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Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten. Jonathan SwiftЧитать онлайн книгу.

Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten - Jonathan Swift


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und dann abreisen zu dürfen; eine Gnade, die er mir nach einigem Hinundherreden gewährte.

      Während dieser Zeit wunderte ich mich sehr, nichts von einer Botschaft zu vernehmen, die unser Kaiser meinethalben an den Hof von Blefuscu hätte senden können. Nachher hat man mich aber im geheimen benachrichtigt, Seine Kaiserliche Majestät habe geglaubt, mir sei durchaus keine Kunde von ihren Absichten zugekommen; ich sei nur wegen des von mir gegebenen Versprechens und der erteilten Erlaubnis, die bei Hof allgemein bekannt war, nach Blefuscu abgereist; auch würde ich in wenigen Tagen nach Beendigung der Hofzeremonien wieder zurückkehren. Zuletzt aber geriet der Kaiser wegen meiner längeren Abwesenheit doch in Unruhe; er hielt eine Beratung mit seinem Schatzmeister und den übrigen gegen mich kabalierenden Ministern; endlich war ein Mann von hohem Stande mit einer Abschrift meiner Anklage nach Blefuscu gesandt. Dieser Gesandte hatte Instruktionen, dem Monarchen von Blefuscu Vorstellungen über die große Milde seines Herrn zu machen, der sich begnüge, mich nur mit dem Verlust meiner Augen zu bestrafen; ich habe mich seiner Gerechtigkeit entzogen; wenn ich nicht innerhalb zwei Stunden zurückkehre, würde ich meinen Titel als Nardac verlieren und für einen Verräter erklärt werden. Der Gesandte fügte ferner hinzu: Sein Herr erwarte, daß sein kaiserlicher Bruder in Blefuscu, um den Frieden und die Freundschaft beider Reiche zu erhalten, Befehl erteilen würde, mich an Händen und Füßen gefesselt nach Liliput zurückzusenden, damit ich dort die Strafe der Verräter erleide.

      Der Kaiser von Blefuscu beriet drei Tage lang über diesen Antrag und gab dann eine aus vielen Höflichkeiten und Entschuldigungen bestehende Antwort. Er erwiderte: In betreff des Verlangens, mich gefesselt nach Liliput hinüberzusenden, so wisse sein kaiserlicher Bruder sehr wohl, dies Verfahren sei unmöglich; ferner sei er mir in mannigfacher Hinsicht wegen der Dienste verpflichtet, die ich ihm beim Friedensschluß erwiesen, obgleich ich ihn seiner Flotte beraubt habe. Beide Majestäten würden indes bald zufriedengestellt werden. Ich habe am Ufer ein wunderbares Schiff gefunden, das mich auf dem Meere tragen könne; er habe Befehl gegeben, es mit meiner Hilfe und unter meiner Leitung auszubessern, und hoffe, in wenigen Wochen würden beide Reiche von einer so unerträglichen Last befreit sein.

      Mit dieser Antwort kehrte der Gesandte nach Liliput zurück; der Kaiser von Blefuscu aber erzählte mir den ganzen Vorgang und bot mir, unter dem Siegel der strengsten Verschwiegenheit, seinen gnädigsten Schutz an, im Falle ich in seinen Diensten bleiben wolle. Ich hielt sein Anerbieten für aufrichtig, beschloß aber dennoch, gegen Fürsten und Minister kein Vertrauen mehr zu hegen, solange ich es irgendwie vermeiden könne. Deshalb bat ich ihn demütig, mit aller schuldigen Anerkennung seiner günstigen Absichten, mich gnädigst zu entschuldigen. Ich fügte hinzu: Da ein gutes oder böses Schicksal mir einmal ein Schiff verschafft habe, wolle ich mich lieber dem Ozean anvertrauen, als Veranlassung zu einem Streite von zwei so mächtigen Monarchen geben. Auch bemerkte ich wohl, daß der Kaiser über meine Antwort gar nicht unzufrieden war; bald darauf habe ich sogar zufällig entdeckt, daß er und seine Minister viel Freude über meinen Entschluß empfanden.

      Diese Umstände bewogen mich, meine Abreise noch mehr zu beschleunigen, als ich anfangs beabsichtigte. Der Hof trug auch dazu bei, denn er wünschte, ich möchte mich so schnell wie möglich entfernen. Fünfhundert Arbeiter wurden angewiesen, nach meiner Anleitung zwei Segel für mein Boot zu verfertigen, indem sie dreizehn Lagen ihrer stärksten Leinwand übereinandersteppten. Ein großer Stein, den ich nach langem Suchen am Strande fand, diente mir als Anker. Das Fett von dreihundert Kühen wurde mir angeboten, um mein Boot zu dichten oder um es zu anderen Zwecken zu benutzen. Es kostete mich unendliche Mühe, einige der größten, zu Bauholz geeigneten Bäume abzuschneiden, wobei mir jedoch die Zimmermeister der kaiserlichen Flotte halfen, welche diese glätteten, nachdem ich die gröbere Arbeit selbst verrichtet hatte.

      Nach ungefähr einem Monat, als alles vollendet war, ließ ich dem Kaiser sagen, ich sei zur Abreise bereit und erwarte seine Befehle. Der Kaiser und die kaiserliche Familie verließen hierauf den Palast, ich legte mich nieder, um seine Hand zu küssen, die er mir sehr gnädig reichte; die Kaiserin und die jungen Prinzen von Geblüt erwiesen mir dieselbe Ehre. Seine Majestät schenkte mir fünfzig Börsen, jede mit zweihundert Sprugs, sowie auch sein Bild in Lebensgröße, das ich sogleich in meinen Handschuh steckte, um es vor Schaden zu bewahren. Die Zeremonien bei meiner Abreise waren zu umfangreich, um den Leser hier damit zu langweilen.

