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Elefanten vergessen nie. Agatha ChristieЧитать онлайн книгу.

Elefanten vergessen nie - Agatha Christie


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tun könnte. Sie war – nein, ich glaube, sie muss noch ein richtiges Kind gewesen sein, als sich diese Tragödie ereignete.«

      »Ich nehme an, sie weiß trotzdem genau Bescheid«, antwortete Mrs Burton-Cox. »Kinder wissen immer alles! Und Ihnen würde sie es erzählen. Ihnen!«

      »Sie sollten sie selber fragen, finde ich.«

      »Das kann ich unmöglich«, erklärte Mrs Burton-Cox. »Ich glaube nicht, dass es Desmond recht wäre. Er ist ziemlich – ziemlich empfindlich, was Celia betrifft, und ich glaube wirklich nicht – nein – ich bin überzeugt, dass sie es nur Ihnen sagt.«

      »Ich denke nicht im Traum daran, sie zu fragen«, sagte Mrs Oliver und tat, als ob sie auf die Uhr sähe. »Ach, du meine Güte«, rief sie, »wie viel Zeit wir mit diesem reizenden Essen vertan haben. Ich muss laufen. Ich habe eine sehr wichtige Verabredung. Guten Tag, Mrs – hm – Bedley-Cox, es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann, aber diese Sache ist doch ziemlich delikat und – spielt es denn Ihrer Meinung nach wirklich eine so große Rolle?«

      »Oh, ich glaube, eine ganz große.«

      In diesem Augenblick schlenderte eine literarische Persönlichkeit, die Mrs Oliver kannte, vorbei. Mrs Oliver sprang auf und erwischte sie am Arm.

      »Louise, meine Liebe, wie reizend, dass ich dich treffe. Ich habe gar nicht gewusst, dass du hier bist.«

      »Ach, Ariadne, es ist lange her, seit ich dich gesehen habe. Du bist dünner geworden, was?«

      »Was du mir immer für Komplimente machst«, sagte Mrs Oliver, nahm ihre Freundin am Arm und zog sie vom Sofa weg. »Ich muss rennen, weil ich eine Verabredung habe.«

      »Ich nehme an, du bist dieses schreckliche Weib nicht losgeworden, nicht wahr?«, fragte ihre Freundin und sah über die Schulter auf Mrs Burton-Cox zurück.

      »Sie hat mir so seltsame Fragen gestellt«, sagte Mrs Oliver.

      »Aha! Und du konntest sie nicht beantworten?«

      »Nein. Außerdem ging mich die Sache nichts an. Ich habe überhaupt nichts davon gewusst. Und ich hätte ihr auch nicht geantwortet.«

      »Ging es um etwas Interessantes?«

      »Vermutlich«, sagte Mrs Oliver. Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf. »Ich nehme an, es könnte interessant werden, nur …«

      »Jetzt steht sie auf und kommt hinter dir her«, sagte ihre Freundin. »Mach schnell! Ich sorge dafür, dass du verschwinden kannst, und fahre dich hin, wohin du willst, wenn du deinen Wagen nicht dahast.«

      »In London fahre ich nie mit dem Auto, es ist so schwierig mit der Parkerei.«

      »Ich weiß. Einfach mörderisch!« Mrs Oliver verabschiedete sich überall gebührend und saß kurz darauf im Auto.

      »Nach Eaton Terrace wolltest du?«, sagte die zuvorkommende Freundin.

      »Ja«, antwortete Mrs Oliver, »ich glaube, es heißt Whitefrairs Mansions. An den Namen kann ich mich nicht genau erinnern, aber ich weiß, wo es ist.«

      »Aha, ein Apartmenthaus. Ziemlich modern! Viereckig und geometrisch.«

      »Genau«, sagte Mrs Oliver.

      2

      Da Mrs Oliver ihren Freund Hercule Poirot nicht zu Hause angetroffen hatte, musste sie Zuflucht zum Telefon nehmen.

      »Sind Sie zufällig heute Abend daheim?«, fragte Mrs Oliver und trommelte mit ihren Fingern ziemlich nervös auf die Tischplatte.

      »Ist dort etwa …?«

      »Ariadne Oliver«, sagte Mrs Oliver, die immer von neuem überrascht war, wenn man sie nach ihrem Namen fragte, da sie glaubte, dass alle Freunde ihre Stimme sofort erkannten.

      »Ja, ich bin den ganzen Abend hier. Bedeutet das, dass ich das Vergnügen Ihres Besuches haben werde?«

      »Wie nett von Ihnen, es so zu sagen«, rief Mrs Oliver. »Ich weiß nicht, ob es ein Vergnügen sein wird.«

      »Es ist immer ein Vergnügen, Sie zu sehen, chère Madame

      »Ich weiß nicht, vielleicht könnte ich Ihnen ziemlich lästig werden und viele Fragen stellen. Ich möchte erfahren, wie Sie über eine gewisse Sache denken!«

      »Ich bin immer bereit, jedem meine Meinung zu sagen«, erklärte Poirot.

