Butler Parker Box 12 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
der recht leeren Straßen kam er gut voran und erreichte die nördliche Ausfallstraße, auf der er den Buick des jungen Mannes getroffen hatte. Er schaltete die Scheinwerfer seines Wagens voll ein und suchte nach dem Fahrzeug, das der Fahrer aus seiner Ansicht nach ominösen Gründen zurückgelassen hatte.
Irgendwie war Josuah Parker angenehm überrascht, daß dieser Buick jetzt nicht mehr zu sehen war. Man hatte in der Zwischenzeit das defekte Rad ausgewechselt und den Wagen weggeschafft.
Dafür gab es selbstverständlich eine mehr als einfache Lösung. Teddy Colman war zurückgekehrt, hatte das Rad ausgewechselt und war davongefahren.
Parker weigerte sich jedoch, diese Erklärung zur Kenntnis zu nehmen. Sie erschien ihm zu simpel. Er hatte sich darin verbissen, daß irgend etwas nicht stimmte. Und nun wollte er alles sehr genau wissen.
Was lag näher, als weiter hinauf in das Seitental zu fahren, wo die Party hatte stattfinden sollen?
In schneller Fahrt war auch dieses zweite Ziel erreicht. Parker fuhr an der Ziegelmauer entlang, passierte das Tor und stellte fest, daß das Haus nach wie vor dunkel war. Etwa hundert Meter weiter oberhalb der Ziegelmauer hielt er sein hochbeiniges Monstrum an und stieg aus.
Er wollte sich das Grundstück und das dunkle Haus etwas aus der Nähe ansehen. Parker war eben ein ebenso mißtrauischer wie gründlicher Mensch.
Der Rasen war völlig verwildert und reichte hoch bis zu den Waden. Im Mondlicht war zu erkennen, daß der Kiesweg hinüber zum Haus mit Unkraut durchsetzt war. Und das Haus selbst, aus der Nähe betrachtet, machte einen vergammelten Eindruck, die Farbe war abgeblättert und das Holz schrie förmlich nach einem neuen Anstrich. Es gab einige Fenster, die zerbrochen waren.
Parker benutzte das Licht einer seiner Kugelschreiber-Taschenlampen und durchstreifte die Räume im Erdgeschoß. Dicke Staubschichten ließen darauf schließen, daß sich hier seit vielen Monaten kein menschliches Wesen mehr bewegt hatte. Auch die Steintreppe, die hinauf ins Obergeschoß führte, war mit einer kompakten Staub- und Dreckschicht versehen.
In der geräumigen Küche jedoch sah alles anders aus, und Parker fühlte sich innerlich erleichtert, daß dem so war.
Auf einem Küchentisch hatten leere Bierkonserven die Staubschicht zerkratzt und zerstört. Auf einem Unterteller lagen die Reste eines Sandwiches, dessen Brot noch recht frisch wirkte. Auf dem Boden häuften sich Zigarettenenden und Asche.
Parker fand schnell heraus, daß sich zwei Personen in der Küche aufgehalten haben mußten. Die Spuren waren überdeutlich und ließen keinen anderen Schluß zu. Es mußte sich um Männer gehandelt haben, denn die Zigarettenenden wiesen keine Lippenstiftspuren auf.
Hatten Landstreicher hier ein paar Stunden verbracht? Waren sie durch das Auftauchen von Parkers Wagen verscheucht worden?
Der Butler verließ das Haus durch die hintere Küchentür und sah sich auf dem Gelände hinter dem Haus näher um. Er fand schnell, wonach er suchte.
Es handelte sich um Reifenspuren im Kies. Diese Spuren waren ebenfalls sehr frisch, führten durch den rückwärtigen Garten und endeten vor einem Holztor, das nur angelehnt war. Parker zog dieses Tor auf und blickte in einen schmalen Feldweg hinein. Hier führten die Reifenspuren weiter.
Nein, um Landstreicher konnte es sich nicht gehandelt haben. Sie fuhren keine Autos. Wer also mochten diese beiden Männer gewesen sein? Auf wen hatten sie gewartet? Auf Teddy Colman und seine Begleiterin?
Parker ging zurück ins Haus und sah sich noch einmal gründlich in der Küche um. Vielleicht entdeckte er noch weitere Spuren, die er bisher übersehen hatte? Nun, das war zu seinem Leidwesen nicht der Fall. Die beiden Männer hatten demnach nur Bier getrunken und Kette geraucht.
Eine halbe Stunde später tauchte der Butler wieder in einer bestimmten Eingangshalle zu einem Apartmenthaus auf. Nein, hörte er, Mister Colman sei noch nicht zu Hause, ob man etwas ausrichten solle?
