The Independent Mind. OshoЧитать онлайн книгу.
des Denkens, und übermorgen schließlich der Zustand des Nichtdenkens.
Der gedankenlose Zustand ist derjenige geistige Zustand, in dem wir blind leben ohne zu denken; im Zustand des Denkens leben wir bewusst und überlegt; im Zustand des Nichtdenkens zu leben heißt, sich über alle Gedanken zu erheben und in Erleuchtung zu leben.
Dies sind die drei Schritte. Heute werde ich über den gedankenlosen Zustand zu euch sprechen. Wir leben genauso wie die ganze Natur – blind. Mal regnet es, dann scheint die Sonne oder die Nacht kommt – warum? Warum regnet es, warum scheint die Sonne, warum bricht die Nacht an? Darauf gibt es keine Antwort. Ein Saatkorn sprießt und wird zum Baum, Blätter bilden sich, er blüht und trägt Früchte – warum? Warum regnet es? Darauf gibt es keine Antwort. Die Tiere existieren, die Vögel existieren, die Insekten und Würmer existieren, und die Menschen ebenfalls – warum?
Normalerweise leben wir alle in diesem Zustand – in unserem Leben findet keinerlei Denken statt. Wir leben am Gängelband blinder Wünsche, blinder Gelüste, ohne zu wissen, warum es sie gibt. Erst wenn wir zu denken anfangen, lässt sich das Warum beantworten. Wir haben Hunger, wir haben Durst, in uns regen sich alle möglichen Begierden, und wir bemühen uns, sie zu befriedigen – warum? Auf dieser Ebene lässt sich das Warum einfach nicht beantworten. Wir sind hungrig, also suchen wir nach Nahrung, aber wir fragen uns nie, warum wir hungrig sind und warum wir essen müssen. Selbst der intelligenteste Mensch wird hungrig, aber er weiß nicht warum.
Auf der Ebene, auf der wir leben, gibt es keine Antwort. Wir existieren, wir haben ein starkes Verlangen zu leben, also leben wir weiter, aber auf die Frage, warum wir existieren und woher dieses starke Verlangen zu leben kommt, haben wir einfach keine Antwort. Kein Mensch hat je die Antwort gefunden. Dies ist die Ebene des gedankenlosen Zustands.
Wenn ich euch beschimpfe, werdet ihr wütend. Warum werdet ihr wütend, wenn euch jemand beschimpft? Irgendwer rempelt euch an, und prompt werdet ihr aggressiv. Woher kommt das? Warum findet ihr jemanden schön? Oder hässlich? Den einen liebt ihr, den andern nicht. Den einen findet ihr angenehm, den anderen abstoßend. Ihr sucht die Nähe des einen, und vor dem anderen möchtet ihr davonlaufen. Vielleicht habt ihr euch nie wirklich gefragt, warum das alles so ist – und falls ihr fragen würdet, bekämet ihr keine Antwort. Die Frage wird lange widerhallen, aber es ist keine Antwort zu finden. Auf der körperlichen Ebene, also auf der Ebene der Natur, gibt es keine Antwort. Wir leben einfach ohne Antworten vor uns hin. Selbst angesichts des Todes – auch darauf gibt es keine Antwort.
Weder wusstet ihr, warum ihr geboren wurdet, noch wisst ihr, warum ihr gestorben seid. Ihr wusstet weder, warum ihr hungrig und durstig wart, noch woher eure Begierden oder andere Impulse kamen, also könnt ihr am Ende auch nicht wissen, warum ihr sterbt. Genauso, wie ihr eure Geburt akzeptiert habt, müsst ihr irgendwann auch den Tod akzeptieren. Auf dieser Ebene gibt es einfach keine Antworten: Dies ist die körperliche Ebene, die Ebene des gedankenlosen Zustands, der Instinkte – und auf der existiert keine Antwort. Die meisten Menschen leben auf dieser Ebene; sie leben einfach ohne Antworten. Aber ein Leben, auf das es keine Antwort gibt, ist einfach vergeblich. Sein Sinn ist nicht einmal einem selber ersichtlich.
Neulich beging einer meiner Freunde Selbstmord. Er war ein nachdenklicher Mensch; er war ständig in Gedanken vertieft. Etwa zwei Monate vor seinem Tod hatte er mich aufgesucht. Seit Jahren hatte er sich mit dem Tod beschäftigt; viele Male hatte er daran gedacht Selbstmord zu begehen.
Er gestand mir: „Ich möchte meinem Leben ein Ende setzen; ich kann keinen Sinn in ihm erkennen.“ Er war gekommen, um mich nach meiner Meinung und um Rat zu fragen.
