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Mami 1980 – Familienroman. Karina KaiserЧитать онлайн книгу.

Mami 1980 – Familienroman - Karina Kaiser


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zu. Das war genau das, was er schon immer gewollt hatte. Seine finanziellen Mittel und die seiner Eltern reichten selbstverständlich nicht aus, doch die Bank fand, daß er kreditwürdig war und gewährte ihm ein Darlehen. Schon bald siedelte er an die Küste über und fühlte sich in dem mehr und mehr mondänen Badeort bald pudelwohl.

      Er war immer noch ledig, denn die Arbeit hatte ihm bisher noch keine Zeit für eine festere Beziehung gelassen. Und außerdem gab es da noch immer die Erinnerung an zwei Wochen mit Jona. Er dachte noch manchmal an sie, aber sie sicherlich nicht mehr an ihn. Davon war er überzeugt.

      Er irrte sich. Wie konnte Jolanthe ihn vergessen? Das war doch gar nicht möglich, wenn man ein Baby im Arm hielt, das aber so gar nicht seiner Mama ähnelte.

      »Er ähnelt dir gar nicht«, meinte Opa Martin und kitzelte seinen langersehnten Enkelsohn so lange unter dem Kinn, bis dieser ein wenig lächelte. »Sieht sein Vater so aus?«

      Jolanthe strich Klein Tom über die rosigen Wangen. »Ganz abgesehen davon, daß er ein paar Jahre älter ist, hast du vollkommen recht. Tom scheint das Ebenbild seines Vaters zu werden. Aber das macht nichts, Hauptsache ist doch, daß er gesund ist.«

      »Hm«, machte der Opa und betrachtete das drei Wochen alte Kind beseligt. Er nahm es in die Arme und sagte bedächtig zu ihm: »Du wirst sicher ein hübscher junger Mann. Das weiß ich jetzt schon. Deine Mutti hat dir unter Garantie einen attraktiven und schlauen Papi ausgesucht…«

      »Ja«, ergänzte Jolanthe mit gutmütigem Spott, gutaussehend, Akademiker und voller Ideale. Ich glaube, kein berechnender Windhund wie mein Verflossener.«

      Ihr Vater, ein begeisterter Pferdefreund, nickte und sagte dann, was er dachte. »Du wirst es schon richtig gemacht haben. So einen Fehler wie mit Henryk machst du nur einmal. Bei der Auswahl des Kindesvaters wirst du dir einen guten Zuchthengst ausgesucht haben…«

      »Papa!« unterbrach ihn Jolanthe entrüstet, mußte dann aber doch lachen. Ihr Vater hatte nun mal seine Eigenheiten. Die würde und wollte sie ihm nicht mehr abgewöhnen.

      Klein Thomas interessierte sich für den Opa noch nicht so sehr. Die mütterliche Nahrungsquelle war ihm viel wichtiger. Er begann zu quengeln und war erst zufrieden, als er mit trockenen Windeln schmatzend an der Brust seiner Mutter lag.

      Martin Horndorf registrierte dieses Bild sehr zufrieden.

      »Das Kind steht dir gut«, bemerkte er jetzt. »Du bist nicht mehr so mager wie früher und hast mehr Farbe im Gesicht, siehst richtig hübsch aus.«

      »Das macht sicher auch die neue Frisur, Papa.«

      »Ja, die vielleicht auch«, bestätigte er. »Locken kann ja nun nicht jede Frau tragen, aber zu dir passen sie.«

      »Es freut mich, daß du mit uns zufrieden bist.« Jolanthe lächelte nachsichtig. »Doch jetzt müssen wir überlegen, wann wir Thomas taufen lassen wollen. Ein bißchen graut mir schon vor diesem Tag. Alle die lieben Verwandten werden doch fragen, wer und wo der Vater meines Kindes ist.«

      »Sollen sie doch. Uns beiden wird schon eine passende Antwort einfallen. Schlimmstenfalls können wir sagen, er hat dich verlassen. Dann bedauern dich alle tüchtig.«

      O ja, man fragte, aber man bedauerte die junge Mutter nicht, denn man sah, wie glücklich sie war. Und man wußte schließlich auch sehr genau, daß ihr kleiner Junge wie ein Prinz aufwachsen würde, behütet und geliebt.

      Ein halbes Jahr widmete sich Jolanthe fast nur ihrem Sohn, dann stellte sie ein Kindermädchen ein. An den Vater ihres munteren Jungen dachte sie nur sehr selten. Die Pflege des Kindes und ihre Arbeit ließen ihr kaum Zeit für romantische Träume. Nur manchmal wünschte sie sich, so wie andere Muttis auch, den Vater ihres Kindes an ihrer Seite zu haben.

