Im Sonnenwinkel Classic 39 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
er schweigend neben ihr her. Sie schien es gar nicht zu bemerken.
»Du bist doch ein Mädchen, das mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht, Gabi«, begann er dann. »Du bist mit Manja befreundet. Kannst du mir vielleicht sagen, was mit ihr los ist?«
»Was soll mit ihr los sein?«
»Ich habe nie bemerkt, dass sie kindernärrisch ist, aber seit wir hier sind, befasst sie sich ausschließlich mit Kindern, und dies durchaus nicht im Interesse unserer Produktion. Und jetzt benimmt sie sich, als wäre dieses kleine Mädchen ihr Kind.« Eine Pause folgte, in der Gabi seine schnellen Atemzüge vernahm. »Ist es vielleicht ihr Kind?«, fragte er dann hastig.
»Blödsinn. Mädi müsste es ja schließlich wissen.«
»Vielleicht kennt das Kind seine Mutter gar nicht«, überlegte Bob. »Nehmen wir mal an, Manja hätte das Kind zur Welt gebracht und es dann in Pflege gegeben, weil es ihrer Karriere im Weg stand. Nun hat sie die Karriere satt und sich auf das Kind besonnen.«
»Du redest Unsinn, Bob«, sagte Gabi. »Manja würde ihr Kind nie verleugnen.«
»Lehre du mich die Frauen kennen. Die Affäre mit René ging doch recht tief. Herrgott, Mädchen, ich will doch nur eine vernünftige Erklärung. Du musst es doch wissen. War da nicht auch deine Schwester im Spiel? Was ist eigentlich aus ihr geworden?«
Gabi wich zurück. »Lass das doch, Bob. René hatte für Manja nicht die Bedeutung, wie du meinst.«
Er griff nach ihrem Ann. Wie Eisenklammern schlossen sich seine Finger um ihn. Es tat Gabi weh, aber sie rührte sich nicht. Sie war wie erstarrt.
»Ich werde dir jetzt etwas sagen, was niemand weiß, Gabi«, stieß Bob hervor. »Ich kenne Manja acht Jahre, und ebenso lange liebe ich sie. Sie treibt mich noch zur Verzweiflung. Man kommt nicht an sie heran. Ich bin durch eine Hölle gegangen. Nein, nicht durch eine. Immer wieder, wenn ich sie traf, war es eine neue Hölle. Sie behandelt mich wie den letzten Dreck.«
»Sag das doch nicht, Bob«, flüsterte Gabi. »Du verkennst Manja. Vielleicht denkt sie ebenso wie du. Damals, als ihr euch kennenlerntet, warst du verheiratet.«
»Auf dem Papier. Mit einer Frau, die mich nicht nur einmal betrogen hat, und die Scheidung lief bereits. Das kann doch nicht der Grund sein.«
»Frag Manja einmal. Versuch es anders als bisher«, bemerkte Gabi leise, »ich kann mich täuschen. Alles weiß ich auch nicht, aber ich weiß, dass sie nicht glücklich ist und nie glücklich war. Es mag sein, dass es hier anders geworden ist, ich wusste auch nicht, dass sie sich so sehr nach einem Kind sehnt, sonst …« Sie unterbrach sich und presste die Lippen aufeinander.
»Sonst?«, fragte Bob. »Was wolltest du sagen?«
»Sonst hätte ich ihr abgeraten, diese Rolle zu spielen«, erwiderte Gabi nach einer langen Pause. »Nein, ich habe nicht bedacht, was daraus entstehen könnte.«
Er starrte sie sekundenlang an.
»Du bist auch ein Buch mit sieben Siegeln«, äußerte er gedankenvoll.
Er umfasste ihre Schultern und schüttelte sie.
»Ich liebe Manja, hörst du! Und Ted liebt dich!«
Und da sah er Tränen in ihren Augen.
*
Ted war herumgelaufen, getrieben von dem Wunsch, Gabi zu treffen, aber da sah er sie mit Bob.
Deutlich konnte er erkennen, wie Bob sich zu ihr herabneigte und die Hand unter ihr Kinn legte.
Also doch, dachte er. Bob ist derjenige welcher. Es gab ihm einen schmerzhaften Stich.
Ganz schnell ging er zum Fohlenhof zurück. Dort wurde er mit großem Hallo von seinem Team empfangen.
»Na, was ist nun mit dem Kind?«, wurde er gefragt. »Können wir mit den Dreharbeiten beginnen?«
»Fragt doch Bob«, knurrte er. »Diese Nostalgiewelle regt mich auf. Sehnsucht nach der heilen Welt. Idiotisch, einfach idiotisch. Die Welt wird nie mehr heil.«
»Eine Laune hat er«, wurde eine Stimme laut.
»Das wird ja eine Woche werden«, sagte eine andere.
Ted hörte nicht zu. Er ging mit schweren Schritten an die Bar und trank innerhalb kurzer Zeit drei Whisky.
Es machte ihm nichts aus, nur sein Zorn wurde stärker. Du wirst dich wundern, Bob, dachte er. So schnell gebe ich mich nicht geschlagen.
Er fuhr sich mit den Fingern durch das dichte blonde Haar. Gabi und Bob, das war einfach unvorstellbar. Mit ihm musste sie ja unglücklich werden.
Er fühlte, wie alle ihn anstarrten, stellte das Glas mit einem harten Ruck hin und ging wieder hinaus.
Blindlings lief er hinein in die Nacht, die weich wie Samt war, windstill und sternenklar.
Er lief zu der Stelle, wo er Gabi und Bob zuvor gesehen hatte, aber da war niemand.
Er rannte ein Stück die Straße entlang und dann hinunter an den See. Eine schattenhafte Gestalt stand dort, in sich selbst versunken. Gabi! Sie war allein.
Ted kannte kein Halten mehr. Er lief auf sie zu und legte seine Arme fest und entschlossen um sie. Die Worte sprudelten über seine Lippen.
»Sag es mir, Gabi, was hat er dir angetan? Warum hat er dich allein gelassen?«
»Wer?«, fragte sie verwirrt.
»Bob, wer sonst? Du musst mir alles sagen! Ich breche ihm sämtliche Knochen, wenn er dich unglücklich gemacht hat?«
Gabi erwachte aus ihrer Apathie.
Ihr Gesicht entspannte sich, und ein weiches Lächeln huschte über ihr Gesicht.
»Du bist ein richtiger Bär, Ted«, bemerkte sie leise. »Ich habe mit Bob doch gar nichts zu schaffen. Wie kommst du denn darauf?«
»Ich habe euch vorhin beisammen gesehen!«, stieß er heiser hervor.
»Na und? Er hat mich wegen Manja ausgefragt, und dann …« Sie hielt mitten im Satz inne.
»Und dann? Sag es, Gabi! Du wirst mich nicht los, bevor ich alles weiß!«
»Und dann sagte er mir, dass du meinetwegen unglücklich bist, Ted. Das will ich nicht. Ich mag dich wirklich, viel mehr als jeden andern Menschen. Ich habe nur Angst.«
All sein Zorn verflog.
»Wovor hast du Angst?«, fragte er.
»Dass auch du mich nicht verstehst.«
»Davor brauchst du niemals Angst zu haben«, flüsterte er. »Ich verstehe alles. Ich will gar nichts wissen und werde dich auch nicht fragen. Aber ich könnte es nicht ertragen, dass du unglücklich wirst.«
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