NADIA. Roman SpritzendorferЧитать онлайн книгу.
zurück. Er wollte unbedingt wissen, welcher Arbeit Joseph vor der Zeit bei der Bahngesellschaft nachgegangen war und welche ursprüngliche Ausbildung er erhalten hatte. Daraufhin erwähnte Joseph seine bescheidenen Schulkenntnisse, seine Tätigkeit beim Militär als Scharfschütze und die Ursachen seines Ausscheidens aus dem Militärdienst. Er verwies auch auf die Bemerkung des Gouverneurs, er soll versuchen Frieden zu finden.
»Ist es ihnen gelungen?«
»Wenn die anderen ihren Lohn bekommen haben, ja.«
»Sie machen es kurz.«
»Exakt«
»Wie soll es nun weitergehen?«
»Ich muss in der großen Stadt meine Unterlagen abliefern.«
»Wie soll das funktionieren?«
»Drei Tagesritte mit einem schnellen Pferd, einer Winchester, eventuell unter Begleitung, die weder Tod noch Teufel fürchten, wird es gelingen.«
Jim schnappte nach Luft. Das war nicht der Mann, den er eingestellt, der das Dach repariert und das Haus gesäubert hatte. Das war der, von dem er etwas vermutet hatte und das nun Wirklichkeit geworden war. Sam gab keine Antwort. Er schmunzelte.
»Tara hat einen Mann erwähnt, ich hatte keine Ahnung, ihm zu begegnen. «
Joseph sagte kein Wort. Worüber er gesprochen hatte, das könnte auch sein Todesurteil sein. Sein Gespür sagte ihm, der Rancher würde zu ihm halten.
»Sie haben sicher einen Plan, wie sie das durchführen wollen?«
»Wenn sie mitmachen, wird es für ihre Zukunft kein Nachteil sein. In dieser Stadt gibt es eine Niederlassung der New York Times. Dort haben sie sicherlich Photographen. Die Papiere müssten abgelichtet werden. Das Negativmaterial müsste vorerst unter Verschluss kommen. Das Original bekommt die Versicherung. Sollte ich trotz aller Vorsicht getötet werden, hat hoffentlich die Versicherungsgesellschaft schon das Original. Wenn nicht, dann eine Kopie, die ich noch anfertigen werde. New York Times wird sicherlich meinen Tod und die angefertigten Fotos drucken. Um zu der Zeitung zu gelangen , benötige ich einen Anzug, dazu ein passendes Hemd und Schuhe. Auch einen vernünftigen Colt, sowie eine Begleitung, die mir den Rücken freihält und notfalls Angreifer tötet.«
»Und wer ist diese Begleitung?«
»Jim und sie.«
Nun blieb auch Sam die Luft weg. Joseph blieb weiterhin ruhig.
»Um welche Summen bewegen sich die Schadenersatzforderungen? «
»Auf den Dollar kann ich das nicht sagen. Ein bisschen Rechnen kann nicht schaden. Der Zug, der Bahnkörper, die Toten und Verletzten, der generelle Ausfall und alle Ansprüche von anderen Beteiligten, die ihre Waren nicht rechtzeitig bekommen haben. Einige Millionen Dollar.«
»Was liegt im Tresor?«
»Eine Zeitbombe.«
Sam wurde immer unruhiger.
»Wie gelingt es ihnen, ruhig sitzen zu bleiben?«
»Ich habe schon andere Einsätze hinter mir und bin immer noch am Leben.«
»Also ein Agent der Regierung?« fragte Jim.
»Wenn es sie beruhigt, ja.«
Die beiden saßen still und versuchten die Neuigkeit zu verarbeiten.
»Was war mit Tara? Sie haben sich besonders um sie angenommen. «
»Niemand hat sich um sie gekümmert. Ich hatte den Auftrag, sie zu beschützen. Wenn sie es ihr einmal erzählen, dann holt sie wirklich der Teufel.«
Sam schluckte.
»Eine letzte Frage. Wie lange waren sie bei der Eisenbahngesellschaft? «
»Ein volles Jahr.«
Das war auch für Sam zu viel. Es dämmerte ihm, Joseph, dieser unscheinbare Kerl hatte vermutlich unter Regierungsauftrag bei dieser Eisenbahngesellschaft gearbeitet.
Bei dem Unglück, das er vorausgesehen hatte, nahm er sich um die Reisenden an, wie er konnte. Er half der Indianerin, kündigte seinen Vertrag und gelangte mehr aus Zufall auf diese Ranch. Nun erwartete er Hilfe, die Kopf und Kragen kosten konnte. Jim hatte sich soweit erholt.
