Mein Weg: Der Weg der weißen Wolke. OshoЧитать онлайн книгу.
existiert nur durch die Ablehnung. Das ganze Phänomen des träumenden Verstandes ist Ablehnung. Ihr habt so vieles abgelehnt, deshalb taucht es dann in euren Träumen wieder auf. Ein Beispiel: Du gehst auf der Straße und siehst eine schöne Frau oder einen schönen Mann, und Begehren steigt in dir auf. Aber dann unterdrückst du den Wunsch und verurteilst dein Begehren.
Die gesamte Tradition, die Kultur, die Gesellschaft, die Moral, alle sagen, dass Begierde schlecht ist. Du darfst eine schöne Blume anschauen, nichts Böses ist dabei, aber wenn du ein schönes Gesicht anschaust, ist sofort etwas Schlechtes daran, darum lehnst du es ab. Jetzt wird dieses Gesicht zu einem Traum.
Das Abgelehnte wird zum Traum. Jetzt taucht dieses Gesicht in der Nacht auf und verfolgt dich. Unterdrückte Begierden werden zu Träumen und Fantasien. Wie fabriziert man einen Traum? Das Geheimnis ist Unterdrückung. Je mehr man unterdrückt, desto mehr Träume hat man. Menschen, die in die Einsamkeit fliehen und das Leben ablehnen, sind voll von Träumen. Und ihre Träume werden so realistisch, so eindrucksstark, dass sie nicht mehr zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden können.
Unterdrücke nichts, sonst schaffst du dir immer neue Träume. Akzeptiere alles! Was auch immer geschieht, akzeptiere es als Teil deines Traumes. Verurteile es nicht. In dem Augenblick, in dem du alles annimmst, lösen sich die Träume auf. Ein Mensch, der das Leben völlig akzeptiert, wird traumlos, weil die gesamte Grundlage für Träume zerstört ist. Das war das eine, und das andere ist, dass alles natürlich ist. Alles, sage ich. Nicht nur die Bäume, nicht nur die Wolken, das Ganze. Was auch immer geschieht, es geschieht aus der Natur. Es gibt nichts Unnatürliches, das kann es nicht geben. Wie könnte es sonst passiert sein?
Alles ist natürlich. Darum macht keine Trennung zwischen natürlich und unnatürlich. Alles, was es gibt, ist natürlich. Aber der Verstand lebt von Unterschieden und Trennungen. Erlaubt keine Trennungen, akzeptiert alles, was es gibt, und akzeptiert es ohne jede Analyse. Ob du auf dem Marktplatz stehst oder in den Bergen, du bist in der gleichen Natur. An einem Ort ist die Natur Hügel und Bäume, und am anderen Ort ist die Natur die Läden auf der Straße.
Wenn du einmal das Geheimnis des völligen Akzeptierens kennst, dann ist selbst der Marktplatz schön. Die Lebendigkeit, die Geschäftigkeit, der herrliche Wahnsinn ringsumher – das hat seine eigene Schönheit. Und wenn es keine Marktplätze gäbe, dann wären die Berge nicht so still und schön, das darf man nicht vergessen. Durch diesen Kontrast gibt die Großstadt den Bergen ihre Stille. Egal wo ihr seid, auf dem Marktplatz oder unter einem Baum in Meditation, betrachtet es als einen Baum, macht keine Trennung. Einfach in den Straßen zu tanzen und zu singen, meinetwegen Hare Krishna, Hare Ram, kann ein Genuss sein. Es kann ein Erblühen in euch sein.
In den Tagen, als Mahaprabhu Chaitanya durch die Dörfer Bengalens tanzte und Hare Krishna, Hare Rama sang, war das der Ausdruck seines inneren Erblühens, eines der schönsten Dinge, die jemals vorgekommen sind. Nicht nur ein Buddha unter dem Bodhibaum in Meditation ist schön, ein singender, tanzender Chaitanya ist das Gleiche, nur das andere Extrem. Man kann unter einem Baum sitzen und sein Ich so völlig vergessen, dass man als Ego verschwunden ist. Man kann auf den Straßen singen und tanzen und sich dabei so völlig hineingeben, dass man verschwindet.
Das Geheimnis ist die völlige Versunkenheit, egal wo und wie. Es passiert verschiedenen Leuten auf verschiedene Weise. Man kann sich Buddha nicht tanzend vorstellen. Er war nicht der Typ dafür. Aber du kannst ein Sing- und Tanztyp sein, also tu dir keinen Zwang an und versuche nicht krampfhaft unter einem Baum zu sitzen.
Wenn man sich zur Ruhe zwingt ist man gewalttätig, und man wird nicht wie ein Buddha aussehen. Es wär Selbstquälerei. Manche sind wie Chaitanya oder Meera.
Ihr müsst herausfinden, wohin eure Wolke zieht und ihr jede Freiheit einräumen. Wo immer sie hinzieht, kämpft nicht, lasst euch tragen, sie wird zum göttlichen Ursprung gelangen. Fließt mit dem Fluss. Tanzen ist eine gute Sache, aber man muss sich ganz hineingeben. Darum geht es! Lehne nichts ab, Ablehnung ist Unglauben. Nimm alles total an, totales Akzeptieren ist Beten.
