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Die Kreuzfahrer - milites diaboli. Jens - Uwe NebauerЧитать онлайн книгу.

Die Kreuzfahrer - milites diaboli - Jens - Uwe Nebauer


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weder der Trunk noch das Mahl schmecken.

      Während Gunthard geräuschvoll schnarchte, saß Gottfried noch kurz vor Mitternacht auf seinem Klappstuhl und wälzte schwere Gedanken. Schon längst war ihm die Lust an dem mit so viel Vorfreude begonnenen Kriegszug vergangen. Unter dem Eindruck der allgemeinen Stimmung wäre der älteste Spross der Falkenburger am liebsten schon am kommenden Morgen den bereits Abgezogenen Richtung Heimat gefolgt, denn er war sich mittlerweile sicher, dass aus diesem Unternehmen nichts Gutes mehr für sie erwachsen konnte.

      Mit gefurchter Stirn stand er auf und begann im Zelt hin und her zu wandern, wobei er sich mit der rechten Hand seinen Schildarm massierte, der nach dem fürchterlichen Axthieb des hünenhaften Burgverteidigers immer noch schmerzte.

      Von Zeit zu Zeit drangen die Geräusche der Außenwelt bruchstückhaft durch die feuchten Wände des Zeltes. Ein Kauz schrie, ein Hund kläffte, bis er von seinem Herrn zur Ruhe gebracht wurde, eine weibliche Stimme verlangte keifend nach ihrem Lohn.

      Plötzlich hob Gottfried den Kopf und lauschte. Ein leises, unbestimmtes Grummeln war an seine Ohren gedrungen, das schnell lauter und lauter wurde und sich mit dem Näherkommen zu einem hundertfachen Stampfen und Trommeln wandelte.

      Wie von einer Ratte gebissen schnellte Gottfried in die Höhe. „Gunthard“, schrie er mit sich überschlagender Stimme, „hoch mit dir! Ein Nachtangriff der Meißner!“

      Der erste schrille Alarmschrei eines der kaiserlichen Wachposten gellte durch die Nacht, unmittelbar gefolgt von einem aus Hunderten Kehlen geschmetterten Schlachtruf der nächtlichen Angreifer: „Hie Meißen!“

      Die Brüder warfen sich in aller Eile die Schuppenpanzer über und setzten die Helme auf, dann rissen sie die Schwerter aus den Scheiden und liefen aus dem Zelt.

      Die Lagergassen waren vom Licht dutzender Fackeln erfüllt, die von dunklen, an Kentauren erinnernden Wesen geschwungen wurden. Stahl von Schwertern und Speerspitzen blinkte.

      Von einem Augenblick zum anderen erwachte in den Zelten und Hütten der Kaiserlichen das Leben. Ungerüstet, oft nur im Hemd und der Bruch, stürzten die Überraschten ins Freie, wo sie bereits von gnadenlos dreinschlagenden Reitern erwartet wurden.

      Ein wüstes Gemetzel hob an.

      Schreie ertönten, Pferdehufe trommelten, Trompetenrufe und Hörnergeschmetter vermischen sich mit den Flüchen und dem Wutgeheul der Überfallenen.

      In wilder Hast rannte, eilte, sprang alles durcheinander; Schatten ballten sich zu dunklen Klumpen, fuhren wieder auseinander.

      „Schlagt drein“, erscholl eine dröhnende Stimme, „tötet die Hunde!“

      „Reißt die Zelte nieder, steckt sie in Brand!“, schrie es an anderer Stelle.

      Zeltstangen krachten und brachen, Leinwand zerriss und fing, wenn auch nur mühsam, Feuer, ätzender Brandgeruch breitete sich aus.

      „Die machen uns nieder“, schrie Gottfried und wich mit Mühe dem Speerstoß eines vorbei sprengenden Meißners aus. „Wir müssen hier weg!“

      „Und alles hier lassen?“, versetzte sein Bruder zweifelnd.

      „Wir haben keine Zeit zum Packen“, zischte der Ältere heftig. „Jetzt geht’s ums nackte Leben!“

      „Ihr Herren, was sollen wir tun?“

      Ruodlieb, der älteste der Falkenburger Knechte, ungerüstet und mit den gleichen Anzeichen des Entsetzens im Gesicht, wie Hunderte andere Kaiserliche zu dieser Stunde auch, drängte sich zu den Brüdern.

      „Abhauen! Jeder für sich“, befahl Gottfried. „Wer’s kann, der schlägt sich nach Hause durch.“

      Die Brüder liefen zur Rückseite ihres Zeltes, wo die Pferde, die unter einem aus Stangen und Zweigen behelfsmäßig errichteten Dach standen, unruhig mit den Hufen stampften und die Köpfe warfen. Ohne sie zu satteln oder zu zäumen schwangen sich die beiden auf die Rücken der Tiere, durchtrennten die Halteseile mit ihren Schwertern und schlugen ihnen die Fersen in die Weichen.

