Toni der Hüttenwirt Classic 44 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
auch ein Fest zu unserer Silberhochzeit.«
»Gut, daß du dir es leisten kannst, Ernst! Dir scheint es ja gut zu gehen!«
Ernst schaute seine Schwester nur an. Er sagte dazu nichts. Er erzählte nur noch, daß es am Wochenende Kaffee und Kuchen, Wurst und Bier auf dem Unterholzer Hof geben würde, für alle, die gratulieren wollten.
Müde und erschöpft machten sich Ernst und Zilli gegen ein Uhr nachts auf den Heimweg.
»Es war doch ein bisserl anstrengend mit allen, Zilli!«
»Mei, Ernst, des kannst laut sagen. Die Luft hat geknistert. Doch sie haben auf Einigkeit gemacht. Dumm sind sie alle net. Sie wissen, daß sie net aus der Rolle fallen sollten. Sie wissen, daß es ums große Erbe geht.«
»Ja, ja! Ich gehe jede Wette ein, daß sie heute nacht so schnell keinen Schlaf finden. Sie alle spekulieren auf das Erbe.«
Der Mond stand hoch am Himmel. Wolken trieben immer wieder daran vorbei. Es war windig und kühl. Hand in Hand, wie ein junges Liebespaar, liefen Zilli und Ernst die Dorfstraße entlang. Sie ließen sich Zeit. Unterwegs unterhielten sie sich darüber, wer von den fünf Neffen und Nichten jedem am besten gefallen hatte.
Als sie daheim auf dem Hof angekommen waren, setzten sie sich noch einen Augenblick auf die Bank vor das Haus und schauten hinauf zum Mond und den Sternen. Viele waren in dieser Nacht nicht zu sehen. Es war wolkig.
»Es wird Regen geben, Zilli!«
»Ja, Ernst. Ich kann ihn auch schon riechen!«
Sie standen auf und machten noch eine Runde über den Hof. Sie verschlossen die Stalltüren und Fensterläden. Der Wind wurde immer stärker.
Dann gingen sie ins Haus. Sie waren gerade eingeschlafen, als ein heftiges Unwetter über Waldkogel und den Bergen niederging.
*
Am nächsten Morgen fuhr Familie Bender nach Hause. Natalies Brüder waren mit ihren eigenen Autos gekommen. Sie fuhr mit ihren Eltern zurück.
Als Natalies Vater in der Garage hielt, stieg die junge Frau schnell aus. Sie drückte ihrer Mutter ihren kleinen Koffer in die Hand.
»Ich fahre sofort zu Joachim. Er wartet auf mich.«
Natalie sprang in ihren offenen roten Sportwagen und brauste davon.
Die meiste Zeit hielt sich Natalie ohnehin bei ihrem Freund auf. Er wartete schon in der Einfahrt seines Hauses, das er kürzlich für eine gemeinsame Zukunft mit Natalie gekauft hatte.
»Nun, Liebste! Wie war es?«
Er half ihr beim Aussteigen. Dann schloß er sie in die Arme und küßte sie.
»Wie soll es einem gehen, wenn man so viel Geld geschenkt bekommt? Gut! Sehr gut sogar!«
Joachim kannte bereits alle Einzelheiten. Natalie hatte noch in der Nacht mit ihm ausführlich telefoniert. Joachim war Banker. Geld und Zahlen waren sein Leben. Sicherlich hatte er auch Gefühle. Aber zu den spontanen Zeitgenossen gehörte er nicht. Er plante sein Leben, seinen Tagesablauf bis in alle Einzelheiten. Ein Plan ist eine Fahrkarte in die Sicherheit, sagte er oft. Er tat nichts, ohne sich vorher ausführlich Gedanken darüber zu machen. Er war fast besessen, immer alles richtig zu machen in seinem Leben. Geld und Erfolg waren für ihn dazu die Grundlagen. Hier mußte es stimmen. Erst danach kam alles andere. Also ging er niemals ein wirkliches Risiko ein. In der Bank galt er als zuverlässig und solide.
Natalie wußte, daß sich Joachim nie in ein armes Mädchen verliebt hätte, genau wie sie als junge Frau sehr auf die Sicherung der Zukunft bedacht war. Von der Grundeinstellung waren sich Joachim und Natalie sehr ähnlich. So gesehen paßten sie gut zusammen. Liebe ist Luft. Luft braucht man zwar zum Atmen, aber sie bringt keinen Gewinn. Man kann sie nicht verkaufen, nicht anlegen, nicht vermieten, verpachten, beleihen oder sparen. Luft kann sich nicht vermehren. Sie war da und wird immer einfach nur da sein.