»Ich werde später noch einmal vorbeikommen«, sagte Parker. »Mister Colman ist beim Fernsehen beschäftigt, wie ich hörte, nicht wahr?«
»Colman?« Der Hauswart schüttelte den Kopf, »wie kommen Sie denn darauf? Mister Colman ist Autovertreter. Firma Tuscon – Gebrauchtwagen und so …«
»Dann muß ich mich geirrt haben«, räumte Parker höflich ein, »Ich wünsche Ihnen noch eine erholsame und ruhige Nacht!« lüftete seine schwarze Melone und verließ die Eingangshalle.
Er wollte gerade hinüber zum Parkplatz gehen, wo er sein hochbeiniges Monstrum abgestellt hatte, als ein Buick vor dem Haus erschien.
Der gesuchte Teddy Colman stieg aus, rief noch etwas in den Wagen hinein und verschwand dann sichtlich gut gelaunt in der Eingangshalle.
Parker entschloß sich, den Buick zu verfolgen …
Nach etwa zwanzig Minuten hielt der Buick auf einem Parkplatz vor einem kleinen Hotel der unteren Mittelklasse. Ein junger Mann von schätzungsweise dreißig Jahren stieg aus und schlenderte zum Hoteleingang hinüber.
Er ging allerdings an diesem Eingang vorbei und verschwand auf den Stufen einer Kellerbar, die sich »Paradise« nannte. Da der Butler an Paradiesen stets interessiert war, folgte er dem Dreißigjährigen nach unten und entdeckte ihn auf einem Barhocker. Er ließ sich gerade einen Drink reichen und zündete sich eine Zigarette an.
Parker wußte genau, was er tat.
Er kümmerte sich keineswegs um die vielen Leute in der Bar, die zu einer aufpeitschenden Musik tanzten, die aus einer Stereoanlage kam. Er ignorierte die vielen offensichtlich verliebten Pärchen und übersah schließlich die erstaunliche Zahl von angetrunkenen Gästen, die überraschend schweigsam in ihren Nischen hockten und sich ihren Träumen hingaben.
Parker wußte, daß er hier in diesem Paradies Aufsehen erregte. Er gehörte ganz gewiß nicht zu den Gästen, die man hier unten erwartete. Würdevoll und gemessen schritt er hinüber zur Bartheke und blieb neben dem Buickfahrer stehen. Er lüftete höflich seine schwarze Melone.
Der junge Mann sah ihn irritiert an und grinste. Eine Erscheinung wie die des Butlers reizte normalerweise die Lachmuskeln. Das lag allein schon an Parkers schwarzer Dienstkleidung. Über korrekt gebügelten, gestreiften Hosen trug er einen schwarzen Zweireiher altmodischen Zuschnitts. Und der Eckkragen selbst mit dem altmodischen Binder, er allein gehörte schon in ein anderes Jahrhundert.
»Ich hoffe, Sir, der Reifenwechsel ließ sich bewerkstelligen«, sagte Parker zu dem jungen Mann, der, wie schon, gesagt, keineswegs identisch war mit Teddy Colman.
»Reifenwechsel?« Der junge Mann verlor sein amüsiertes Grinsen. Parker reagierte zufrieden, daß sich Wachsamkeit und Vorsicht in die Augen seines Gegenübers einschlichen.
»Sehr wohl, Reifenwechsel«, sagte Parker höflich. Dann erst schien er seinen Irrtum bemerkt zu haben, was Parker gekonnt deutlich machte. »Oh, ich bitte um Vergebung, Sir, mir scheint, daß ich Sie mit einem gewissen Mister Teddy Colman verwechsle.«
»Teddy Colman?« Mehr sagte der Dreißigjährige nicht.
»In der Tat«, antwortete Parker gemessen, »ich bot einem Mister Colman meine bescheidene Hilfe an, als er Schwierigkeiten mit einem Reifenwechsel hatte.«
»Aha!« Die Stimme wurde wieder neutral.
»Mister Colman, so erinnere ich mich, befand sich in der Gesellschaft einer reizenden jungen Dame.«
»Warum erzählen Sie mir das alles?« Der Dreißigjährige hatte sich von seiner Überraschung erholt.
»Entschuldigen Sie die Geschwätzigkeit eines alten, müden und relativ verbrauchten Mannes«, meinte Parker steif, »ich werde Sie selbstverständlich nicht weiter belästigen.«
Parker lüftete seine schwarze Melone und entfernte sich von der Theke. Er schritt durch den dichten Tabakqualm, bahnte sich seinen Weg durch die sehr innig miteinander tanzenden Pärchen und stieg über die Treppe hinauf zur Straße.
Er nahm sich viel Zeit, um zurück zu seinem hochbeinigen