Omnipotens. Thorsten KleinЧитать онлайн книгу.
Gast?“, fragte die Frau mit dumpfem Spott.
„Darauf legst du doch keinen Wert“, erwiderte der Herzog, in seiner Ausdrucksweise deutlich zeigend, wie wenig Wert er darauflegte, diesen Gast zu begrüßen.
„Wir dachten, ein Gespräch in einem familiäreren Rahmen wäre angebrachter“, versuchte der Chevalier weniger Abneigung gegen diese Frau in den Ton seiner Antwort zu legen.
„Du hast ja auch das größte Interesse daran, dass ich mit dir rede. Größer zumindest, als das des Herzogs“, wies sie seine Verbindlichkeit zurück.
Während der Chevalier schwieg, fand der Herzog den Mut, sie eingehend zu mustern. Er hatte sie lange nicht gesehen.
Sie trug ihr übliches Gewand von antikem Schnitt und einer so erdig dunklen braunen Farbe, dass die das Licht der Umgebung einzusaugen schien, weshalb auch die Frau selbst von jener erdig braunen Dunkelheit umgeben war.
Ihr Gesicht war trotzdem zu erkennen. Ihre jugendliche Schönheit machte die Zuordnung zu irgendeiner Ethnie der Menschheit unmöglich und schien aus dem Ursprung der Schöpfung selbst zu stammen. Nur ihre Augen zeigten jenen tiefen Schmerz, den wir bereits von Richard Kummers Augen kannten.
Die Frau setzte sich. Worauf, war nicht zu erkennen.
Die beiden Männer blieben stehen.
„Ich möchte euch mitteilen, dass mein Mann und ich bereit sind, einer Verurteilung unseres Sohnes durch den Gesamten Hohen Rat zuzustimmen“, sagte die Frau, kaum dass sie sich gesetzt hatte.
„Unter welchen Bedingungen?“, fragte der Chevalier in einem geschäftsmäßigen Ton. Anklagen des Hohen Rates waren seine Aufgabe.
„Ohne Bedingungen“, erwiderte die Frau. Sie hatte die ganze Zeit zu Boden geblickt, als beziehe sie ihre Kraft aus der Erde. Der Herzog wusste, das war der Fall.
Aber ihre Antwort verblüffte ihn. „Eine Verurteilung? Dazu noch ohne Bedingungen?“
Die Frau sah auf. „Das überrascht dich wohl?“
„Ja“, gab der Herzog ehrlich zu. „Was hat dich umgestimmt?“
„Der Tod Richard Kummers.“
„Der wollte sterben“, gab der Chevalier zu bedenken.
„Das hat er mir persönlich versichert, als wir wegen Alexandras Heilung alle mental miteinander verbunden waren. Er hatte mir auch vor langer Zeit schon prophezeit, dass er eines Tages durch unser Kind sterben wird. Ich habe es ihm nie geglaubt.“
„Er hat es dir prophezeit?“, fragte der Chevalier. „Wann?“
„Vor fast zweitausendfünfhundert Jahren. Er war damals noch ein Kind. Ich wusste dadurch als erste, wer er wirklich war.“
„Noch vor unserem Vater?“, fragte der Herzog. „Respekt.“
„Du zollst mir Respekt?“
„Schon immer, Tante Hestia.“
„Nenne nicht diesen Namen“, fauchte die zurück, „ich trage ihn schon lange nicht mehr. Diese Zeiten sind vorbei.“
„Wir sind beide ewig“, meinte der Herzog mit einem seltsamen Bedauern in der Stimme, „unsere Zeiten sind nie vorbei und sie werden es niemals sein. Was immer wir auch tun. Deshalb ist es wichtig, das Richtige zu tun.“
„Wir klagen il caskar also an“, resümierte der Chevalier, um weiteren Streit zu vermeiden, „diesmal vor dem Gesamten Hohen Rat, da sich seine Eltern nun nicht mehr gegen eine Verurteilung sträuben. Welches Urteil schlägst du vor?“
„Seinen Tod“, erwiderte il caskars Mutter dumpf, dabei wieder auf den Boden sehend.
„Nanana“, protestierte der Herzog, „so einfach soll er uns nicht davonkommen.“
„Du hast einen Plan?“, fragte die Frau, hoffnungsvoll zum Herzog blickend.
Der sah kurz zum Chevalier. Beide kommunizierten mental.
„Wir haben immer einen Plan“, erwiderte der Chevalier nach diesem Gedankenaustausch.
„Erstmal entzweien wir ihn mit seiner Community. Das ist nicht weiter schwer. Daran arbeitet er selbst ununterbrochen, seines liebevollen Charakters wegen“, schlug der Herzog der Frau vor.
„Wenn ich mit euch zusammenarbeite, muss ich dann deinen ständigen Spott ertragen?“, fragte die zurück.
„Das darfst du. Wie du siehst, hat unsere Zusammenarbeit auch gute Seiten“, antwortete der Herzog.
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