaren Grafen und Herren an) und die Vertreter der Reichsstädte. Ab 1495 war die Neuaufnahme von Mitgliedern an Majoritätsbeschlüsse der einzelnen Kurien gebunden. Die Reichsritter waren nicht mit im Reichstag vertreten. Die von den Reichsfürsten seit jeher in ihrer Selbstständigkeit bedrohten Reichsritter standen auf der Seite des Kaisers. Anstelle der Vollversammlung konnte auch ein vom Reichstag eingesetzter Ausschuss (Reichsdeputation) Beschlüsse fassen. Seit 1654 ließ sich der Kaiser auf dem Reichstag vertreten. Ab 1663 tagte der Reichstag als Gesandtenkongress permanent in Regensburg (»Immerwährender Reichstag«). 1792 waren 294 Reichsstände im Reichstag vertreten (im Kurfürstenkolleg 8 Kurfürsten, im Fürstenrat 77 Geistliche und 158 weltliche Fürsten, Grafen und Herren, in der Kurie der Städte 14 rheinische und 37 schwäbische Reichsstädte). – Analog den Reichsständen im Reich organisierten sich auch die Landstände in den einzelnen Territorien in Ständevertretungen, welche seit dem 15. Jh. als Rechtsinstitution ein Gegengewicht zu den Territorialfürsten bildeten. Ihr Recht dazu war unbestritten. Bereits 1231 bestimmte König Heinrich VII., dass kein Fürst ohne vorherige Zustimmung des landsässigen Adels neue Bestimmungen und Belastungen beschließen dürfe. Die Landstände gliederten sich in die drei Kurien Adel (in den niederen Adel aufgestiegene Dienstmannen), Geistlichkeit (v.a. die Vertreter der Domkapitel) und Städte.

      Ein Vorstoß der Reichsstände zur Institutionalisierung ihres Einflusses auf das Königtum war die Reichsreform. Durch diese sollte ein Mindestmaß an Ordnung in die Reichsangelegenheiten gebracht werden, denn das Königtum hatte sich dazu als nicht in der Lage erwiesen. Kaiser Friedrich III. war in seiner langen Regierungszeit (1440-1493) mit dem Ausbau der habsburgischen Hausmacht beschäftigt und kümmerte sich kaum noch um das Reich. Den Auftakt zur Reichsreform bildete der Reichstag von Worms 1495. Beschlossen wurde der »Ewige Landfriede« , welcher erstmals das unbefristete Verbot der Fehde, d.h. des privaten gewaltsamen Vorgehes bei Rechtsstreitigkeiten, beinhaltete. Dieser Beschluss begründete das Gewaltmonopol des Staates, denn der Rechtsschutz wurde jetzt zumindest theoretisch Sache der öffentlichen Hand. Anstelle der Selbsthilfe trat der Rechtsweg. Als für die Ahndung des Landfriedensbruches zuständige Instanz bildete man das kgl. Kammergericht zum kgl.-ständischen Reichskammergericht um. Es war weiterhin noch zuständig für Steuerstreitigkeiten sowie für Zivilklagen gegen reichsunmittelbare Herren und außerdem letzte Berufungsinstanz für alle Territorien, in denen der Landesherr nicht über das Privileg der letzten gerichtlichen Entscheidung verfügte. Das Reichskammergericht sollte über eine allgemeine Reichssteuer, den Gemeinen Pfennig, finanziert werden. Wegen Schwierigkeiten bei dessen Einziehung erfolgte die Finanzierung ab 1548 über eine andere Reichssteuer, den sog. Kammerzieler. Das Interesse der Landesherren an diesem Gericht war gering, sodass die Steuern säumig oder gar nicht eingingen, wodurch das Gericht ständig personell unterbesetzt blieb und lange Bearbeitungszeiten die Regel waren. Das Reichskammergericht wurde nach mehreren Ortswechseln 1527 in Speyer fest etabliert. Nach der Einnahme von Speyer durch die Franzosen (1688) verbrannte 1689 ein großer Teil des Gerichtsarchivs. Ab 1693 tagte das Reichskammergericht in Wetzlar. 1806 wurde es aufgelöst. Das Gegengewicht zum ständisch besetzten Reichskammergericht war ab 1498 der kaiserliche Reichshofrat, zuständig vor allem für Reichslehnsachen, Strafsachen gegen reichsunmittelbare Landesherren und für Streitigkeiten um kaiserliche Privilegien. Der mehrfach von Kaiser Maximilian und später mitunter auch von seinen Nachfolgern auf den Reichstagen vorgetragene Wunsch nach der Aufstellung eines ständigen Reichsheeres, welches über eine Reichssteuer finanziert werden sollte, scheiterte am Widerstand der Fürsten. Als Exekutive wurden die Reichskreise gebildet (Zuordnung der Reichsterritorien zu 6 [1500] bzw. schließlich zu 10 [1512] Reichskreisen mit Ausnahme einiger kleinerer Territorien sowie der Reichsritterschaft). Die Reichskreise waren ab 1507 für die Wahl der Beisitzer des Reichskammergerichts, ab 1555 für die Landfriedenswahrung und die Vollstreckung (Reichsexekution) der Urteile des Reichskammergerichts, ab 1559 für die Aufsicht über das Münzwesen und ab 1681 für die Aufstellung sowie den Unterhalt der Reichskreiskontingente des Reichsheeres zuständig. An der Spitze eines Kreises und damit an der Spitze des Heereskontingents des Kreises stand der ursprünglich von den Reichsständen gewählte Kreishauptmann (seit 1555 als »Kreisoberst« bezeichnet), der später durch den vornehmsten Fürsten des entsprechenden Reichskreises ersetzt wurde. Die Einführung einer ständischen Reichsregierung (Reichsregiment) scheiterte nach zwei Versuchen (1500-1502; 1521-1530).