Genug für heute.
2. Kapitel
DAS MYSTERIUM HINTER DEM VERSTAND
Wie kommt es, dass wir das Glück haben, dich bei uns zu haben? Warum bist du bei uns?
„WARUM“ KANN MAN NIE BEANTWORTEN. Dem Verstand kommt es so vor, als könnte jede Frage mit warum beantwortet werden. Aber das ist eine dieser trügerischen Annahmen. Kein Warum ist jemals beantwortet worden oder könnte jemals beantwortet werden. Die gesamte Existenz ist, da gibt es kein Warum. Wenn man hartnäckig fragt, kann man eine Antwort fabrizieren, aber diese Antwort ist dann hergestellt, es ist keine richtige Antwort. Fragen als solches ist grundsätzlich absurd. Die Bäume sind, man kann nicht fragen warum. Der Himmel ist, man kann nicht fragen warum. Die gesamte Existenz existiert. Flüsse fließen, Wolken ziehen, man kann nicht fragen: „Warum?“
Aber der Verstand fragt warum. Ich weiß, der Verstand ist neugierig. Der Verstand will bei allem das Warum wissen, aber das ist eine Krankheit, die nicht geheilt werden kann, denn wenn ein Warum beantwortet wurde, taucht dahinter sofort ein neues auf. Jede Antwort gebiert nur neue Fragen, und der Verstand bleibt solange unbefriedigt, bis die letztmögliche Antwort gegeben worden ist. Und mit letztmöglicher Antwort meine ich eine Antwort, auf die kein Warum mehr folgen kann. Aber so ein Stadium gibt es eben nicht. Was auch immer gesagt wird, Warum kann immer wieder gefragt werden …
Das ist die ganze absurde Anstrengung der Philosophien. Man hat darüber nachgedacht, warum diese Welt existiert, und dann eine Theorie aufgestellt. Man dachte, dass Gott die Welt geschaffen hat, aber warum hat er sie geschaffen? Jetzt kommen immer neue Theorien ins Spiel und am Ende: Warum ist Gott?
Darum muss man diese Eigenschaft des Verstandes, immer warum zu fragen, von Anfang an kennen. So wie die Blätter aus den Bäumen wachsen, so wächst das Warum aus dem Verstand, und wenn man eines beschneidet, wachsen gleich eine Menge nach. Man kann viele Antworten sammeln, aber die eine Antwort kann nicht gegeben werden. Und wenn die richtige Antwort nicht gegeben wird, läuft der Verstand immer weiter in seiner rastlosen Suche.
Das ist das erste, das ich euch sagen möchte: Beharrt nicht auf euren Warums. Warum bohren wir immer wieder, warum wollen wir die Gründe wissen? Warum wollen wir tief in die Dinge eindringen und zu ihrem Urgrund vorstoßen? Warum? Weil man sich als Herr der Lage fühlt, wenn man für jedes Warum eine Antwort weiß. Dann kann man die Dinge manipulieren, dann gibt es keine Mysterien mehr, es gibt keine Ehrfurcht und keine Wunder mehr, man weiß alles – und hat das Wunder getötet. Der Verstand ist ein Mörder, er bringt alle Mysterien um. Der Verstand fühlt sich wohl bei leblosen Dingen. Mit irgendetwas Lebendigem fühlt er sich bedrängt, weil er nicht ganz Herr der Lage sein kann.
Das Lebendige ist immer unberechenbar. Die Zukunft eines lebenden Organismus kann nicht festgelegt werden, und wir wissen nicht, wo es hinführt, was geschehen könnte. Mit einem toten Gegenstand ist alles todsicher und festgesetzt. Man braucht sich keine Sorgen zu machen. Man lebt in Gewissheit. Alles zur Gewissheit zu machen ist der tiefe Trieb des Verstandes – weil der Verstand Angst vor dem Leben hat. Der Verstand schafft die Wissenschaften, um jeden lebendigen Keim abzutöten. Der Intellekt versucht Erklärungen zu finden, denn wenn man etwas erklären kann, ist das Mysterium aufgelöst. Ihr fragt warum und bekommt eine Antwort, dann ist der Verstand zufrieden. Aber was habt ihr damit erreicht? Ihr habt überhaupt nichts erreicht, ihr habt etwas verloren – das Mysterium.
Mysterien geben euch ein unbehagliches Gefühl, da ist etwas, das größer ist als ihr; etwas, was ihr nicht beeinflussen könnt, etwas, das ihr nicht wie einen Gegenstand benutzen könnt. Etwas Überwältigendes, Umwerfendes, etwas, dem ihr nackt und hilflos gegenübersteht, etwas, vor dem man ganz einfach verschwindet. Mysterien geben uns ein Gefühl des Todes, darum wird so viel warum, warum gefragt. Aber glaubt nicht, dass ich eure Frage vermeide; ich weiche nicht aus. Ich erzähle euch etwas über den Mechanismus des Verstandes und warum er fragt. Wenn du dir das Gefühl des Mysteriums bewahren kannst, will ich antworten.
Wenn das Gefühl des Wunderbaren, Rätselhaften bewahrt bleibt,