Joachim und Natalie hatten sich auf einer großen Feier der Hauptfiliale der Bank kennengelernt. Natalie dolmetschte dort. Joachim war sie sofort aufgefallen. Diese Frau hatte Biß, wie er es nannte. Sie war gebildet, verfügte über Umgangsformen und bewegte sich sicher auf dem Parkett des Geldes. Kurz, sie war die ideale Partnerin für ihn.
Bevor Joachim Bruchstein Natalie ansprach, zog er Erkundigungen über ihre Familie ein. Ja, es paßte alles. Er näherte sich ihr. Sie gingen ein paarmal miteinander aus, trafen sich im Golfclub und beim Tennis. Joachim addierte die Pluspunkte. Was unter dem Strich dabei herauskam, überzeugte ihn.
Natalie wußte, wie sie sich verhalten mußte, daß sie ihn bekam. Kühl und überlegen, im Gegensatz zu anderen Frauen, die Joachim anhimmelten.
Alle Beziehungen laufen nur darauf hinaus, wer kann mir wie nützlich sein. So war Natalie von ihrer Mutter erzogen worden. Diese hatte das Verhalten der reichen Leute bis zum Äußersten getrieben. Maria Bender, geborene Unterholzer, litt unter dem Komplex, daß sie nur eine Bauerntochter war. So verleugnete sie ihre Herkunft und paßte sich an, bis sie ein völlig anderer Mensch war. Sie wirkte kühl und berechnend. Ihr Mann bedauerte oft die Veränderung. Aber er hielt an ihr fest. Er hatte sich einst in das spontane warmherzige Madl aus Waldkogel verliebt und schnell geheiratet. Jetzt war nichts mehr davon übrig, was er damals so an ihr geschätzt hatte. Aber er ließ die Sache laufen. Seine Frau war eine zuverlässige Stütze seiner Karriere. Besser hätte er es nicht treffen können. Natalie glich ihrer Mutter sehr.
»Nun, mein guter Achim! Was machen wir damit? Wir müssen es gut vermehren. Es muß schnell viel Gewinn bringen. Ich will den Onkel unbedingt beeindrucken. Du verstehst?«
Sie waren im Wohnzimmer angekommen. Natalie ließ sich auf einen Ledersessel eines bekannten Italienischen Designers fallen.
»Dabei muß es sicher sein! Unbedingt!« ergänzte Joachim.
»Richtig! Wir haben mit meinem Onkel einen richtigen Goldfisch an der Angel«, jubelte Natalie.
Noch einmal erzählte sie Joachim, den sie kurz Achim nannte, alles. Der Freund und zukünftige Bräutigam stellte viele Fragen. Er wollte sich ein genaues Bild von Natalies Onkel Ernst machen. Höchst zufrieden hörte er seiner Braut zu, wie Natalie ihren Onkel schilderte. So hatte er ihn auch eingeschätzt.
»Mich würde brennend interessieren, wieviel Geld der Onkel hat. Daran muß ich ständig denken. Wir sind fünf Nichten und Neffen. Bei dem großzügigen Geschenk, da kommt schon eine Summe zusammen. Es muß ihm nicht weh tun. Es kommt mir so vor, als bezahle er es aus der Portokasse.«
Natalie nippte an dem Champagner, den ihr Joachim eingeschenkt hatte. Er schmeckte. Mit Schrecken dachte sie an das Bier, das der Onkel servieren ließ. Das hat er mit Absicht gemacht, dachte die junge Frau. Er hätte auch französischen Champagner auffahren können.
Joachim Bruchstein stand auf und holte seinen tragbaren Computer. Grinsend tippte er darauf herum. Dann schob er ihn Natalie hin.
»Genügt dir das?«
»Achim! So viel Geld hat Onkel Ernst? Das ist wirklich ungeheuerlich. Wie kommt er dazu? Wirft Landwirtschaft so viel ab?«
Joachim lachte.
»Das kann ich dir nicht sagen. Ich schaue mir nur die Konten an. Da mußt du mit deiner Mutter sprechen. Sie weiß bestimmt mehr über die Familie und über Landwirtschaft.«
»Ich wundere mich nur. Die Landwirte jammern doch immer über die geringen Abnahmepreise ihrer Produkte. Das hier sieht mir nicht danach aus, eher wie ein Ölquelle, die beständig sprudelt.«
Natalie lachte.
»Milchquelle!« verbesserte sie sich.
Die junge Frau lehnte sich entspannt zurück.
»Achim, Achim! Stell dir mal vor, ich würde das alles erben. Es ist doch klar, daß Onkel Ernst den Hof und das Vermögen jemanden vererben muß. Selbst geteilt durch fünf wäre das noch ein schöner Batzen. Aber das ist sicherlich gegen seine Mentalität. Der Hof muß erhalten bleiben, das ist in den Bauern so