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Mami 1981 – Familienroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.

Mami 1981 – Familienroman - Leni Behrendt


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für noch viel wichtiger. »Wenn es Ihnen recht ist, komme ich gleich morgen vorbei, denn es ist sehr nützlich, wenn wir möglichst viel über die Eigenheiten unserer kleinen Kandidaten wissen.«

      Anita schluckte verblüfft. Es war ihr überhaupt nicht recht, denn sie war daran interessiert, eine Beziehung zu Nico Berdon aufzubauen. Seine Geschäftspartnerin interessierte sie nicht. Andererseits erkannte sie, daß sie über diese Frau vielleicht doch noch ans Ziel ihrer Wünsche kam. Deshalb verzog sie den grell geschminkten Mund zu einem säuerlichen Lächeln. »Sie werden sehen, die Mühe lohnt sich in jeder Beziehung.«

      Diese Aussage war an Nico gerichtet, doch er entfernte sich bereits, froh darüber, der aufdringlichen Dame entkommen zu sein.

      *

      Als Shanice wenig später ins obere Stockwerk des Einfamilienhauses kam, war Nico bereits umgezogen. Die Räume hier oben waren der privaten Nutzung vorbehalten und mit schönen alten Möbeln aus dem Bestand von Nicos Eltern ausgestattet, während im Erdgeschoß der nüchterne Bürostil vorherrschte.

      Um Kosten einzusparen, bat Nico seine Partnerin immer wieder, ihre eigene Wohnung in der Innenstadt aufzugeben, doch dazu konnte sich Shanice nicht entschließen.

      »Ist sie endlich weg?« Nico ging auf Shanice zu und zog sie zärtlich an sich. »Glaubt diese geile Tante doch tatsächlich, ich würde auf sie abfahren.« Nico schüttelte verständnislos den Kopf. »Ich bin froh, daß du zufällig vorbeikamst, sonst hätte die Tussi noch länger auf mich eingeredet.«

      Shanice reagierte auf die Anspielung nur halbherzig, denn ihre Gedanken beschäftigen sich mit dem kleinen Jakob, dessen Schicksal ihr nicht gleichgültig war. »Du hast da eine Eroberung gemacht und müßtest eigentlich stolz darauf sein«, antwortete sie zerstreut.

      »Ich bin aber nicht an irgendwelchen Flirts interessiert. Ich habe doch dich.« Nico drückte Shanice kräftig und sah ihr dabei in die Augen.

      Sie wich seinem Blick nicht aus, doch ihr Herz schlug ruhig.

      »Wir beide ergänzen uns so fabelhaft, daß ich gar nicht daran denke, diese harmonische Beziehung für irgendwelche Abenteuer aufs Spiel zu setzen. Ich mag dich, Shanice.« Nico sagte das immer wieder, und es entsprach auch seinen Empfindungen. Er mochte Shanices liebevolles Wesen, ihren Fleiß und ihr untrügliches Gespür für lohnende Geschäfte.

      Shanice lehnte sich in Nicos Armen zurück und schaute ihm forschend ins Gesicht. »Ich weiß, du bist dagegen, aber ich werde mich trotzdem um den kleinen Jakob kümmern.«

      »Warum? Der Junge ist doch uninteressant.«

      »Nicht für mich. Er ist gehemmt und eingeschüchtert, aber welches Kind, das die Mutter verloren hat, wäre das nicht?«

      »Es ist vergebliche Liebesmüh, laß dir das sagen«, warnte Nico, leicht verärgert. »Dem Jungen fehlt der Pep, das habe ich schon in den ersten zwei Minuten erkannt. Auch durch noch so gutes Zureden läßt sich das nicht ändern.«

      »Du beurteilst jedes Kind nur nach seiner Tauglichkeit fürs Showbusineß. Es gibt aber noch andere Kriterien.«

      »Das ist unser Job, Shanice. Wie kannst du das vergessen? Für jeden kleinen Schreihals, den wir vermitteln, kassieren wir eine schöne Stange Geld. Das ist es doch, was zählt. In ein paar Jahren haben wir genug, um uns in der Karibik zur Ruhe zu setzen. Wir kaufen uns ein großes Haus mit Pool und eigenem Strand und…«

      »Noch ist das ein weiter Weg«, unterbrach Shanice ihren Partner, der schwärmerisch in die Ferne schaute, als wäre dort schon sein kleines Paradies zu sehen.

      »Je mehr Schnullerwichte aus unserer Agentur größere Aufträge bekommen, desto rascher sind wir am Ziel. Wir dürfen uns deshalb nicht verzetteln. Wir können uns auch keine Mißgriffe erlauben, weil sonst das Vertrauen in unser Unternehmen schwindet. Aber das weißt du doch alles selbst.«

      »Du vergißt, daß es auch noch Dinge außerhalb unseres Jobs gibt. Wenn ich mich um Jakob kümmere, dann nur aus menschlichen Gründen und ohne Hintergedanken.«

      »Ein teures Hobby«, kritisierte Nico mißvergnügt. Seine Arme rutschten ab, er ließ Shanice los. »Außerdem erwartet die Tante, daß du ihren Neffen vermarktest. Nur, wenn das klappt, läßt sie dich in seine Nähe.«

      »Ich weiß«, gab Shanice bekümmert zu.

