Dr. Laurin Classic 39 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
auch«, gab Antonia ihm recht. »Aber es sind unsere Kinder, nicht nur deine, meine ich.«
»Verzeih’ mir, Geliebte«, sagte er und nahm sie zärtlich in die Arme. »Dir kann ich es ja sagen. Ich habe eine höllische Angst, wenn sie unters Messer müssen.«
»Wir alle«, sagte Antonia leise. »Teresa ist ganz fertig. Papa ist deprimiert, und Karin hat erklärt, daß sie dann auf jeden Fall mit in die Klinik geht.«
»Das kann ja was werden«, meinte Leon nachdenklich.
*
Etwa um die gleiche Zeit, als im Hause Laurin die Lichter erloschen, kamen Wolf Kunow und Monika in Bruneck an.
Monika war in einem abwesenden Geisteszustand.
»Du mußt dich mit der Tatsache abfinden, Monika«, sagte Wolf Kunow eindringlich.
»Das kann ich nicht. Ich werde Papa obduzieren lassen«, erklärte sie.
Seine Augenbrauen schoben sich zusammen. »Das ist doch Unsinn. Es steht doch einwandfrei fest, daß es ein Unfall war.«
Einige Minuten herrschte ein erdrückendes Schweigen zwischen ihnen, dann fragte Wolf: »Was hat Jürgen zu diesem Entschluß gesagt?«
»Nichts! Ich habe ihm nichts gesagt.«
»Findest du das richtig?« fragte er scharf. »Ich möchte dir helfen, Monika.«
Sie sah ihn voll an. »Wirklich?« fragte sie mit seltsamem Nachdruck.
»Ich nehme dir gern alles ab«, erklärte er.
Monika war aufgestanden. »Er ist mein Vater. Ich habe ihn über alles geliebt. Ich werde das durchstehen. Das hätte Papa von mir erwartet.«
Sie sah nicht mehr, daß er ihr mit merkwürdig verkniffenem Gesicht nachblickte. Sie ging auf ihr Zimmer und legte sich bald nieder.
Immer wieder wurde sie von wirren Träumen geplagt in dieser Nacht, und sie war schon früh am Morgen auf den Beinen. Da kam ihr ein Gedanke wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Monika Winterfeld machte sich auf den Weg zu der Alm, von der ihr Vater ihr so begeistert geschrieben hatte:
Hier bin ich glücklich, mein Kind. Hier ist der wahre Frieden noch zu finden. Wir wollen hier einmal gemeinsam sitzen und alles überdenken. Besuche mich nächste Woche!
Dazu war es nicht mehr gekommen. Aber jetzt hatten diese Worte plötzlich einen anderen Sinn für sie.
Alles überdenken. Was hatte er damit gemeint?
Es war, als würde sie von dieser Alm, von der ihr Vater geschrieben hatte, magisch angezogen.
*
Auch im Hause Laurin war zu dieser Stunde bereits alles auf den Beinen. Leon war schon gegen sieben Uhr in die Klinik gerufen worden. Ein neuer Erdenbürger kündigte sich an, und die junge Mutter wollte ihn als Beistand haben. Karin versorgte die Kleinen und Antonia die Zwillinge. Konstantin saß bereits im Bett. Sein Fieber war gewichen. Er war ganz auf Protest eingestellt.
»Papi hätte ja auch Spezialist werden können«, sagte er.
»Ist er doch«, meinte Antonia.
»Aber nur für Frauen«, erklärte Konstantin vorwurfsvoll. »Kinder kriegen, das kann er.«
»Na, da würde sich Papi aber schön umschauen«, sagte Antonia belustigt. »Er hilft ihnen auf die Welt, kriegen kann er keine.«
»Das können nur Muttis«, mischte sich Kaja ein.
»Da muß man schon ein bißchen mehr aushalten, als wenn einem nur die Mandeln herausgenommen werden«, machte sich Antonia die Situation gleich zunutze.
»Weil es neun Monate dauert, bis das Baby da ist?« fragte Konstantin. »Ich möchte nur mal wissen, was Männer anziehen würden, wenn sie Kinder bekämen. Auch so hübsche Kleider, Mami?«
»Du weißt genau, daß Männer keine Kinder bekommen können«, sagte Antonia.