      »Es ist ein Problem aufgetaucht«, sagte Mrs Oliver. »Sehr schwierig, ich weiß nicht, was ich machen soll.«

      »Und deshalb kommen Sie zu mir. Ich fühle mich geschmeichelt. Höchst geschmeichelt.«

      »Welche Zeit würde Ihnen passen?«

      »Neun Uhr? Wir könnten zusammen Kaffee trinken, falls Sie nicht einen Grenadine oder einen Sirop de Cassis vorziehen. Aber nein, so etwas mögen Sie ja nicht. Ich erinnere mich.«

      »George«, sagte Poirot, nachdem er eingehängt hatte, zu seinem unschätzbaren Diener, »wir werden heute Abend das Vergnügen eines Besuches von Mrs Oliver haben. Ich denke, Kaffee und irgendeinen Likör. Ich bin nie ganz sicher, was sie gern trinkt.«

      »Ich habe sie Kirsch trinken sehen, Sir.«

      »Und Crème de Menthe glaube ich auch. Aber Kirsch hat sie, glaube ich, lieber.«

      Mrs Oliver kam pünktlich. Beim Abendessen hatte Poirot darüber nachgedacht, was Mrs Oliver zu ihm trieb und warum sie so im Zweifel war, was sie tun sollte. Kam sie wegen eines schwierigen Problems zu ihm, oder würde sie ihm von einem Verbrechen erzählen? Poirot wusste genau, bei Mrs Oliver war alles möglich. Die einfachsten und die ungewöhnlichsten Dinge. In ihren Augen waren sie alle gleich wichtig. Aber sie war beunruhigt. Nun, dachte Hercule Poirot, er würde mit Mrs Oliver schon fertigwerden. Er war immer mit ihr fertiggeworden. Gelegentlich machte sie ihn wütend. Gleichzeitig war er ihr wirklich sehr zugetan. Sie hatten viele Erfahrungen und Experimente zusammen gemacht. Erst heute Morgen hatte er irgendetwas über sie in der Zeitung gelesen – oder war es im Abendblatt gewesen? Er musste versuchen, sich zu erinnern, bevor sie kam. Es war ihm gerade gelungen, als sein Diener Mrs Oliver meldete.

      Sie kam ins Zimmer, und Poirot schloss sofort, dass seine Diagnose zutraf. Sie war besorgt. Ihre Frisur, sonst immer sehr sorgfältig gelegt, war unordentlich, weil sie in ihrer fieberhaften und hastigen Art, die sie manchmal an sich hatte, mit den Fingern hindurchgefahren war. Er empfing sie mit allen Zeichen des Vergnügens, bot ihr einen Stuhl an, schenkte ihr Kaffee ein und gab ihr ein Glas Kirsch.

      »Ah!«, sagte Mrs Oliver mit einem Seufzer der Erleichterung. »Ich fürchte, Sie werden mich für schrecklich dumm halten, aber …«

      »Ich lese, oder besser, ich las in der Zeitung, dass Sie heute bei einem literarischen Essen waren. Berühmte Schriftstellerinnen. Ich dachte, so was würden Sie nie mitmachen.«

      »Gewöhnlich nicht«, antwortete Mrs Oliver, »und ich werd’s auch nie wieder tun.«

      »Aha! War es so schlimm?« Poirot war ganz Mitgefühl.

      Er wusste über Mrs Olivers schwachen Punkt Bescheid. Übertriebenes Lob ihrer Bücher brachte sie immer aus der Fassung, hatte sie ihm einmal erzählt, weil sie nie die richtige Antwort darauf wusste.

      »Es hat Ihnen nicht gefallen?«

      »Bis zu einem bestimmten Punkt schon«, erwiderte Mrs Oliver, »aber dann passierte was sehr Unangenehmes.«

      »Aha. Und das ist der Grund, weshalb Sie zu mir kommen.«

      »Ja, aber eigentlich weiß ich es wirklich nicht genau. Ich meine, die Sache hat überhaupt nichts mit Ihnen zu tun, und ich glaube auch nicht, dass es im entferntesten die Art von Dingen ist, die Sie interessiert. Und ich selber bin auch nicht wirklich neugierig darauf. Aber irgendwie muss ich es doch sein, sonst wäre ich nicht zu Ihnen gekommen, um Ihre Ansicht darüber zu hören. Darüber was – was Sie an meiner Stelle täten.«


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