Butler Parker Staffel 11 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
blieb der junge Profi ahnungslos.
Er hatte es ja schließlich mit einer Frau zu tun, wie er eben erst in der Telefonzentrale erfahren hatte. Sein Trick, sich als Kriminalbeamter auszugeben, hatte vollen Erfolg gehabt. Man hatte ihm bereitwillig Auskunft erteilt.
Leichtsinnigerweise verzichtete er darauf, seinen Partner aus dem Minicooper mitzunehmen. Den Schock, den er Agatha Simpson zugedacht hatte, konnte er ihr auch allein verpassen. So wenigstens dachte er opti-mistisch.
Fast wohlgestimmt stieg er in den Lift und trat höflich zur Seite, als der Butler ihm folgte. Belustigt nahm er diesen schwarzgekleideten Mann zur Kenntnis. Das Alter des Butlers war nur schwer zu schätzen. Er konnte Ende Vierzig, aber auch sehr gut bereits weit in den Fünfzigern sein. Der junge Profi hatte es mit einem Gesicht zu tun, das nahezu unbeweglich war. Die Augen waren grau und verrieten wache Intelligenz.
Der Butler trug einen schwarzen Zweireiher, darunter eine Weste, gestreifte Beinkleider und schwarze, derbe Schuhe. Er hatte eine schwarze Melone auf dem Kopf und einen altväterlich gebundenen Regen-schirm, der über seinem linken Unterarm hing. Der Mann war die Korrektheit in Person.
»Welche Etage darf ich für den Herrn drücken?« erkundigte sich der Butler, seine schwarze Melone lüf-tend.
»Dritter Stock«, erwiderte der junge Mann, der in den vierten wollte, um ungestört zu bleiben, da er an Zuhörern oder Zuschauern nicht interessiert war.
Josuah Parker drückte den gewünschten Etagenknopf und wendete dem jungen Profi halb den Rücken zu. Dabei passierte dem Butler ein Mißgeschick. Mit dem rechten, eisenbeschlagenen Absatz seines linken Schuhs trat er dem Mann sehr nachdrücklich auf die Zehen.
»Oh, das ist mir aber äußerst peinlich«, entschuldigte sich der Butler, während der Profi weiß im Gesicht wurde. »Sollte ich Sie möglicherweise inkommodiert haben?«
Der Profi wußte nicht, was der Butler meinte, denn er hatte mit seinen mißhandelten Zehen zu tun. Er hob den Fuß und sog dabei pfeifend und scharf die Luft ein. Er hatte das deutliche Gefühl, daß seine Zehen total zerquetscht waren.
»Sie – Idiot!« keuchte der junge Profi.
»Sie sehen mich erschüttert«, behauptete Parker und schaltete sich ungefragt als Nothelfer ein. Er griff nach dem linken Unterarm des Mannes, um wenigstens dessen Gleichgewicht zu gewährleisten.
Parker schien dabei etwas zu hart zugegriffen zu haben. Der junge Profi zuckte nämlich zusammen. Er hat-te das Gefühl, von einer Nadel gestochen worden zu sein.
Was übrigens genau den Tatsachen entsprach, denn der Butler hatte seine perlenverzierte Krawattennadel als Kampfmittel eingesetzt. Da die Spitze dieser Nadel präpariert war, fühlte Artie sich plötzlich besonders schlecht. Ein Betäubungsgift – an sich harmlos – begann im Blut zu kreisen und rief bei ihm Halluzinationen hervor. Artie verdrehte die Augen, schielte ein wenig planlos durch den Lift und lehnte sich dann schwer gegen den Butler.
Parker änderte die Fahrtrichtung des Lifts und fuhr mit seinem sehr müde werdenden Begleiter wieder nach unten zur Hotelhalle. Als sie dort ankamen, war Artie bereits in sich zusammengerutscht und geistig weggetreten.
»Schnell, einen Arzt«, rief Parker einem Pagen zu. »Den Herrn scheint eine Kreislaufschwäche erfaßt zu haben.«
Der Chefportier und sein Helfer eilten herbei. Sie nahmen Artie zwischen sich und schleiften ihn umge-hend und schnell in den kleinen Korridor neben der Portierloge. Nur kein Aufsehen, das war ihre Parole.
Artie wurde im Umkleideraum für die Portiers abgelegt, dann alarmierte man einen Arzt.
»Noch so jung und schon so labil«, stellte Parker gemessen fest. »Nun, die Kunst der Ärzte wird den Be-dauernswerten schon wiederherstellen. Falls ich nicht gebraucht werde, meine Herren, möchte ich mich jetzt entfernen.«
Die beiden Portiers hatten nichts dagegen.
