Anwaltshure Band 1 | Erotischer Roman. Helen CarterЧитать онлайн книгу.
mir aber nicht gelang.
Endlich stand ich vor der Tür, die sich nur dadurch von jenen der Nachbarn unterschied, dass neben der Klingel ein dezentes, auf Hochglanz poliertes Messingschild mit geschwungener Schrift »McLeod & Coll.« ankündigte.
Eine Sekretärin nahm mich in Empfang. Sie war schlank, mittelgroß und trug ein sehr teures Kleid, dezentes Make-up und eine randlose Brille. Die Hollywoodbesetzung für den Job. Der Typ Filmsekretärin, der irgendwann vor dem Boss steht und gesagt bekommt: »Miss Miller, machen Sie doch mal Ihr Haar auf … Und jetzt nehmen Sie bitte die Brille ab!«
Bewerbungsgespräch – fein! Aber wo waren die anderen Aspirantinnen? Ich umklammerte meine Bewerbungsmappe mit den mäßigen Zeugnissen darin.
»Mr McLeod hat sofort Zeit für Sie, Miss Hunter. Wenn Sie noch einen Moment hier Platz nehmen würden … Darf ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee? Tee? Wasser?«
Die ausgesuchte Höflichkeit, mit der sie mich behandelte, unterschied sich wohltuend von den arroganten Sekretärinnen und Vorzimmerdamen, mit denen ich bei meinen anderen Bewerbungsgesprächen zu tun gehabt hatte. Und jedes Mal kam die Frage nach Empfehlungsschreiben, welche ich zwar vorweisen konnte, die aber schon recht betagt waren … Tippsen, die sich aufführten, als gehörte ihnen der Laden, weil man selber ein noch ärmeres Würstchen war, konnte ich verständlicherweise nicht leiden.
Die Art, wie aber diese Frau mit mir sprach, als sei ich keine Bittstellerin, sondern eine wichtige Klientin, machte deutlich, aus welchem Holz diese Kanzlei geschnitzt war.
Und, dass ich nicht den Hauch einer Chance auf die Stelle hatte! Tja …
Ich saß also in dem Besuchersessel und sah mich in den ehrfurchtgebietenden Räumen um. Die Wände waren so hoch, dass man die Decke kaum erkennen konnte. Es gab nur dezente Stuckaturen, dafür aber wunderbare Stiche mit englischen Landschaften und Jagdszenen. Jetzt erst erkannte ich, dass es sich bei den dunkelgrünen Wänden nicht um Tapeten handelte, sondern um Stoffbespannungen.
Auf dem Schreibtisch der Sekretärin stand ein Gesteck mit Lilien, die im Raum einen schweren, süßen Duft verbreiteten – beinahe hypnotisch.
Ich war noch unsicherer als gewöhnlich, denn bisher hatte ich mich nur bei ganz gewöhnlichen Firmen vorgestellt.
Meine Freundin Daisy, die an dieser Bewerbung »schuld« war, hatte mir auch die Handtasche geborgt, die ich jetzt neben meinen nervös wippenden Füßen stehen hatte. Eine Gucci-Tasche. Das gute Stück wurde von ihr auf einem Markt in Pimlico ergattert. Blender versteht sich, aber top verarbeitet. Was will man mehr! Leider war sie zu klein, um meine Unterlagen darin zu verstauen.
»Sie können jetzt reingehen.«
Was für eine Stimme! Weich, dezent und unglaublich vornehm, ohne den leisesten Anflug von Hochnäsigkeit. Dabei hatte ich keine Sprechanlage gehört. Arbeitete man hier mit Gedankenübertragung?
Es hasteten auch keine Kunden oder Mitarbeiter über die Flure, wie ich es sonst kannte. Gab es hier überhaupt jemanden außer ihr und mir? Und Mr McLeod – versteht sich …
Mit weichen Knien stand ich auf und überquerte den dicken, flauschigen Teppich. Meine Nerven drückten direkt auf meine Blase, doch jetzt konnte ich nicht mehr nach einer Toilette fragen!
Überall, selbst im letzten Eck, feinste Qualität und über allem eine dezente Beleuchtung, die ein bisschen an die Nachtlampen in einem Hotelflur erinnerte. Ach, ich hätte Ewigkeiten hier sein können!
Alles edel und geschmackvoll. Menschen, die sich mit ihrem Leben Mühe gaben und die eine Sehnsucht nach Schönheit und Eleganz besaßen …
Vorsichtig klopfte ich an. Meine Knöchel waren kaum auf dem dicken Holz zu hören. Sollte ich nochmals klopfen?
»Sie können einfach hineingehen«, wehte es hinter mir her wie schwerer Lilienduft.
