An meinen Liebhaber | Roman. Lily HuntЧитать онлайн книгу.
an dieser Stelle aus. Lächele und nicke ab und zu und hoffe, dass ich die richtigen Stellen treffe. Unauffällig blicke ich mich um. Ich habe dich noch nicht gefunden. Kein Wunder, bei all den Leuten. Der Mann, dessen Name mir immer noch nicht einfällt, lacht laut. Verunsichert stimme ich mit ein. Höchstwahrscheinlich war es nicht witzig, aber es fällt mir schwer, andere vor den Kopf zu stoßen. Selbst wenn diese dumm und langweilig waren.
»Kaum ist dein Mann nicht da, schon fängst du an, mit anderen zu flirten.«
Beim Klang deiner so vertrauten Stimme fahre ich erschrocken herum. Ein Rauschen beginnt in meinen Ohren; alles um mich herum verschwindet. Ich sehe dich wie im Tunnelblick, alles andere ist ausgeblendet. Du lächelst unverbindlich, reichst mir die Hand und gibst mir einen Kuss auf die Wange. Ich rieche dein mir bekanntes Rasierwasser und tausend Erinnerungen ziehen durch meinen Geist. Das Blut schießt mir in den Kopf, wahrscheinlich verfärbt sich mein Gesicht burgunderrot. Ich hoffe, dass das niemandem bei dem schummrigen Licht auffällt. Du wendest dich an meinen Gesprächspartner und schüttelst ihm zur Begrüßung die Hand.
»Peter! Wie immer bei den schönen Frauen zu finden.«
Peter! Da hätte ich doch eigentlich selbst draufkommen können. Wenn irgendjemand wie ein Peter aussieht, dann er, fährt es mir durch den Kopf. Aber eigentlich ist mir sein Name recht gleichgültig. Nichts anderes zählt mehr als deine Anwesenheit. Ich habe das Gefühl, mit dir in einer kleinen Blase zu stehen. Nichts dringt von außen zu uns. Ich sehe nur noch dich.
Dein Auftreten ist wie immer selbstbewusst und unverbindlich.
»Wie geht es dir?«, fragst du mich und ich lächele dich an. Ich habe etwas Mühe, dich zu verstehen und beuge mich zu dir hin. Ich spüre deine Nähe mit jeder Zelle meines vibrierenden Körpers.
»Wir haben uns lange nicht gesehen. Schade, dass Mathias krank ist. Er verpasst heute etwas.«
Ich nicke. Mein Kopf ist wie leer gefegt. Mir fällt nicht ein, was ich erwidern könnte. Doch das ist auch gar nicht nötig, denn Peter versucht, dich in ein Gespräch zu verwickeln. Dein Blick wendet sich von mir ab und ich habe Zeit, dich aus dem Augenwinkel zu mustern.
Du hast dich kaum verändert. Nur deine Haare sind vielleicht etwas grauer geworden, was ich aber sexy finde. Du hebst die Hand und Peter verstummt.
»Tut mir leid. Ich muss noch ein paar Gäste begrüßen. Wir sehen uns später.«
Du musterst mich anerkennend mit einem kurzen, anzüglichen Blick. Hitze und Verlangen breiten sich in meinem Schoß aus. Dann verschwindest du in der Menschenmenge. Wenn ich deinen Blick richtig deute, gefällt dir mein Aufzug.
Mit meinen Ellbogen kämpfe ich mich zur Bar durch und lasse Peter einfach stehen. Keine Minute länger ertrage ich sein tumbes Geschwätz mehr. Ich brauche jetzt dringend etwas zu trinken. Es ist zu laut, zu voll hier.
Seit du in der Menschenmenge untergetaucht bist, fühle ich mich allein. Der Kellner schiebt mir über die Theke ein volles Glas Wein zu, welches ich schnell hinunterstürze. Dann schnappe ich mir ein weiteres Glas und beschließe, an die frische Luft zu gehen. Ich brauche ein wenig Ruhe und Zeit für mich, um mich wieder zu beruhigen. Mein Herz schlägt wie verrückt und im meinem Schoß pocht es verlangend.
Kurz vor der Tür hängt Ines sich an meinen Arm. Ausgerechnet! Ich habe Mühe, sie nicht von mir wegzustoßen. Sie seufzt neidisch, als sie mein gefülltes Weinglas sieht.
»Leider muss ich mich heute zurückhalten. Ich habe morgen Frühschicht und muss pünktlich aus dem Haus.«
Versteinert bleibe ich stehen. Ich breche unter ihren Worten fast zusammen. Ob sie weiß, was sie mir da gerade offenbart hat?