      Ich versah das Boot mit dem Fleische von hundert Ochsen, dreihundert Schafen, mit einer entsprechenden Menge Brot und Wasser und mit so viel zubereiteten Speisen, wie vierhundert Köche zurichten konnten; ferner mit sechs Kühen und zwei Stieren, ebenso vielen Mutterschafen und Böcken, die ich in mein Vaterland zu verpflanzen beabsichtigte, um diese Rasse auch dort einheimisch zu machen. Um diese Tiere an Bord zu füttern, hatte ich eine ziemliche Masse Heu und einen Sack voll Korn ebenfalls mitgenommen. Ich hätte auch sehr gern ein Dutzend Eingeborener mit hinübergebracht, allein der Kaiser wollte dies in keiner Weise zulassen; meine Taschen wurden deshalb genau durchsucht, und der Kaiser nahm mir außerdem mein Ehrenwort ab, keinen seiner Untertanen, ohne dessen ausdrückliche Zustimmung und besonderen Wunsch, mit mir fortzuführen.

      Nachdem ich alle Vorbereitungen, so gut es ging, getroffen hatte, ging ich am 24. September 1701, sechs Uhr morgens, unter Segel. Als ich ungefähr vier Meilen nordwärts gesteuert war, bemerkte ich, während der Wind um sechs Uhr abends aus Südost blies, in der Entfernung einer halben Meile, nordwestlich eine kleine Insel. Ich steuerte darauf zu und warf bei ihr unter dem Winde Anker. Die Insel schien unbewohnt. Hierauf aß ich etwas, legte mich zur Ruhe und schlief ungefähr sechs Stunden, denn ich erwachte noch zwei Stunden vor Sonnenaufgang. Die Nacht war hell; ich frühstückte, bevor die Sonne am Himmel erschien, lichtete den Anker und steuerte in derselben Richtung wie am gestrigen Tage, wie mir mein Taschenkompaß angab. Es war meine Absicht, eine jener Inseln zu erreichen, die, wie ich Grund hatte zu glauben, nordöstlich von Diemens-Land liegen. An diesem Tage entdeckte ich nichts, am nächsten jedoch bemerkte ich gegen drei Uhr nachmittags, als ich nach meiner Berechnung vierundzwanzig Meilen von Blefuscu entfernt war, ein südöstlich fahrendes Segel, während meine Richtung östlich war. Ich gab Zeichen, wurde aber nicht bemerkt; da jedoch der Wind nachließ, gewann ich ihm Raum ab. Ich segelte so schnell als möglich und wurde nach einer halben Stunde auf dem Schiffe bemerkt, das die große Flagge hißte und eine Kanone abfeuerte. Ich kann meine Freude nicht ausdrücken, die ich bei dem Gedanken empfing, mein teures Vaterland und die dort zurückgelassenen Lieben noch einmal wiedersehen zu können. Das Schiff zog die Segel ein, und ich erreichte es am 26. September. Mein Herz schlug vor Freude, als ich die englische Flagge erblickte. Ich steckte mein Rindvieh und meine Schafe in die Rocktaschen und stieg mit meiner ganzen kleinen Ladung von Vorräten an Bord. Das Schiff war ein englischer Kauffahrer, der von Japan durch den nördlichen Teil der Südsee nach England zurückkehrte. Der Kapitän, Herr Biddel von Deptforth, war ein höflicher Herr und ein ausgezeichneter Seemann. Wir befanden uns im dreißigsten Grad südlicher Breite; im Schiff waren ungefähr fünfzig Mann, und unter diesen fand ich einen alten Freund, Peter Williams, der den Kapitän durch günstige Auskünfte vollkommen für mich einnahm. Dieser Herr erwies mir viele Freundlichkeiten und bat mich, ihm zu sagen, woher ich gekommen sei und wohin ich wollte. Als ich ihm nun dies in wenig Worten berichtete, hielt er mich für verrückt und glaubte, die von mir bestandenen Gefahren hätten mir das Gehirn verwirrt. Ich aber zog mein schwarzes Rindvieh und meine Schafe aus der Tasche und gab ihm so die vollkommenste Überzeugung von meiner Wahrhaftigkeit. Dann zeigte ich ihm das Gold, das mir der Kaiser von Blefuscu gegeben, sowie das Bildnis Seiner Majestät in Lebensgröße und einige andere Seltenheiten des Landes. Auch gab ich ihm zwei Börsen, jede mit zweihundert Sprugs, und versprach, nach unserer Ankunft in England ihm eine trächtige Kuh und ein trächtiges Mutterschaf zu schenken.

      Ich will den Leser mit einer besonderen Beschreibung dieser Reise nicht langweilen, die im ganzen sehr glücklich war. Wir langten am 2. April 1702 in den Dünen an. Ich erlitt nur ein einziges Unglück. Die Ratten des Schiffes fraßen mir nämlich einen meiner Schafböcke. Die Knochen davon fand ich in einem Rattenloch, und zwar gänzlich von allem Fleische entblößt. Das übrige Vieh brachte ich wohlbehalten an Land und setzte es in einem Rasenplatz bei Greenwich auf die Weide, wo es die Trefflichkeit des Grases sehr gut mästete, obgleich ich das Gegenteil befürchtet hatte. Auf einer so langen Reise würde ich meine Tiere nicht am Leben erhalten haben, wenn der Kapitän nicht einen Teil seines besten Zwiebacks


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