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Das fehlende Glied in der Kette. Agatha ChristieЧитать онлайн книгу.

Das fehlende Glied in der Kette - Agatha Christie


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im Telegrammstil.

      »Unkraut wächst wie verrückt. Kann damit nicht Schritt halten. Werde Sie zwangsverpflichten müssen. Nehmen Sie sich nur in Acht!«

      »Aber ich würde mich mit dem größten Vergnügen nützlich machen«, erwiderte ich.

      »Sagen Sie das nicht. Sollte man nie. Werden Sie noch bereuen.«

      »Du machst dich über uns lustig, Evie.« John lachte. »Wo trinken wir heute Tee – drinnen oder draußen?«

      »Draußen. Viel zu schönes Wetter, um sich im Hause zu verkriechen.«

      »Dann komm jetzt, du hast für heute genug im Garten gearbeitet. Du hast dir eine Pause verdient. Komm und ruh dich aus.«

      »Hm.« Miss Howard zog die Gartenhandschuhe aus. »Ich stimme dir da zu.«

      Sie ging voran ums Haus herum zu dem Tisch, der im Schatten eines großen Ahorns gedeckt war.

      Aus einem der Korbsessel erhob sich eine Gestalt und kam uns zur Begrüßung ein paar Schritte entgegen.

      »Meine Frau, Hastings«, sagte John.

      Niemals werde ich den ersten Anblick von Mrs Cavendish vergessen. Ihre hohe, schlanke Gestalt zeichnete sich vor dem hellen Hintergrund ab. In ihren wunderschönen goldbraunen Augen schien ein verborgenes Feuer zu schwelen, es waren bemerkenswerte Augen, ganz anders als die aller Frauen, die mir jemals begegnet sind. Sie vermittelte den Eindruck großer Beherrschtheit, doch unter dem höchst kultivierten Äußeren war ein ungebärdiger, ungezähmter Geist spürbar. All das ist in mein Gedächtnis eingebrannt. Ich werde es nie vergessen.

      Sie begrüßte mich freundlich mit tiefer, klarer Stimme und ich sank in einen Korbstuhl und freute mich außerordentlich, dass ich Johns Einladung angenommen hatte. Mrs Cavendish goss mir Tee ein und ihre wenigen leisen Bemerkungen verstärkten meinen Eindruck von ihr als einer ungewöhnlich faszinierenden Frau. Ein aufmerksamer Zuhörer wirkt immer anregend und so gab ich einige Anekdoten aus dem Erholungsheim so witzig zum Besten, dass sich – wie ich mir schmeichelte – meine Gastgeberin sehr amüsierte. John ist zwar ein netter Kerl, aber man würde ihn schwerlich als brillanten Unterhalter bezeichnen.

      In diesem Augenblick ertönte durch die offene Terrassentür in unserer Nähe eine wohlbekannte Stimme: »Dann wirst du der Prinzessin also nach dem Tee schreiben, Alfred? Wegen des zweiten Tages werde ich selbst an Lady Tadminster schreiben. Oder sollen wir erst die Antwort der Prinzessin abwarten? Falls wir eine Absage erhalten, könnte Lady Tadminster das Fest am ersten Tag eröffnen und Mrs Crosbie am zweiten. Dann wäre da noch die Herzogin – wegen des Schulfests.«

      Eine männliche Stimme murmelte eine Antwort, danach erwiderte Mrs Inglethorp: »Aber gewiss doch. Nach dem Tee ist noch genug Zeit. Du denkst aber auch an alles, mein lieber Alfred.«

      Die Terrassentür schwang auf und eine schöne, weißhaarige alte Dame mit etwas gebieterischen Zügen trat heraus auf den Rasen. Ein Mann folgte ihr in etwas unterwürfiger Haltung. Mrs Inglethorp begrüßte mich überschwänglich.

      »Welch große Freude, Sie nach all diesen Jahren wiederzusehen, Mr Hastings. Alfred, Liebster, Mr Hastings – mein Mann.«

      Mit einiger Neugier betrachtete ich den liebsten Alfred. Er hatte wirklich etwas Befremdliches. Ich wunderte mich nicht, dass John sich abfällig über den Bart geäußert hatte. Es war einer der längsten und schwärzesten Vollbärte, die ich jemals gesehen hatte. Er trug einen Kneifer mit Goldrand und seine Gesichtszüge waren merkwürdig unbewegt. Mir kam der Gedanke, dass er auf eine Bühne passen würde, doch im wirklichen Leben wirkte er seltsam fehl am Platz. Seine Stimme war ziemlich tief und salbungsvoll. Er reichte mir steif die Hand und sagte: »Es ist mir eine Freude, Mr Hastings.« Dann wandte er sich an seine Frau: »Liebste Emily, ich glaube, das Kissen ist ein wenig feucht.«

      Sie strahlte ihn liebevoll an, als er stattdessen ein anderes hinlegte – ein überzeugender Beweis hingebungsvoller Fürsorge. Eine seltsame Gefühlsverirrung für eine sonst so vernünftige Frau!

