Weltmeister! - Kann man davon leben???. Axel BeyerЧитать онлайн книгу.
Sicher manchmal auch zur Verwunderung meiner Familie übte ich ständig neben der Schule weiter und nahm die Zauberei ernst – also mindestens so ernst wie die Schule. Und manchmal ernster. Selbst als die Auftritte mehr wurden und ich dann irgendwann schon einen Führerschein hatte und nicht mehr chauffiert werden musste, da durfte ich nur nachmittags auf irgendwelche Veranstaltungen gehen. Und wenn ich dann abends (natürlich vor 22 Uhr!) von einem Auftritt nach Hause kam, dann hieß es zuerst „Schularbeiten machen“. Da wurde streng drauf geachtet.
Natürlich hatte ich mir oft gewünscht, Vokabeln und Formeln wie von Zauberhand in meinen Kopf zu bekommen und habe die Lernerei oft genug verwünscht, aber wenn ich heute meine Tricks entwickle, dann bin ich dankbar, dass ich auch Konzentration und schnelle Auffassung trainiert habe, naturwissenschaftliche Regeln kenne und genug Englisch spreche, um mich mit meinen internationalen Kollegen austauschen zu können. Oder eben wie bei der Weltmeisterschaft in Korea in einem echten internationalen Wettkampf zu stehen. Das gebe ich gerne zu. Gut, nicht gerne, aber ich gebe es zu.
Klar, meine Klassenkameraden und Kumpels bekamen auch mit, dass da einer von ihnen bekannter wurde, öfter mal in der Zeitung war und so. Aber meist war denen das egal. Ab und an mal eine blöde Bemerkung über ihren „Harry Potter“ oder so, das wars. Und wenn, dann wollten sie höchstens wissen, wie denn die Tricks eigentlich funktionieren und alles genau erklärt haben. Und wenn ich das ablehnte und da wirklich auch stur blieb, dann verloren sie das Interesse auch schnell und die Bundesliga war wieder wichtiger.
War ja auch ehrlich nicht das coolste Hobby für einen 16-17jährigen, mit Karten und Seilen rumzumachen. Da galten andere Interessen. Ich war eben der Exot. „Der mit den Seilen“. Die Borussia war deutlich weiter vorne. Gut, die Mädchen konnte ich damit schon beeindrucken, das mussten meine Freunde manchmal durchaus neidvoll zugeben. Aber das wird noch an anderer Stelle Thema sein.
Als ich dann neben den Abiturvorbereitungen weiter trainierte, übte, in vielen Büchern nicht nach Vokabeln, sondern nach neuen Tricks für mich suchte, da - denke ich - sah irgendwann auch meine Mutter ein, dass es mir wirklich ernst war mit dem schon in Oberhausen geäußerten Wunsch nach der Zauberei und dass das keine pubertäre Schwärmerei mehr war, der irgendwann dann doch ein neues Hobby folgen würde. Denn jeder konnte es sehen - ich nahm die Herausforderungen (gut, nicht immer freudig) an, die der Spagat zwischen Bühne, TV und Schule so mit sich brachte.
Und so startete ich dann nach der Schule tatsächlich das Projekt „Professioneller Zauberer“ - und das führte mich bis nach Korea! Und David Copperfield ist schuld.
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