Familie Dr. Norden 731 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
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An diesem Dienstagmorgen war alles anders als sonst im Hause Norden. Ganz in Gedanken versunken saß Fee allein am Frühstückstisch.
Danny hatte zuerst das Haus verlassen, viel früher als gewöhnlich. Der Hausherr war genauso schweigsam gewesen wie Fee und hatte sich angeboten, die Zwillinge in die Vorschule zu bringen. Anneka hatte dann ein paar Minuten herumgedruckst, bevor sie zu Fee sagte, sie brauche sich doch wirklich nicht aufzuregen, da Danny bestimmt ein Einser-Abitur bringen würde. Dann war sie sofort zur Schule gegangen.
Fee ging so vieles durch den Sinn. Sie hätte nicht sagen können, warum diese Unruhe in ihr war.
Sie sprang plötzlich auf und lief herum, vermied es aber, in die Küche zu gehen, weil Lenni bestimmt noch aufgeregter war als sie.
Sie ging in den Garten. Es war für die Morgenstunde schon sehr warm. Sie erinnerte sich, daß es an dem Tag, als sie ihr Abitur gemacht hatte, in Strömen regnete. Sie war nicht so selbstbewußt wie Danny. Ihr war immer bange gewesen vor Prüfungen.
Plötzlich stand Felix neben ihr. »Was rennst du denn so herum, Mami?« fragte er neckend.
»Wieso bist du hier?« fragte sie hastig.
»Wir haben heute keine Schule wegen des Abis, das weißt du doch. Ich habe mal länger geschlafen. Mich regt es nicht auf, daß die anderen schwitzen müssen, aber Danny macht das mühelos. In zwei Jahren werde ich Federn
lassen müssen, und da werdet
ihr dankbar sein, wenn ich es wenigstens mit Ach und Krach schaffe.«
»Was soll’s, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen«, meinte Fee nachsichtig. Etwas ganz anderes beschäftigte sie viel mehr.
»Was weißt du über Dannys neue Flamme, Felix?« fragte sie zögernd.
Der Junge sah sie irritiert an.
»Sicher nicht mehr als du, Mami. Danny macht es diesmal mächtig geheimnisvoll, wie es scheint.«
Fee nickte. »Ich weiß nicht einmal, wie sie heißt und wo er sie kennengelernt hat.«
»Vielleicht will er erst mal abwarten, wie lange es überhaupt geht. Wir kennen ihn doch. Er mag es nicht, wenn anzügliche Bemerkungen gemacht werden. Bisher hat er es nie lange ausgehalten mit seinen Beziehungen.«
»Es könnte etwas Ernstes sein«, sinnierte Fee. »Du wirst sie doch wenigstens schon mal gesehen haben«, klopfte sie auf den Busch.
Felix grinste.
»Bist wohl neugierig?« scherzte er. »Ja, gesehen habe ich sie schon mal, aber sie redet ja nur mit Danny. Bekannt hat er mich noch nicht mit ihr gemacht. Sie haben sich im Tennis-Club kennengelernt. Sie muß älter sein als Danny, denn sie studiert bereits. Sie heißt Bianca Paresi, das habe ich in Erfahrung gebracht, und sie ist sehr attraktiv und ein bißchen exotisch.«
»Eine Farbige?« fragte Fee interessiert.
»Würde dich das stören?«
»Nein, aber ich würde sie schon gern kennenlernen.«
»Sie ist sehr reserviert, unnahbar könnte man sagen, und obgleich sie ein südländisches Aussehen hat, wirkt sie kühl. Jedenfalls ist das mein erster Eindruck.«
»Danny scheint jedenfalls sehr engagiert zu sein«, meinte Fee verhalten. »Hoffentlich wirkt sich das nicht auf seine Leistungen aus.«
»Da brauchst du dir keine Gedanken zu machen, Mami. Er ist viel zu realistisch, um aus dem Gleichgewicht zu geraten. Ich kann mir vorstellen, daß er erst das Abi hinter sich bringen wollte, bevor er sich über sie äußert. Kann ich etwas für dich tun, Mami?«
»Muntere Lenni ein bißchen auf, ich gehe einkaufen.«
»Dann paß aber auf deinen Geldbeutel auf«, neckte er sie, »du bist nicht so recht bei der Sache, wie mir scheint.«
Er drückte ihr einen Kuß auf die Wange und ging in die Küche.
Lenni wunderte sich auch, daß er zu Hause war, aber sie war gar nicht so aufgeregt, wie Fee gemeint hatte.