Konstantin sah seine Mami von unten herauf und mit deutlicher Skepsis an. »Ihr sagt es, und in der Schule erzählen sie es uns auch, aber ich weiß manchmal wirklich nicht, Mami, ob alles stimmt. Manches kann man wohl doch erst verstehen, wenn man groß ist.«
»Ich will auch gar nicht alles verstehen«, meldete sich Kaja zu Wort.
»Wenn der Hals nicht so weh tun würde, wäre es ganz schön, zwischendurch ein paar Tage zu Hause zu sein«, warf Konstantin wieder ein.
»Finde ich auch«, schloß sich sein Zwillingsschwesterchen an. »Müssen die Mandeln nun raus?«
»Das wird Dr. Weigand heute abend feststellen«, sagte Antonia.
»Den kenne ich nicht. Da mache ich den Mund nicht auf«, protestierte Konstantin.
»Er wird euch schon gefallen«, meinte Antonia.
»Uns geht es schon wieder ganz gut, Mami.« Hoffnungsvoll sah Kaja ihren Bruder an. »Dir doch auch, gell, Konstantin?«
»Und in ein paar Wochen geht es dann wieder los«, murrte er. »Nein, lieber habe ich die Mandeln raus, als immerzu im Bett zu liegen.«
»Geteiltes Leid ist halbes Leid, sagt Omi«, bemerkte Kaja sinnend. »Ich bin sehr froh, daß wir immer alles zusammen haben.«
Da sich die Zwillinge nun mit ihren Malbüchern beschäftigten, konnte Antonia mit Sandra telefonieren. Sie wollte doch zu gern erfahren, ob sie auch etwas über den verkrachten Rechtsanwalt Kunow wußte.
Sandra wußte nichts, was recht ungewöhnlich war, aber sie versprach, ihren Schwager zu interviewen, wenn sie ihn abends sah.
Aber als sie Friedrich an diesem Abend nach Kunow fragte, zeigte er sich gar nicht so verschlossen wie sonst. Er brauste regelrecht auf.
»Hör mir bloß mit diesem Burschen auf«, sagte er. »Solche Kerle bringen unseren ganzen Berufsstand in Verruf.«
»Antonia interessiert sich für ihn«, erwiderte Sandra kleinlaut. »Nicht so, wie du meinst. Monika Winterfeld ist doch mit einem Jürgen Kunow verlobt.«
»Sein Bruder ist auch nicht besser. Monika Winterfeld, sagtest du? Die Tochter von Dr. Winterfeld, der unter mysteriösen Umständen in den Dolomiten ums Leben gekommen ist?«
Sandra war sofort hellwach. »Mysteriöse Umstände?« wiederholte sie gedehnt. »Woher weißt du das?«
»Weil es in der Abendzeitung steht.«
*
Währenddessen war Monika von ihrem Ausflug zurück und hatte auch schon bei der zuständigen Stelle angeordnet, daß ihr Vater obduziert werden sollte.
Was sie an diesem Morgen erfahren hatte, bewegte sie so sehr, daß ihr Kopf schmerzte. Als sie in das Hotel zurückkam, hatte Wolf Kunow schon nervös Ausschau nach ihr gehalten.
»Wo warst du?« fragte er heiser.
»Ich habe mir ein wenig die Gegend angeschaut«, erwiderte sie geistesabwesend. »Und dann habe ich die Formalitäten erledigt.«
Sie hob den Kopf und sah ihn sekundenlang schweigend an. Seinen Blick konnte sie nicht festhalten. Er wich ihrem aus.
»Ich werde herausbekommen, wie Papa gestorben ist«, sagte sie nach dem langen Schweigen tonlos. »Jemand hat etwas damit zu schaffen. Das weiß ich. Ich glaube, daß ich noch nie so klar gedacht habe.«
»Es war alles zu schwer für dich, Monika«, sagte Wolf begütigend.
»Ja, es kam zu plötzlich. Bevor mir Papa sagen konnte, was ihn bedrückte. Hätte er es mir doch nur vorher gesagt.«
»Du meinst, er hätte sich das Leben genommen?«
»Nein, ich glaube, daß Papa umgebracht wurde«, erwiderte sie hart.
»Monika«, sagte Wolf beschwörend, »du weißt nicht, was du redest. Du hättest