»Gestern hat er sich mit dem Indianerpferd angefreundet. Bei einem Schiesstraining schlug er sich tapfer. Er holte einen weit entfernten Ast vom Baum und berichtete von einem Puma, den zu vertreiben mit einem einfachen Colt nicht möglich war. Sein Leben als Cowboy war damit vorerst beendet. Sein damaliger Boss verlor einen Zuchthengst und Joseph seine Stellung.«
»Seltsame Gäste haben wir auf unserer Ranch.«
»Auch seltsame Indianer, die es nicht zu Stande bringen, unentdeckt Informationen zu sammeln.«
»Heute ruhen wir uns noch aus. Jim wird alles zusammenpacken. Morgen werden wir sie begleiten. Wir reiten auf den Pferden mit dem braunen Fell. Man nennt mich Sam.«
Er reichte Joseph seine Hand. Desgleichen tat Joseph.
»Man nennt mich Joseph. So soll es bleiben.«
Er gab auch Jim seine Hand. Er sagte ihnen, er wird nun Kopien anfertigen. Im Falle seines Todes sollte Sam die Originale zur Zeitung bringen. Der Tag verlief ruhig. Ebenso die Nacht. Nicht ganz für Sam. Er dachte an das Vertrauen und hoffte zu überleben. Sein Schlaf war unruhig.
Im Morgengrauen waren sie schon Richtung der Berge unterwegs. Trotz des Packpferdes kamen sie gut voran. Die Pferde waren ausgeruht. Sie hatten jene Farbe, die in diesem Landstrich geritten wurden. Sam hoffte nicht aufzufallen und die Stadt zu erreichen. Die Nachtwache teilten sie sich. Auch in den darauffolgenden Tagen ereignete sich nichts Ungewöhnliches.
Kapitel 5
Joseph sagte Sam, sie müssten sich passende Kleidung kaufen. Nach Auffinden einer geeigneten Unterkunft einen Laden finden der secondhand Kleidungen anbot. Damit werden wir nicht auffallen. Er wollte zu der Niederlassung von New York Times. Dort von den Papieren Fotos anfertigen lassen und Negative wie Originalpapiere möglichst sicher verwahren.
»Anlässlich der Gerichtsverhandlung könnte diese Zeitung viel dazu beitragen, Licht in diesen Dschungel der Verleumdungen und Anklagen bringen, ohne mich persönlich zu erwähnen. Auf die Gefährlichkeit werde ich hinweisen. Persönlich kaufe ich mir einen Colt, den einzusetzen, werde ich bei Bedarf keineswegs zögern. Ein solches Instrument solltet auch ihr zur Verfügung haben. Der Versicherung muss das Original zugestellt werden.
Dorthin werden wir gemeinsam gehen. Jeder einzeln und ohne Hast. Keine Gruppenbildung aber in Sichtweite. Der Ausweis als Agent der Regierung wird weiterhelfen.«
Sam hatte geduldig zugehört.
»Wie gefährlich wird es werden?«
»Möglicherweise muss man auch Soldaten einsetzen.«
»Und das wird dir gelingen?«
»Genau weiß ich es nicht. Der Versuch wäre es wert. Immerhin habe ich mir große Mühe gegeben bis hierher zu kommen. Das verdanke ich einigen Personen einschließlich dir und Jim. Aufhalten lasse ich mich nicht.«
Diese Zuversicht beruhigte Sam. Joseph hatte sich sehr geschickt verhalten. Es wird gelingen. Auf die Frage, was sie in der Stadt wollten, beantwortete Joseph damit, eine andere Kleidung zu kaufen und das Stadtleben kennenlernen.
Man schrieb das Jahr 1937. Eine eingekaufte Zeitung brachte schon auf der ersten Seite mit großen Lettern den Hinweis auf den bevorstehenden Prozess.
Eine lang erwartete Gerichtsverhandlung der Eisenbahngesellschaft gegen das Versicherungsunternehmen, das sich weigerte, für das Unglück Schadenersatz zu zahlen.
Ein Laden, der bereits getragene Kleidung verkaufte, befand sich in der Nähe des Stalls, wo sie ihre Pferde untergestellt hatten. Joseph bezahlte und nun waren sie auf der Suche nach einem geeigneten Hotel. Gewaschen und neu eingekleidet ging es zum Friseur. Die beiden ließen