»Danny läßt sich schon nicht aus der Ruhe bringen«, stellte sie fest. »Schwitzen werden sie alle bei diesen Temperaturen. Wahrscheinlich wird es einen kühlen Sommer geben, weil es jetzt schon so warm ist.« Sie machte sich aber keine Gedanken, daß er verliebt sein könnte. Im Gegensatz zu Fee. Der Name Paresi hatte sich ihr eingeprägt und kam ihr irgendwie bekannt vor. Sie überlegte unentwegt, wo sie ihn gehört oder gelesen haben könnte. Es fiel ihr nicht ein, aber vielleicht bildete sie sich jetzt auch vieles ein, weil Danny so verschwiegen war.
*
Dr. Daniel Norden mußte sich auch mehrmals zur Ordnung rufen, weil seine Gedanken immer wieder abirrten. Zum Glück hatte er es nur mit Patienten zu tun, die er sehr gut kannte.
Wendy blickte immer wieder auf die Uhr. Obgleich sie viel zu tun hatte, wollte die Zeit nicht vergehen. Hoffentlich ist es nicht zu warm im Klassenzimmer, dachte sie, denn Danny hatte es lieber, wenn es kühl war bei Klassenarbeiten, und die Abiturprüfungen waren noch schwerer als diese. Wendy kannte alle Norden-Kinder ganz genau und wußte auch, was in ihres Doktors Kopf vor sich ging. Natürlich wußte sie auch, daß Danny der Schwarm vieler Mädchen war, aber er nahm das lässig zur Kenntnis. Von seiner neuen Freundin wußte sie allerdings auch noch nichts.
Endlich war der letzte Patient versorgt. Herr Stanke hatte sich beim Heckenschneiden einen Splitter am Daumen eingezogen, den Dr. Norden entfernen mußte. Wendy hatte ihm dabei assistiert, und für eine Viertelstunde hatten sie beide mal nicht mehr an Danny gedacht, weil es eine schwierige Prozedur gewesen war. Herr Stanke war ein geduldiger Patient und gar nicht wehleidig, denn er zog sich dauernd irgendwelche Verletzungen zu. Seine gar nicht geduldige Frau meinte dazu, daß es ihm niemals schnell genug gehen könne, aber schlauer würde er auch nicht. Sie hielt ihm dann auch gleich noch eine Standpauke, als sie ihn abholte.
»Dann bis drei Uhr, Wendy«, verabschiedete sich Dr. Norden geistesabwesend.
»Sie sagen mir aber, wie es Danny ergangen ist«, bat sie.
»Der würde uns auslachen, wenn wir uns Gedanken machen«, erwiderte er. »Ich kann es noch gar nicht glauben, wie schnell er erwachsen geworden ist.«
»Ich muß mich auch erst an den Gedanken gewöhnen.«
Und wir werden auch älter, dachte sie, als sie ihm nachblickte.
Fee stellte fest, daß ihr Mann müde aussah, aber das sagte sie nicht. »Es ist so ruhig, ist Danny noch nicht zu Hause?« fragte Daniel.
»Wir warten schon ganz ungeduldig. War Frau Fechner nicht bei dir?«
»Was ist mit ihr? Sie hat nicht mal angerufen.«
»Bastian macht auch das Abi, und du weißt doch, wie nervös sie ist. Es erstaunt mich, daß sie nicht in der Praxis war, um sich Trost bei dir zu holen.«
»Schätzchen, denkst du etwa, sie kommt nur deshalb in die Praxis? Die Frau ist depressiv, seit ihr Mann gestorben ist, und Bastian wird einige Schwierigkeiten bei den Prüfungen haben. Wenn da etwas schiefgeht, dreht sie vielleicht durch.«
»Soll ich mich mal um sie kümmern?«
»Wir werden uns doch nicht verrückt machen. Ich habe Hunger, mein Liebes.«
Die Zwillinge blieben brav am Tisch sitzen, als Daniel und Fee eintraten.
»Hallo, Papi«, riefen sie, »Danny ist immer noch nicht
da.«
Felix und Anneka sagten auch: »Hallo, Papi«, und sahen ihn erwartungsvoll an.
»Ich habe auch noch nicht gehört, wie es gelaufen ist«, meinte er, »aber wir können doch unbesorgt sein, denke ich.«
»Vielleicht ist es ihm wichtiger, seine Bianca zuerst zu treffen«, sagte Felix anzüglich.
»Wer ist denn Bianca?« fragte Daniel.
»Dannys neue Freundin.«
Daniel runzelte die