      Die Glaubensspaltung durch die Reformation führte zu einer neuen Machtkonstellation, welche vorübergehend eine Stärkung der kaiserlichen Herrschaft bewirkte, denn die katholisch gebliebenen Reichsfürsten benötigten in ihrem Kampf gegen die evangel. Reichsfürsten die Unterstützung durch den kathol. Kaiser Karl V., mit dem sie sich verbündeten. Die Glaubensspaltung ließ sich jedoch nicht rückgängig machen, und 1555 mussten Karl V. und der Reichstag im Augsburger Religionsfrieden den evangel.-luther. Glauben reichsrechtlich anerkennen. Ein Jahr später (1556) teilte Karl V. die habsburgischen Länder in eine österreichische Linie unter Kaiser Ferdinand I. sowie in eine mächtigere spanische Linie unter König Philipp II. und legte die Kaiserkrone nieder.

      Machtpolitisch bewirkte die Reformation eine Stärkung der evangel. Reichsfürsten, denn diese konnten durch die Beschlagnahme (Säkularisation) von Kirchengut ihre Machtbasis erweitern und erlangten durch die Schaffung der Landeskirchen eine selbstständige Stellung. Auch die kathol. Reichsfürsten fanden Mittel und Wege, um ihre Position gegenüber der kaiserlichen Zentralgewalt zu stärken, sodass insgesamt die Territorialisierung des Alten Reiches vorangetrieben wurde.

      Zwischen 1555 und dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges gelang es der kathol. Kirche, einige evangelisch gewordene Reichsfürsten für den kathol. Glauben zurückzugewinnen, was mit einer Rekatholisierung der entsprechenden Fürstentümer verbunden war (Gegenreformation).

      Den zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges geschlossenen Westfälischen Frieden (1648) nahmen die auswärtigen Mächte, welche seit jeher an einem in sich zerstrittenen, politisch schwachen Deutschland interessiert waren, zum Anlass, um die Herrschaftsansprüche des römisch-deutschen Königs/Kaisers auf ein Minimum zu reduzieren und andererseits die Souveränitätsrechte der Territorialmächte zu stärken. Der Titel »Kaiser« entbehrte seitdem einer realen Machtgrundlage. Das Alte Reich konnte nur deshalb noch über einhundertfünfzig Jahre fortbestehen, weil die Kaiser-Dynastie der österreichischen Habsburger mit ihrem umfangreichen Territorialbesitz über eine respektable Hausmacht als Herrschaftsgrundlage verfügte und die im Süden sowie im Südosten des Reiches gelegenen habsburgischen Länder ein Bollwerk gegen die Türken, welche von Südosten her das Reich in seiner Existenz bedrohten, darstellten und damit auch die deutschen Territorialfürstentümer schützten.

      Der Übergang vom Personenverbandsstaat


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