      „Gebe Gott, dass wir irgendwie durchschlüpfen“, rief Gottfried, während er sich mit der Linken an der Mähne seines braunen Hengstes festkrallte, „die Hunde wollen uns nicht ungeschoren davonkommen lassen.“

      Wie zur unwillkommenen Bestätigung seiner Worte fiel, kaum dass sie die Lagergasse erreicht hatten, eine Schar von fünf Reitern über sie her. Die Falkenburger konnten von Glück reden, dass sie ihre Panzer und Helme angelegt hatten, sonst wären sie dem Hagel der auf sie niederprasselnden Schläge innerhalb weniger Augenblicke zum Opfer gefallen. So blieben die meisten der Hiebe ihrer Gegner wirkungslos und die beiden konnten sich der heftigen Angriffe der Meißner nicht nur erfolgreich erwehren, sondern Gottfried gelang es sogar, einen der Angreifer aus dem Sattel zu hauen.

      Als er die dadurch entstandene, winzige Atempause nutzte, um sich nach einem Fluchtweg umzusehen, bemerkte er, dass die Spatenburger nur wenige Klafter von ihnen entfernt auf ihren Gäulen saßen und sich von ihren Knechten ihre prall gefüllten Mantelsäcke hinaufreichen ließen.

      „Helft uns“, brüllte Gottfried, zwischen zwei parierten Schlägen, doch die Spatenburger und ihre Vettern wandten sich kaltblütig ab und gaben Fersengeld. Schnell waren sie in der Dunkelheit verschwunden.

      „Diese Schweine“, röchelte Gunthard mit zugeschnürter Kehle, „diese dreckigen, feigen Schweine!“

      Von einer fürchterlichen Wut beseelt, hieb er einem der markgräflichen Reiter die Klinge so heftig über den Kopf, dass sie tief in die Stirn drang und den Schädel bis zur Nasenwurzel spaltete.

      Dieser Schlag entschied den Kampf zugunsten der Falkenburger. Die drei übriggebliebenen Meißner sahen wenig Sinn darin, sich noch weiter mit den beiden Gewappneten herumzuschlagen und ließen von ihnen ab, um sich leichtere Gegner zu suchen oder um sich an der nun einsetzenden Plünderung des eroberten Lagers zu beteiligen.

      „Und jetzt nichts wie weg hier“, stieß Gottfried erleichtert hervor, nachdem sich die Meißner davongemacht hatten. Er hieb seinem Braunen die flache Klinge über den Oberschenkel und in wildem Galopp gelangten die Brüder unbehelligt bis zum Rand des Lagers und weiter hinaus aufs freie Feld, wo sie im Schutze der Nacht und des plötzlich einsetzenden Schneefalls untertauchten.

      *

      Kaiser Heinrich entrann seinen Feinden nur dank der schnellen Beine seines Rosses und der Unerschrockenheit seiner Leibwache, die ihm den Fluchtweg freikämpfte. Die Bischöfe, die ihm in diesem Kampf treu zur Seite gestanden hatten, waren weniger vom Glück gesegnet. Erzbischof Siegwin von Köln zerschmetterte vor seinem Zelt die Streitaxt eines Reiters den Schädel, die Bischöfe Burkhard von Lausanne und Otto von Regensburg gerieten auf ihrer Flucht in Richtung des Dorfes Mühlberg in einen Haufen feindlicher Spießknechte und wurden, da man sie ihrer unvollständigen Kleidung halber nicht erkannte, von den Pferden gestochen. Nur Liemar, der Bischof von Bremen, konnte sein Leben retten. Er fiel den Markgräflichen leicht verwundet in die Hände und durfte hoffen, gegen ein erkleckliches Lösegeld schon bald wieder freigelassen zu werden.

      Das Belagerungsheer des Saliers hatte sich in alle Winde zerstreut. Mehr als zweihundert Gefallene und Verwundete blieben am Fuße der Burg Gleichen zurück, und der größte Teil der im Schlaf Überfallenen war in die Gefangenschaft der Meißner geraten.

      Markgraf Ekbert, der strahlende Sieger, der schöne, blonde, reckenhafte Abgott der Weiber und Jungfrauen, hielt triumphierend vor dem leeren Zelt des geflohenen Kaisers inne. In diesem Augenblick wähnte sich der ehrgeizige Mann dem Ziel seiner Träume zum Greifen nahe, und sah die Krone des deutschen Königs - für die er seinen, dem Kaiser geschworenen Eid gebrochen hatte - schon über seinem Haupte schweben. Eine kleine Anstrengung noch und er würde endlich den Thron des von Gott verfluchten Saliers einnehmen können!

      Und dann würden die Großen des Reiches ihre Knie vor ihm, dem Markgrafen, beugen müssen.

      *

      Der wolkenverhangene Himmel und der dichte Schneefall ließen die Dunkelheit für Menschenaugen so undurchdringlich


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