So viele Möglichkeiten für uns. Das konnte doch kein Zufall sein! Offenbar spielte Fortuna wieder mit ihrem Glücksrad. Doch war das wirklich Glück für mich? Oder eher eine Katastrophe?
5 Jahre zuvor
Glücklicherweise war an diesem Tag im Büro wenig zu tun. So konnte ich in Ruhe meinen Gedanken nachhängen. Was hatte ich nur getan? Ich könnte natürlich dem Alkohol die Schuld geben, aber wenn ich ehrlich zu mir war, war das nur die halbe Wahrheit.
Ich stützte meine Ellbogen auf die Tischplatte und legte mein Gesicht in beide Hände. Was hatte mich da nur geritten? Meine Haut fühlte sich heiß an, wie im Fieber. Was sollte ich nur tun, wenn er heute Mittag plötzlich hier im Büro auftauchte? Wie sollte ich das meinen Kollegen erklären? Vielleicht konnte ich ihn ja als entfernten Verwandten vorstellen?
Reiß dich zusammen, schimpfte ich mich selbst aus. Wahrscheinlich hat er die ganze Sache inzwischen wieder vergessen.
Das Telefon klingelte und riss mich aus meinen Überlegungen. Ich hob den Hörer ab, meldete mich und lauschte.
»Hallo! Erschreck dich nicht. Ich bin es.«
Ich erkannte seine dunkle Stimme sofort. Stocksteif saß ich auf meinem Bürostuhl.
»Hallo!« Meine Stimme glich einem Flüstern. Ich räusperte mich.
»Erinnerst du dich an unser Gespräch bei der Weihnachtsfeier?«
Was für eine Frage!
»Ja, natürlich.«
Er lachte. »Ich würde dich immer noch gern einmal besuchen. Wann hast du Zeit?«
In meinem Kopf herrschte Chaos. Was tat ich da nur? Sollte ich mich wirklich mit ihm verabreden? Andererseits, warum nicht? Vielleicht wollte er ja wirklich nur einen Kaffee mit mir trinken und ich brach hier grundlos in Panik aus. Irgendwie glaubte ich aber selbst nicht daran.
»Ich ... ich weiß nicht.« Ich ärgerte mich immens über meine Stotterei. »Jetzt vor den Feiertagen ist das schlecht.«
Wieder dieses sexy, dunkle Lachen, welches ein Kribbeln in meine Magengegend sendete.
»Du willst dich doch aber noch mit mir treffen, oder?«
Ich schwieg. Es fühlte sich an wie ein Scheideweg, an dem ich stehe. Wie sollte ich mich nur entscheiden? Moralisch gesehen war die Antwort glasklar. Sofort abwiegeln. Dann könnte ich mein Leben wie bisher weiterleben. Insgeheim sehnte ich mich aber nach mehr Aufregung. Und ehe ich michs versah, flüsterte ich:
»Ja, ich möchte mich mit dir treffen.«
Mein Herz schlug bei diesen Worten wie verrückt. Sein dunkles Lachen tönte aus dem Hörer.
»Gut. Du weißt aber, dass ich nicht der Typ fürs Händchenhalten bin, oder?«
Bei diesem Satz brannte alles in mir. Ich umklammerte den Telefonhörer so fest, dass er knackte.
»Ich möchte dich dann küssen und anfassen.«
Feuchtigkeit sammelte sich zwischen meinen Beinen. Oh mein Gott, was tat ich da nur?
»Okay«, wisperte ich in den Hörer und ahnte in diesem Augenblick schon, dass ich mich ihm damit auslieferte.
»Wir treffen uns und reden darüber.«
Tief in mir wusste ich, dass ich mir mit diesem Satz nur ein Alibi für meinen Seelenfrieden verschaffte. So konnte ich mir bis zu diesem Treffen immer wieder sagen, dass ich ja nur reden wollte. Gleichzeitig wusste ich aber, dass wir nicht darüber sprechen würden. Wenn ich zu diesem Treffen gehen sollte, und das würde ich, wäre das der Beginn meiner ersten Affäre.
»Gib mir deine Telefonnummer. Wir machen den Rest dann per SMS aus.«
3. Kapitel
Gegenwart
Mein Geliebter,
unsicher stehe ich vor deiner Schlafzimmertür und traue mich nicht, sie zu öffnen. Ines ist vor einer halben Stunde zur Arbeit gegangen. Sie hatte sich leise bewegt, um uns nicht zu stören. Erst als ich die Haustür zuklappen hörte, hatte ich mich gerührt. Eure Kinder sind bereits groß und leben nicht mehr hier im Haus. Wir sind allein.
Ich lehne meine Stirn an den Türrahmen und