Ich erwiderte ihm: „Wenn dir der Tod sinnvoll erscheint, dann mach halt Schluss. Das Leben hat zwar keinen Sinn für dich, aber hat der Tod etwa Sinn für dich?“
Er darauf: „Nein, er hat für mich auch keinen Sinn.“
Ich sagte: „Dann ist es doch egal. Selbst wenn du dein Leben beendest, macht das keinen Unterschied. Wenn das Leben ebenso sinnlos ist wie der Tod, brauchst du auch nicht zu wählen.“
Die meisten Menschen leben einfach weiter und denken: „Was bringt es zu sterben? Wir wissen ja gar nicht, was nach dem Tod kommt. Also leben wir weiter!“ Aber das ist doch kein Leben! Nur deswegen weiterzuleben, weil es sinnlos ist, sich für den Tod zu entscheiden. Zwei Monate später hat er sich umgebracht. Bevor er starb, schrieb er mir einen Brief, darin stand: „Zu guter letzt hab ich beschlossen, meinem Leben ein Ende zu setzen.“
In den letzten fünfzig Jahren haben viele Leute ihr Leben beendet, Leute, die weder Schmerzen hatten noch an etwas litten, die keineswegs verzweifelt waren oder finanzielle Probleme hatten. Der einzige Grund, warum sie sich umbrachten, war: Sie fanden das Leben sinnlos. Wenn ihr das auch findet und hin und her erwägt, werdet ihr wohl auch kaum einen Grund finden, weiterzuleben. Und wenn ihr auch nicht beantworten könnt, warum ihr leben solltet, kann auch euer Leben weder Tiefe noch Erfahrungen haben. Ob ihr lebt oder nicht, spielt praktisch keine Rolle. Wenn ihr da seid, ist es okay, und wenn ihr nicht da seid, ist das auch okay.
Wenn ihr mich fragt, gibt es auf der körperlichen Ebene keinen Grund zum Leben … und wir alle leben nur auf der körperlichen Ebene. Wir leben nur, weil wir hungrig und durstig sind … wir brauchen Kleidung und ein Haus. Denkt nur mal kurz nach: Was würdet ihr tun, wenn ihr das alles umsonst bekämet? Wenn euer Hunger gesättigt ist, wenn euch Durst gestillt ist, wenn all eure Wünsche erfüllt sind und ihr alles bekommt, was ihr wollt, hättet ihr keine andere Wahl als zu sterben. Wenn all eure Wünsche erfüllt sind, was werdet ihr tun? Werdet ihr dann auch nur einen einzigen Augenblick weiterleben können? Ihr werdet ins Bett gehen und bis in alle Ewigkeit schlafen. Im Moment rennt ihr zwar weiter, solange eure Begierden euch auf den Beinen halten. Aber wenn es nichts mehr zu tun gibt, bleibt euch nichts anderes übrig als zu schlafen. Wenn all eure Wünsche erfüllt sind, könnt ihr nur noch sterben.
Auf der körperlichen Ebene gibt es Probleme, und wir leben praktisch nur, um sie zu lösen. Nur vergesst eines nicht: Da der Körper geboren wurde, wird er sterben. Alles, was geboren wurde, wird sterben; alles, was begonnen hat, wird zu Ende gehen. Das Leben auf der körperlichen Ebene führt unweigerlich zum Tod. Das bezweifelt keiner, weil es nicht zu bezweifeln ist. Kann es denn außer diesem Leben ein anderes geben? Was die körperliche Ebene betrifft, ist bisher kein Sinn entdeckt worden. Aber was, wenn etwa auf einer anderen Ebene ein gewisser Sinn zu finden wäre?
Der Körper ist eine bis ins letzte Detail festgelegte Maschine der Natur. Genauso wie die Natur, funktioniert auch der Körper mechanisch. Auf dieser Ebene gibt es keine Freiheit; dort ist alles aufeinander angewiesen. Das gilt für Mahaviras Körper ebenso wie für den Körper von Krishna und Christus oder für euren und meinen – denn Mahavira ist gestorben, so wie auch Krishna und Christus gestorben sind.
Was jedoch die Körperebene betrifft, ist bis jetzt niemand selbstständig geworden und wird niemand je zum ewigen Leben finden: Keiner hat es je gefunden und keiner wird es je finden können. Der Körper ist sterblich, von seiner Unsterblichkeit kann keine Rede sein. Der Körper ist der Sitz des Todes; dort gibt es kein Leben. Wenn wir uns einfach nur immer weiter im selben Kreise drehen, dann werden wir – wie ich euch gestern Abend sagte – auf den Tod zugehen, egal was wir tun.
Der Körper ist absolut abhängig, dort gibt es keine Freiheit. Befindet sich in uns irgendetwas, das jenseits des Körpers ist, das den Körper transzendiert? Gewiss: unser Geist – und ab und zu blitzt er auf. Jeder Mensch ist sich bewusst, einen Geist zu haben. Er kann hören, wie sich seine Gedanken auf leisen Sohlen nähern. Wenn beim Meditieren Gedanken aufsteigen, ist das eine Bestätigung dafür, dass der Geist existiert.
Der Körper ist, wie ich sagte, unweigerlich abhängig, nicht aber der Geist. Der Geist kann unabhängig werden, doch normalerweise ist auch der Geist abhängig. Auch auf der geistigen Ebene gibt es keine Freiheit in unserm Leben. Auch auf der geistigen Ebene sind wir abhängig. Auf der körperlichen Ebene haben uns Wünsche und Instinkte im Griff. Auf der geistigen Ebene haben uns Glaubensinhalte im Griff; auf der geistigen Ebene sind wir Knechte der Wörter, heiligen Schriften, Ideologien. Auch der Geist ist ein Sklave. Der Geist folgt dem Pfad der Abhängigkeit – er kennt keine Freiheit.
Aber der Geist kann unabhängig werden. Das