Bitte klopfen!. Michael BohneЧитать онлайн книгу.
das nicht wert, Andere sind interessanter als ich, Nein sagen ist gefährlich, Bleib auf dem Boden, Heb nicht ab etc. Was nun, wenn man sie hat?
Es gibt viele Wege, die nach Rom führen, und jeder ist auf eine andere Art und Weise gut. In den letzten Jahren hat ein neuer Weg für Furore gesorgt, der sich als ausgesprochen hilfreich und nützlich für eine effiziente emotionale Selbsthilfe und für eine Verbesserung der Selbstbeziehung, also der Beziehung, die wir zu uns selbst haben, erwiesen hat. Gemeint ist die Klopftechnik, die aus der Energetischen Psychologie kommt.
Merke: Bei allen Klopftechniken werden bestimmte Körperpunkte beklopft, während man gerade Stress, Angst, Ärger, Hilflosigkeit oder andere unangenehme Gefühle empfindet. Dadurch wird die Intensität der störenden Emotionen im Gefühlshirn reduziert. Darüber hinaus werden selbstakzeptierende bzw. selbstbestätigende Affirmationen ausgesprochen und noch weitere Strategien genutzt, die unser Gehirn wieder in einen lösungskompetenteren Zustand versetzen.
Dieses Vorgehen sieht natürlich eigenartig aus. Aber wer hat denn gesagt, dass es weniger eigenartig ausschaut, wenn Menschen einen wesentlichen nächsten Entwicklungsschritt nicht gehen, weil sie sich nicht trauen? Oder wenn Menschen aus Angst nicht in ein Flugzeug steigen, öffentliche Auftritte meiden oder mit zitternder Stimme sprechen oder sich vor eigentlich ungefährlichen Situationen fürchten? Oder wenn sie sich von unangenehmen Gefühlen oder unangenehmen Beziehungen derart beherrschen lassen, dass sie ihre vorhandenen Potenziale nicht leben? All das sieht doch im Grund genommen ziemlich eigenartig aus, ist aber ganz normal im Sinne von häufig vorkommend. Doch darin muss man natürlich nicht stecken bleiben.
Zu den Klopftechniken gehören verschiedene sich teils sehr ähnelnde Ansätze, die von unterschiedlichen Menschen beschrieben wurden. Die Techniken haben alle eine gemeinsame Wurzel, haben sich jedoch in den letzten Jahren in unterschiedliche Richtungen weiterentwickelt (Bohne 2008a).
Merke: Das Faszinierende an den Klopftechniken ist, dass wir etwas in den Händen haben, das uns eine Möglichkeit zu effizienter emotionaler Selbsthilfe eröffnet.
Diesem Aspekt wohnt tatsächlich etwas Revolutionäres inne. Denn niemand hat uns z. B. in der Schule eine vergleichsweise gut wirksame und einfach anzuwendende Technik zur emotionalen Selbsthilfe gezeigt. PEP3 ist eine zeitgemäße Weiterentwicklung der bekannten Klopftechniken, der es unter anderem darum geht, die Energetische Psychologie zu entmystifizieren und somit einer wissenschaftlichen Betrachtungsweise zugänglich zu machen (Bohne 2010).
Nun leben wir in einer Zeit, in der immer mehr Menschen sich unabhängig von anderen machen möchten. Da passen Techniken, mit denen man ein ganz gutes Stück seiner eigenen belastenden Emotionen reduzieren kann, natürlich gut in die Zeit.
Merke: Bleiben Sie jedoch bitte so clever, und gönnen Sie sich Hilfe von außen, z. B. durch einen erfahrenen Coach oder Psychotherapeuten, sollten Sie an Ihrem Anliegen alleine nicht weiterkommen oder sollte das Klopfen bei Ihnen als Selbsthilfetechnik nicht wirken oder Sie verunsichern.
Sollten Sie sehr unangenehme Dinge in der Vergangenheit erlebt haben, Dinge, die zu verarbeiten für Sie zu viel war, oder sollten Sie befürchten, belastende Gefühle könnten Sie überfluten oder Sie könnten den Verstand verlieren, dann könnte es sein, dass es besser ist, die Klopftechnik und darüber hinaus natürlich noch andere hilfreiche Strategien und Techniken in einer Psycho- oder Traumatherapie kennenzulernen. Gerade wenn man sehr lange gelitten hat, läuft man ggf. Gefahr, den – manchmal vorlauten – Heilsversprechen so mancher Klopfanwender auf den Leim zu gehen und sich selbst zu überfordern.
Vielleicht haben Sie aber auch schon einen Coach, Arzt, Psychotherapeuten oder Heilpraktiker, mit dem Sie an Ihrem Thema gemeinsam arbeiten. Vielleicht hat er Ihnen sogar dieses Büchlein als Anleitung zur emotionalen Selbsthilfe empfohlen oder mitgegeben. Dann ist das wunderbar. Wenn ich Ihnen jedoch einen Rat geben darf: Gehen Sie nicht zu jemandem, dessen einzige Technik oder Methode das Klopfen ist. Das Klopfen ist für professionelle Coachs, Psychotherapeuten, Ärzte und Heilpraktiker lediglich eine Zusatztechnik. Ihr Ansprechpartner sollte also noch über verschiedene andere Werkzeuge verfügen. Denn auch hier gilt:
Hat man als einziges Werkzeug nur einen Hammer, so erscheint einem jedes Problem dieser Welt wie ein Nagel.