Vorsichtig öffnete ich, trat ein. Am anderen Ende des Raumes ahnte ich den gewaltigen Schreibtisch mehr, als ich ihn tatsächlich sah. Die hohen Fenster waren mit schweren, samtenen Vorhängen verhängt. Wieso ließ jemand so wenig Sonne herein, fragte ich mich. Die gab es in London ja nicht gerade im Überfluss!
»Miss Hunter?«
Ich zuckte zusammen. Er kannte meinen Namen. Jetzt kämen die Fragen und Tests!
Die Stimme war ruhig, sonor und von einer ungeheuren Tiefe. Sie klang ein bisschen wie bei einem Opernsänger. Wobei die Rauigkeit auf zu viele Zigaretten schließen ließ, was Opernsänger wohl eher meiden.
»Ja, Mr McLeod.«
Er sah kurz auf. So kurz, dass ich nicht glauben konnte, dass er mich wirklich wahrgenommen hatte. Hinzu kam, dass das einzige Licht im Raum von einem superflachen Computerbildschirm schien und ich auf der gegenüberliegenden Seite praktisch im Dunklen stand. Vielleicht hatte er ja eine Lichtallergie oder so … Immerhin war es Mittag!
Er sah auf den Bildschirm und machte sich neben der Tastatur mit dem Stift Notizen. »Kommen Sie ruhig näher.« Noch ein Blick über die randlose Brille. »Sind Sie zum Tee bei der Herzogin von Warwick eingeladen?«, fragte er mit kurzem Blick auf mein Outfit.
Mein Kreislauf begann wegzusacken.
Das Amüsement in seiner Stimme war kaum verborgen, und er gab sich diesbezüglich auch keine Mühe, es zu ändern. Er war es gewohnt, dass andere seinen Humor über sich ergehen lassen mussten, ohne zurückzuschlagen. Dabei hatte ich mich doch so passend gekleidet geglaubt.
»Danke. Wir melden uns bei Ihnen«, sagte er knapp und wand sich wieder dem Bildschirm zu.
Ich zupfte an meinem Rock und umklammerte meine Mappe. Das war doch der Satz, der normalerweise am Ende eines Vorstellungsgespräches gesagt wurde, nicht am Anfang …
»Danke!« Seine Stimme hatte an Eindringlichkeit zugenommen, denn ich war stehengeblieben.
Ich nickte. Jetzt hatte ich verstanden.
Wortlos tappte ich kurz darauf an der Empfangsdame vorbei. Schon fast aus der Tür, entrang ich mir doch noch einen tonlosen Abschied. Nie werde ich den Klang der Tür vergessen, die hinter mir leise ins Schloss fiel!
***
Wie elend kann man sich fühlen, wenn man nicht mal eine Chance bekommt? McLeod hatte mich antreten lassen und gleich wieder rausgeschmissen. Verflucht! Der Blödmann hatte mich doch nicht mal richtig sehen können in seiner Vampirhöhle. Oder hatte ihm das bisschen schon gereicht?
Wen suchte der Kerl eigentlich? Naomi Campbell? Bei solchen Vorgaben hatte ich sicherlich keine Chance. Wobei ich mir natürlich wider besseren Wissens doch die eine oder andere kleine Hoffnung eingeräumt hatte …
Also beschloss ich gezwungenermaßen, die Sache zu vergessen.
Emma - Teil 3
Es gelang mir tatsächlich, über diesen Tiefschlag hinwegzukommen, bis ich drei Tage später einen Brief der Kanzlei in meinen Händen hielt.
Was für eine Überraschung!
Zuerst dachte ich an die obligatorische Absage. Aber das sind normalerweise größere Kuverts, denn sie enthalten ja die Unterlagen, die man ihnen zuvor geschickt hatte. Dies war nur ein ganz normaler Umschlag.
Ich erinnere mich noch sehr deutlich, dass ich leicht gezittert habe … Friedlich vereint mit dem Räumungsbescheid meiner Vermieterin lagen beide Briefe in meiner Hand. Der nächste Erste war mein letzter Erster!
»Das war’s dann«, dachte ich und riss den Umschlag auf. Wahrscheinlich schickten sie die Unterlagen separat. Eine innere Stimme sagte: »Den kannst du gleich wegschmeißen. Warum willst du dir das antun?« Während eine andere innere Stimme wisperte: »Sei nicht so blöd. Es gibt immer wieder Wunder!«
»… deswegen erlauben wir uns, in den nächsten Tagen persönlich Kontakt mit Ihnen aufzunehmen.«
Mein Herz wummerte bis in die Ohren. Ich hörte mein Blut rauschen wie den Ozean in einer Muschel. Meine Hände