      *

      »Na, junger Mann, nun essen Sie mal ordentlich«, empfahl Grete Schuster ihrem Untermieter wohlwollend. »So ne Dokters, wie Sie einer sind, die hetzen doch nur von einem Patienten zum andern. So können Sie nichts auf die Rippen kriegen.«

      Norman Markgraf betrachtete den Teller mit Bratkartoffeln und Spiegeleiern wie eine Offenbarung. Frau Schuster behandelte ihn wie eine Mutter, ein wenig despotisch zwar, aber mit viel Verständnis für die Erhaltung seiner respektablen Körpergröße.

      »Sie müssen Ihre Länge erhalten, Herr Doktor«, sagte sie oft. »Sie schrumpfen sonst zusammen wie ein Bratappel.«

      Nun, wie diese matschige Frucht mochte Norman nicht aussehen, deshalb verzehrte er das reichliche Abendessen, das seine Wirtin ihm zubereitet hatte, und erfreute sie anschließend mit ein paar lustigen Anekdoten aus seiner Studienzeit. Er wußte, die gute Frau hörte Arztgeschichten besonders gern.

      Eigentlich hatte er sich schon längst eine Wohnung suchen wollen, aber er hatte es immer wieder verschoben. Warum sollte er sich auch überschlagen? Er wohnte bei Frau Schuster und ihrem Mann sehr gut. In der Miete war das Waschen von Bettwäsche und Handtüchern enthalten, sowie das Sauberhalten der Wohnung.

      Normal gefiel dieser Service außerordentlich gut.

      Außerdem kannte sich Grete Schuster in der Stadt sehr gut aus. Sie wußte, wo man gut und günstig einkaufte, sie kannte die Öffnungszeiten sämtlicher Be­hör­den und konnte einem Stadtfremden auch sagen, wo man am besten speiste.

      Um Letzteres ging es Norman an diesem Abend.

      »Meine Eltern wollen mich besuchen«, sagte er jetzt. »Und da sie mich während meines langen Studiums und bei der Einrichtung der Praxis so sehr unterstützt haben, möchte ich sie in ein ganz tolles Lokal einladen. Wohin geht man denn hier am besten?«

      Die allwissende Grete überlegte nicht lange. »Da müssen Sie zum Horndorf gehen. Der hat hier mehrere Restaurants und ein ganz nobles Schloßhotel und eine große Bungalowsiedlung, so was für die Schönen und Reichen. Ist alles ne Klasse für sich, aber eben recht teuer, aber für die Eltern kann man ja mal ein paar größere Scheine ausgeben. Ist sowieso ein feiner Zug von Ihnen, daß Sie sich auf diese Weise bedanken wollen.«

      »Also zum Horndorf soll ich gehen«, wiederholte Norman sinnend und dachte daran, daß er diesen Namen tatsächlich schon oft in der Zeitung gelesen hatte. Offenbar war er einer der größten Arbeitgeber des Ortes.

      Man konnte meinen, seine Wirtin hätte diese Gedanken gelesen, jedenfalls fühlte sie sich verpflichtet, den »Berliner Doktor« über die Familie Horndorf aufzuklären.

      »Der Olle ist ja schon lange Witwer«, begann sie, »sieht aber noch ganz passabel aus, war früher ein richtig toller Kerl. Seine Tochter kommt da nicht nach ihm, aber im Geschäft arbeitet sie wie ’ne Biene mit. Lange Zeit haben die Leute gelästert, der Horndorf und seine Tochter haben Geld wie Heu, bloß keinen Erben. Aber den haben sie ja nun…«

      »Ach, hat die Tochter geheiratet und ein Kind bekommen?« warf Norman ein, nur um etwas zu sagen, denn die Horndorfs interessierten ihn nicht.

      »Nee«, versetzte Grete mit einem geheimnisvollen Unterton in der Stimme. »Geheiratet hat die lütte Horndorf nicht, aber ein Kind hat sie inzwischen. Ja, früher hätte man sich über ein uneheliches Kind den Mund zerfetzt, aber heutzutage kann man damit ja sogar Kronprinzessin werden.«

      Norman nickte bestätigend. Es war gut, daß sich so manches geändert hatte. Nur so war es vielen jungen Muttis möglich, ihr Kind allein aufzuziehen, denn leider – leider drückten sich noch viele Väter um die Unterhaltszahlungen.

      Aber leicht war es trotz allem für diese Frauen nicht, doch die Tochter des reichen Horndorf brauchte über dieses Thema bestimmt nicht nachzudenken.

      Nach einer guten Stunde verließ Norman seine redselige Wirtin und ging anschließend zu Bett. Und kurz bevor er ein­schlief, dachte er noch: Ich sollte auch eine Familie gründen.

      Am Wochenende darauf besuchten ihn dann seine Eltern. Sie sahen sich mit Kennermiene seine Praxisräume an, fragten viel und waren sichtlich stolz auf ihren Sohn. Und sie nahmen gern die Einladung zum Essen im Fischrestaurant des Herrn Horndorf an.

      »Vornehm, vornehm«,


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