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Marthas Liebschaften | Erotischer Roman. Aimée RossignolЧитать онлайн книгу.

Marthas Liebschaften | Erotischer Roman - Aimée Rossignol


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als ich schon im Bett lag. Warum ich überhaupt das Gespräch angenommen habe, weiß ich auch nicht.

      »Hmm ...«, brumme ich. »Ich schlafe schon fast.«

      »Ja, das dachte ich mir. Trotzdem. Ich wollte nur ganz kurz ... Weißt du, es tut mir leid. Ich meine, natürlich kannst du einen Liebhaber haben. Du bist eine freie Frau. Ich wollte dir nur sagen, dass das für mich in Ordnung ist. Es ...« Er bricht ab und atmet schwer. »Es bricht mir nur das Herz, Martha.«

      »Gute Nacht, Luc.«

      »Ach, und ...«

      »Was noch?«

      »Kannst du vielleicht ein paar Küchenhandtücher kaufen und beim nächsten Mal mitbringen? Ich weiß nicht, wo man so etwas bekommt. Ich finde immer nur Dusch- und Badetücher, aber nicht die, mit denen man Geschirr trocknen kann.«

      »Natürlich, Luc«, sage ich seufzend und lege auf.

       Dienstag

      Heute ist der Tag, an dem ich »Übermorgen kommt Monsieur Frechat« sagen darf und vielleicht erwache ich deshalb mit klopfendem Herzen und einem unbestimmten Gefühl der Erregung. Als ich die Bettdecke zum Lüften über das Fensterbrett hänge, kommt ein kleiner feuchter Fleck auf dem Laken zum Vorschein. Nachdenklich streiche ich mit dem Finger darüber.

      In diesem Bett habe ich mit niemandem bisher geschlafen und verspüre auch nicht die geringste Lust, es mit jemandem zu teilen. Weniger, weil ich es nicht will, als vielmehr, weil ich glaube, dass es niemanden gibt, der ein guter Mitschläfer ist.

      Es klingt so leicht: Tisch und Bett teilen. Aber was heißt das denn? Ein schlafender Körper neben sich, der dabei Geräusche macht, atmet, im schlimmsten Fall schnarcht. Ein anderer Mensch, der sich im Schlaf bewegt, sich hin und her wirft, an fremden Decken zieht und Kopfkissen okkupiert, die nicht ihm gehören. Also so war es mit Luc. Schlafen. Ein stundenweiser Zustand, der nur einen kurzen Zeitraum der Nacht andauerte. Meist kam Luc spät zu Bett, lange nach mir. Die Abendstunden gehörten ihm am Flügel, versunken in einer neuen Komposition.

      Kurz darauf endete dann allerdings schon meine Nacht, entweder mit klappernden Zähnen, weil er mir meine Bettdecke weggezogen hatte oder mit schlaflosem Wachliegen und dem Lauschen auf sein gurgelndes Atmen.

      Als ich das erste Mal seit langer Zeit hier in diesem Bett allein schlief, war ich irritiert von der Stille.

      Noch einmal betrachte ich den feuchten Fleck. Leider kann ich mich an den dazugehörigen Traum nicht mehr erinnern. Ich wüsste gern, ob es jemand war, den ich kenne, der mich so erregt hat, oder ein Fremder.

      Vielleicht war es der Gedanke an Monsieur Frechat. Irgendjemand an der Académie hat ihn mir damals empfohlen, ich weiß nicht mehr, wer. Er sei gut und schnell. Er würde nicht viel reden, aber er hätte gute Ohren. So oder so ähnlich hat man über ihn gesprochen. Und als er dann vor mir stand, war ich überrascht. Ich hatte jemanden erwartet, wie Lucs Klavierstimmer. Alt, vornübergebeugt, eben jemanden, der so aussieht, als hätte er Blüthner noch persönlich gekannt. Monsieur Frechat dagegen stand groß und aufrecht vor meiner Tür, kaum älter als Vierzig, mit vollen rot-braunen Locken. Über der Schulter eine Tasche aus alter LKW-Plane und die Stirn in sorgenvolle Falten gelegt. Ein kurzes »Bonjour, Madame« und dann hatte er sich schon an mir vorbei den durch den Flur geschoben.

      Es war, als hätte er den Flügel riechen können. Zielsicher folgte er allen Ecken und Biegungen meines Flures bis ins Wohnzimmer. Kein »Ach, da ist er ja!« oder »Ah, Madame, ein schönes Instrument!«, nein, nur ein stiller Blick und ein langer breiter Finger, der über das Holz strich.

      Ich folgte der Bewegung mit meinen Augen, nur, um dann Monsieur Frechat so unauffällig wie eben möglich zu mustern. Ein kantiges Gesicht, eingerahmt von dunklem Bartschatten, eine grade Nase und schmale Lippen, die er aufeinanderpresste. Ob er schön ist, hatte ich mich gefragt und keine Antwort gefunden. Luc, mit seinen ebenmäßigen Zügen hat ein gefälliges Gesicht, ein breites Lachen, amüsierte Augen. An Monsieur Frechat ist nichts gefällig, nichts leicht und beim Stimmen sieht er so aus, als wäre sein Tun ein Frondienst, den er an der Menschheit ableisten müsste, aber nichts ist, was ihm auch nur im geringsten Freude bereitet.