Josuah Parker ging zurück in die Hotelhalle und sah vom Eingang aus hinunter auf den Minicooper. Der zweite Jungprofi war inzwischen ausgestiegen und lehnte sich gegen den Wagen. Er sah an der Fensterfront des Hotels hoch und rauchte eine Zigarette. Es war jener junge Mann, der die Telefonwache vor der Hänge-brücke des Castle gehalten hatte.
Parker winkte einen Pagen zu sich heran und deutete auf den zweiten Jungprofi am Minicooper.
»Richten Sie dort dem Herrn im Namen eines gewissen Artie aus, er möge umgehend hinunter zum Fi-schereihafen fahren, Kai Nr. 9.«
»Ihr Name, Sir?«
»Artie!«
»Artie, Sir?« Der Page sah den Butler ein wenig irritiert an.
»Artie«, bestätigte der Butler und drückte dem Pagen eine Banknote in die Hand. »Zu Ihrer Erklärung: Es handelt sich um eine Wette.«
Der Page hatte sich die Zahl auf der, Banknote angesehen und hielt es für richtig, keine weiteren Fragen zu stellen. Er grinste und beeilte sich, seinen Auftrag auszuführen.
Vom Eingang aus, hinter einer Topfpalme verborgen, beobachtete der Butler das Ergebnis seines kleinen Bluffs. Der Page hatte den zweiten Jungprofi inzwischen erreicht und richtete seinen Auftrag aus.
Parkers Rechnung ging auf.
Der zweite Profi hörte den Namen Artie, der für ihn eine Art Codewort darstellte. Er nickte und warf sich förmlich in seinen Minicooper. Die Reifen quietschten, als er lospreschte.
Als er die Straßenausfahrt des Parkplatzes erreicht hatte, begegnete ihm ein Notarztwagen. Doch darauf achtete er verständlicherweise nicht. Der Minicooper fädelte sich in den Verkehr ein und entschwand Par-kers Augen.
Der Butler war mit sich wieder mal zufrieden. Nun hatte er Zeit, Mylady zu gewissen Zugeständnissen zu überreden.
*
Stephan Waters brauchte nur eine Sekunde, um die Spitze der sprichwörtlichen Palme zu erreichen.
»Das darf doch nicht wahr sein«, brüllte er aufgebracht seine beiden Profis an, die wie begossene Pudel vor ihm standen. »Zwei ausgebuffte Männer lassen sich von einem alten Knilch auf die Bretter legen. So was gibt’s doch nicht!«
Artie und Ray sahen betreten zu Boden.
»Der eine wird mit ’nem Kreislaufkollaps ins Hospital geschafft, der andere kurvt unten im Fischereihafen herum.« Waters marschierte vor seinen beiden Leibwächtern auf und ab. »Nun sagt wenigstens etwas! Ver-teidigt euch!«
»Der Butler hat’s faustdick hinter den Ohren«, meldete Artie sich zu Wort. »Er muß mir ’ne Spritze in den Unterarm gerammt haben. Ich hab’ den Stich gemerkt, aber da war’s auch schon zu spät. Ich bin erst wieder im Hospital zu mir gekommen.«
»Und ich bin auf den Namen Artie reingefallen«, entschuldigte sich Ray, der zweite Jungprofi. »Woher er den Namen weiß, kann ich mir nicht erklären.«
»Wenn einer Profi ist, dann ist das dieser Butler«, stellte Waters wütend fest. »Ihr fahrt zurück in die Stadt und brecht dem Kerl ein paar Knochen.«
»Das geht nicht, Chef«, sagte Artie.
»Der Butler ist mitsamt der Lady und der Gesellschafterin abgehauen«, fügte Ray hinzu.
»Abgehauen? Wohin?«
»Nach Edinburgh, Pendington-Manor. Ich hab’ mir im Hotel die Postnachsendeadresse geben lassen.«
»Nach Schottland?« Waters zwang sich zur Ruhe. Konnte er es sich leisten, den Butler zu verfolgen? Die Entfernung nach Edinburgh war schließlich kein Pappenstiel.
»Ist das mit Schottland sicher?« vergewisserte Waters sich.
»Ich hab’ den Hotelpagen bestochen«, antwortete Ray, »der Junge wußte das aus erster Hand. Die Nach-sendeadresse sollte eigentlich geheimgehalten werden.«
Ray ahnte nicht, daß Josuah Parker all dies nur inszeniert hatte.
»Also schön,