Und achten Sie auf Ihr Bauchgefühl, darauf, ob Ihr Gegenüber zu Ihnen passt und ob er Ihnen guttut. Nicht jeder Mensch passt zu jedem Coach, Arzt oder Therapeuten. Die Chemie muss stimmen. Aber hier soll es ja in erster Linie um Selbsthilfe gehen.
3Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie.
2Warum klopfen?
Natürlich wirkt es für viele Menschen zunächst etwas kulturfremd, ja vielleicht sogar bizarr, wenn man sich bei unangenehmen Emotionen selbst auf bestimmte Körperpunkte klopft. Es könnte sich jedoch als erstaunlich interessante Abkürzung zum gewünschten Ziel erweisen, vor allem, wenn es darum geht, unangenehme Gefühle zu überwinden. Unsere Gefühle sind nämlich in einem sehr alten Hirnareal, dem limbischen System, auch Säugetierhirn genannt, organisiert. Wenn wir z. B. Angst haben, dann ist dieses Hirnareal sehr stark aktiviert. Wenn man sich nun mittels Großhirnrinde, also Verstand, sagt, dass man doch keine Angst zu haben braucht, macht man vermutlich die Beobachtung, dass diese kognitive Einsicht leider oft nicht wirklich hilft. Die Angst bleibt häufig unverändert und lässt sich durch schlaue Kommentare aus der Großhirnrinde nicht wirklich beeindrucken. Wer hat das nicht schon erlebt? Leider führt diese Beobachtung bei vielen Menschen zu einer Selbstabwertung, da sie die Erwartung an sich haben, dass das doch eigentlich funktionieren müsste. Aber das geht schlicht und ergreifend aus anatomischen und neurophysiologischen Gründen nicht. Wenn unser Gefühlshirn stark aktiviert ist, macht es sich quasi unabhängig vom Großhirn, damit wir z. B. bei Gefahr sofort und ohne große Umschweife handeln und zur Gegenwehr ansetzen oder uns bei vermuteter Erfolglosigkeit der Gegenwehr in Sicherheit bringen, also fliehen. Die Unbeeindruckbarkeit des Gefühlshirns durch kluge oder auch nicht so kluge Kommentare aus der Großhirnrinde ist ein biologisches Programm, das unseren Vorfahren in Gefahrensituationen das Leben gerettet hat und auch uns auf Gefahren hinweist. Nun springt dieses Notfallprogramm leider manchmal zu früh an, bzw. unser automatisiertes Frühwarnsystem hält etwas für eine Gefahr, was vielleicht früher, als wir Kinder waren oder als wir vielleicht etwas Belastendes erlebt haben, tatsächlich mal eine Gefahr war, nun aber keine mehr ist. Nun hilft, wie gesagt, das reine Denken oft nicht weiter, da unser Körper ganz automatisch reagiert. Eigentlich toll, dass unser Körper bzw. unser Gehirn sich unangenehme Sachen so gut merken kann und uns vor nochmaligen unangenehmen Erlebnissen schützen möchte. Leider meint er es nur allzu gut mit uns und schießt bisweilen eben etwas über das Ziel hinaus.
Merke: Aller Beobachtung nach wirkt das Klopfen direkt auf unser Gefühlshirn. Das heißt, wenn wir auf bestimmte Körperpunkte klopfen, während wir eine unangenehme oder belastende Emotion4 erleben, haben wir gute Chancen, dass sich der Stress, das Unbehagen, die uns belastenden unangenehmen Gefühle reduzieren lassen.
Das Klopfen ist quasi eine ganzkörperliche Maßnahme, die unseren unangenehmen Gefühlen dort begegnet, wo sie sich uns mitteilen, auf der Ebene des Körpererlebens. Der bekannte Hirnforscher Antonio Damasio spricht vom Körper auch als der Bühne der Gefühle.
Der renommierte amerikanische Traumaexperte Bessel van der Kolk spricht bei traumatischen Erinnerungen von The Body Keeps the Score, also verkörpertem Schrecken, wie sein gleichnamiges Buch heißt. Der deutsche Hirnforscher Gerald Hüther schreibt im Vorwort zu dem Buch Embodiment: „Jede Fachperson, die Menschen berät, therapiert oder erforscht, ohne den Körper mit einzubeziehen, sollte eine Erklärung für dieses Manko abgeben müssen.“
Es erscheint also überaus plausibel, den Körper bei emotional belastenden Themen bei der Behandlung, bzw. Bearbeitung unbedingt mit einzubeziehen.
4Wenngleich in der psychologischen Forschung Emotionen und Gefühle unterschieden