      Trotzdem blieb ich damals im Wohnzimmer. Niemals zuvor habe ich einem Klavierstimmer bei der Arbeit zugesehen, denn außer, dass wir beide dasselbe Instrument bedienen, wenn auch auf unterschiedliche Arten, haben wir doch wenig Berührungspunkte.

      Leise setzte ich mich in den alten Ohrensessel neben der Tür und legte die Hände in den Schoß. Falls ihn meine Anwesenheit überraschte, ließ er es sich nicht anmerken. Beinahe stoisch nahm er sein Tun auf, ohne mir Beachtung zu schenken, ohne zu sprechen.

      Wer einmal eine Stimmung gehört hat, weiß, dass die Töne, die dem Instrument dabei entlockt werden, nichts mit einem ästhetischen Anspruch an ihre Reihenfolge zu tun haben. Mit anderen Worten, es ist nicht eben ein Vergnügen. Es war also sicher nicht das Klangerlebnis, das mich andächtig in meiner Position verharren ließ, nein, mir war, als hätte ich keine andere Wahl. Mir war, als müsse ich ihm zusehen und den zügigen und geschickten Handgriffen beiwohnen, als wäre es ein Staatsakt, bei dem ich die Ehre hatte, zugegen zu sein.

      Um die Mittagszeit schließlich, als die Sonne am höchsten stand und ein kleiner Lichtstrahl sich in seinem Haar fing, trat er einen Schritt zurück.

      Kein »ich bin fertig«, kein Wort, kein Blick für mich, nur einen sehr langen Augenaufschlag für das Instrument.

      Ich weiß nicht genau, was ich mir dachte, als ich an ihm vorbei auf den Hocker glitt und meine Finger über die Tasten legte. Nicht Chopin, nicht Rachmaninow, nein, ein altes Volkslied spielte sich fast wie von selbst.

      »À la claire fontaine«.

      Ein Lied über den Verlust der Liebe, über das Nachtrauern und über das Leid. Er legte mir seine Hand auf die Schulter. Seine Hand war schwer wie eine Pranke, schwer wie eine Bärentatze und doch gab mir das Gewicht, das er in diesen Griff legte, eine seltsame Ruhe, das weiß ich noch. Eine Weile verharrten wir so, nachdem der letzte Ton verklungen war. Er roch nach Holz und nach Seife. Als seine Lippen mein Haar berührten, schloss ich die Augen und bog meinen Kopf zurück, bis ich mich gegen seinen warmen Bauch lehnen konnte. Mir war, als müssten wir den nächsten Schritt nicht überlegen, aber ein wenig aufschieben. Fast kam ich mir vor, als wäre ich wieder ein Kind. Ich erinnere mich an das Gefühl der unbestimmten herzklopfenden Vorfreude zu Weihnachten. Dann, wenn die Tür zum Wohnzimmer noch geschlossen war und ich wartete. »Warten auf das Glöckchen« nannte ich diesen Zustand. Fast war ich enttäuscht, wenn mein Großvater dann tatsächlich läutete und meine Mutter die breite Flügeltür öffnete, ein Lächeln auf dem Gesicht. Nur auf dem Weihnachtsbaum brannten Kerzen, sonst war das Zimmer dunkel. Natürlich hatte ich wenig Sinn für die Schönheit und den delikaten Christbaumschmuck. Alles, was zählte, waren die unzähligen kleinen und großen Pakete darunter.

      Genauso kam ich mir in meinem Wohnzimmer auch vor. Kurz davor, etwas sehr Kostbares auszuwickeln.

      Ich glaube, Monsieur Frechat war es dann, der einen warmen Finger unter mein Kinn schob und meinen Kopf anhob, bevor sich sein großer Körper nach vorn neigte und mich küsste.

      Für einige Sekunden lagen unsere Lippen nur aufeinander. Bewegungslos, regungslos. Aber dann war ich diejenige, die den Mund öffnete und von seiner Wärme kostete. Fast schien mir, als würde er Worte in den Mund murmeln.

      Er war es, der seine Finger unter meine Bluse schob und ganz sacht über meinen Rücken strich. Eine Berührung, unvermutet zart, die mich erschauern ließ.

      Danach war alles anders. Es hätte der Kuss sein können, der alles veränderte, aber er war es nicht. Seine Finger auf meiner Haut beendeten das atemlose Warten, die Stille vor dem Startschuss. Danach war alles Gier und Verlangen. Ich weiß gar nicht mehr, wer wen auszog, aber ich erinnere mich an das Gleiten von Stoff auf meiner Haut, zwischen meinen Fingern. An das Geräusch, als eine Naht riss. Ich glaube, es war sein Hemd.

      Unsere Lippen klebten aufeinander, als gäbe es keinen anderen Ort für sie, nur unwillig unterbrochen davon, dass Kleidung über den Kopf


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