      »Dann laß die Finger davon. Die Sache bringt uns nur Ärger ein. Ich warne dich, mein Schatz. Und jetzt mach dich schön, wir gehen zum Italiener. Bei neapolitanischen Canneloni und einem Vino rosso kommst du auf andere Gedanken.« Gönnerhaft klopfte Nico seiner Partnerin auf die Schultern.

      Er sollte sich täuschen. Weder das ausgezeichnete Essen, noch der gute Wein konnten Shanice von ihren Gedanken an Jakob ablenken. Das Schicksal des Kindes beschäftigte sie so stark, daß sie auf Nicos Fragen nur einsilbige Antworten gab. Immerzu sah sie das kleine, erschrockene Gesichtchen mit den traurigen Augen vor sich. Jakob war so hübsch, wenn er lachte, doch er schien wenig Gelegenheit dazu zu haben.

      »Einen Roller wünscht er sich«, murmelte Shanice gedankenverloren.

      Nico setzte das Rotweinglas ab und schaute seine Partnerin aufmerksam an.

      »Wer bitte?« fragte er aggressiv, obwohl er genau wußte, wer gemeint war.

      »Der kleine Jakob. Ich vermute, daß ihm die Tante den Wunsch nicht erfüllt, und sein Vater ist für ihn nicht erreichbar.«

      »Sehr interessant.« Nico verdrehte die dunklen Augen. Um seinen Mund war ein spöttisches Lächeln. »Ich kapiere nicht, was in dir vorgeht, Shanice. Wir verbringen einen gemütlichen Abend miteinander, und du träumst von einem völlig fremden Kind. Ich will mit dir über unsere gemeinsame Zukunft reden, doch du hörst mir überhaupt nicht zu. Auf meine Fragen bekomme ich unpassende Antworten, weil du mit deinen Gedanken ganz woanders bist. Findest du das in Ordnung?«

      »Entschuldige, Nico. Der kleine Jakob hat großen Eindruck auf mich gemacht, weil er eine ähnliche Kindheit hat, wie ich sie verbracht habe. Ich kenne seine Probleme und weiß, wie sehr man sich danach sehnt, von der Mami in die Arme genommen zu werden.«

      »Mir kommen die Tränen«, spottete Nico grinsend. Doch dann wurde er schlagartig ernst. »Shanice, du bist so hübsch, daß es einfach schade ist, wenn du dich mit solchen Dingen befaßt. Gib mir lieber einen Kuß und sage mir, daß du es ebensowenig abwarten kannst, bis wir alleine sind, wie ich.« Nico sah seine Freundin an wie einen Besitz, über dessen Erwerb er völlig zufrieden war. »Raffiniert, deine neue Frisur…«

      Die junge Frau hatte ihre blonden Haare einfach am Hinterkopf festgesteckt. Die hellen Spitzen fielen strahlenförmig um ihren Kopf, was jung, reizvoll und völlig unkompliziert wirkte.

      Nico zupfte vergnügt daran. Er wartete nicht darauf, daß Shanice ihn küßte, sondern rückte näher, legte den Arm um ihre Schultern und berührte mit seinem Mund verspielt ihre Lippen.

      Ihm war viel daran gelegen, daß alle anderen Gäste und besonders Angelo, der Wirt, sahen, daß sie ein verliebtes Paar waren.

      Angelo schaute nämlich immer wieder bewundernd auf Shanice und schien es darauf anzulegen, wenigstens einen Blick mit ihr zu tauschen.

      Doch Shanice bemerkte das ebenso wenig wie die verliebte Stimmung ihres Freundes Nico. Bei ihm hatte das stets etwas mit den Finanzen zu tun, weshalb Shanice solche Anwandlungen nicht ernst nahm.

      »Wollen wir gehen?« fragte Nico, obwohl die Weinflasche auf ihrem Tisch noch lange nicht leer war.

      »Wenn du magst.« Shanice zuckte gleichgültig die Schultern. »Ich würde noch gern in der Hardbergstraße vorbeifahren. Es ist nur ein kleiner Umweg.«

      »Warum denn das?« Ab und zu gab Shanice ihrem Partner Rätsel auf. Doch gewöhnlich waren ihre Wünsche im Interesse der Agentur, und das akzeptierte er.

      »Dort lebt Jakob mit seiner Tante. Es interessiert mich, wie die beiden wohnen. Das Umfeld prägt ein Kind mehr als alles andere.«

      Nico hob hektisch die Hände


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