      Mit der Ankunft von Mr Inglethorp wurde die Atmosphäre auf einmal gespannt, eine verschleierte Feindseligkeit wurde bei den Anwesenden spürbar. Besonders Miss Howard gab sich keinerlei Mühe, ihre Gefühle zu verbergen. Mrs Inglethorp schien jedoch nichts Ungewöhnliches zu bemerken. Sie hatte ihre Redseligkeit, an die ich mich noch von früher erinnerte, in der Zwischenzeit nicht eingebüßt und sie redete ununterbrochen, hauptsächlich von dem bevorstehenden Basar, den sie organisierte und der demnächst stattfinden sollte. Ab und an wandte sie sich mit einer Frage nach Daten oder Terminen an ihren Gatten. Seine aufmerksame Fürsorge ließ keinen Augenblick nach. Von Anfang an fasste ich eine starke, tiefe Abneigung gegen ihn, und ich muss gestehen, dass meine ersten Einschätzungen meist ziemlich zutreffend sind.

      Als sich Mrs Inglethorp an Miss Howard wandte, um ihr einige Anweisungen bezüglich eines Briefes zu geben, redete mich ihr Mann in seiner salbungsvollen Stimme an: »Sind Sie Berufsoffizier, Mr Hastings?«

      »Nein, vor dem Krieg habe ich bei der Lloyd-Versicherung gearbeitet.«

      »Werden Sie nach dem Kriegsende wieder dorthin zurückgehen?«

      »Vielleicht. Entweder das, oder ich fange noch einmal etwas ganz Neues an.«

      Mary Cavendish beugte sich vor. »Welchen Beruf würden Sie denn wählen, wenn Sie sich nur nach Ihren Neigungen entscheiden könnten?«

      »Das hängt von mancherlei ab.«

      »Haben Sie kein geheimes Steckenpferd?«, fragte sie. »Gibt es denn nichts, das Sie fasziniert? Eigentlich hat doch jeder eine geheime Leidenschaft – meist etwas völlig Verrücktes.«

      »Sie werden mich auslachen.«

      Sie lächelte. »Vielleicht.«

      »Tja, also, ich wollte heimlich schon immer ein Detektiv sein.«

      »Ein echter Detektiv – bei Scotland Yard? Oder mehr so wie Sherlock Holmes?«

      »Oh, am liebsten wie Sherlock Holmes. Aber ganz im Ernst – das fasziniert mich ungemein. Ich habe einmal in Belgien einen Mann kennengelernt, einen sehr berühmten Detektiv, und der hat mich richtiggehend angesteckt. Er war ein bewundernswerter kleiner Bursche. Er behauptete immer, gute Detektivarbeit bestünde einzig und allein in einer methodischen Vorgehensweise. Darauf basiert auch mein System – obwohl ich es natürlich weiterentwickelt habe. Er war ein drolliger kleiner Mann, ein richtiger Dandy, aber unglaublich klug.«

      »Schätze auch eine gute Detektivgeschichte«, bemerkte Miss Howard. »Aber es wird auch eine Menge Mist verzapft. Die Entlarvung des Verbrechers im letzten Kapitel. Alle sind total überrascht. Bei einem echten Verbrechen – da würde man sofort Bescheid wissen.«

      »Es gibt aber eine große Anzahl unaufgeklärter Verbrechen«, widersprach ich.

      »Ich meine ja nicht die Polizei, sondern die Menschen, die direkt davon betroffen sind. Die Familie. Die könnte man nicht an der Nase herumführen, die wüsste Bescheid.«

      »Dann glauben Sie wohl«, sagte ich belustigt, »dass Sie sofort den Mörder entlarven würden, falls Sie jemals in ein Verbrechen verwickelt würden, zum Beispiel in einen Mord, ja?«

      »Selbstverständlich. Könnte es vielleicht einem Rudel von Rechtsanwälten nicht beweisen. Bin mir ganz sicher, dass ich Bescheid wüsste. Würde es in meinen Fingerspitzen fühlen, wenn der Kerl in meine Nähe käme.«

      »Vielleicht ist es eine Sie«, wandte ich ein.

      »Möglich. Aber Mord ist ein Gewaltverbrechen. Riecht für mich mehr nach einem Mann.«

      »Aber nicht Giftmord.« Mrs Cavendishs klare Stimme erschreckte mich. »Dr. Bauerstein sagte erst gestern, es gäbe wahrscheinlich unzählige unentdeckte Giftmorde, weil die Ärzte sich bei den unbekannteren Giften kaum auskennen.«

      »Aber Mary, was ist das denn für eine gruselige Unterhaltung!«, rief Mrs Inglethorp. »Da überläuft es mich ja kalt. Oh, da ist ja Cynthia!«

      Ein Mädchen in Uniform kam


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