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Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild. Carl WilckensЧитать онлайн книгу.

Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild - Carl Wilckens


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gebogener Klinge steckte. Es sah aus wie die Sorte von Waffe, mit der man jemandem die Kehle von einem Ohr bis zum anderen aufschnitt.

      „Suchst du das hier?“, fragte ich und nahm es mit spitzen Fingern von der Wand. Die Miene des Mädchens hellte sich auf.

      „Du hast es gefunden“, sagte sie lächelnd und hielt mir die offene Handfläche hin.

      Ich zögerte, musterte sie scharf. „Warum trägst du das mit dir rum?“

      „Hast du etwa Angst?“, fragte sie und hob spöttisch eine Braue.

      Ich schwieg und wartete auf eine Erklärung.

      Sie verdrehte die Augen. „Der Hafen ist eine gefährliche Gegend für ein hübsches Mädchen. Besonders nachts. Weißt du das nicht?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ihr Akademiker wisst offenbar nur noch, was in euren Büchern vor sich geht. Jetzt gib mir schon das Messer.“

      Ich musterte sie ein letztes Mal, bevor ich ihr die Waffe reichte. Sie stellte ihren linken Fuß auf das Bett und band sich die Schlaufe um den Oberschenkel. Dabei hob sie den Rock auf eine Weise an, die skandalös gewesen wäre, wäre die vergangene Nacht nicht bereits ein einziger Skandal gewesen. Zuletzt schlüpfte sie in ihre Schuhe. Dann trat sie vor mich, strich ihre Kleidung glatt und räusperte sich verlegen.

      „Du bist eigentlich ganz nett, William David Walker“, sagte sie. „Vielleicht sehen wir uns wieder.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich auf die Lippen. Ihr Mund kam meinem Ohr sehr nahe, und sie flüsterte: „Machst du das von gestern Nacht eigentlich mit jeder Frau? Oder nur mit denen, die du magst?“

      Ich riss die Augen auf und blieb ihr eine Antwort schuldig. Sie lachte. „Zu schade, dass du dich an nichts erinnerst.“ Sie streichelte flüchtig meinen nackten Bauch, als sie sich abwandte und mein Zimmer verließ. Sekunden später hörte ich die Wohnungstür ins Schloss fallen. Ich stellte mich ans Fenster und wartete, bis sie auf der Straße war. Mit gemischten Gefühlen blickte ich ihr nach, während sie ihr wirres Haar durch ein Stück Schnur bändigte.

      Ich dachte an Emily.

      W. D. Walker

       23. URBAN 1713, VIERTMORGEN

      Lohntag bemerkte ich einen Aushang am Labor für Elektromechanik. Dr. Hunt suche studentische Hilfskräfte für ein Entgelt von einem Groschen pro Viertel, hieß es auf dem Papier. Wer interessiert sei, solle sich bei Hunt im Büro melden.

      Das war die Gelegenheit, um die Erinnerung an Emily und neuerdings auch an das Mädchen aus dem Hafen zu vertreiben.

      So kam es, dass ich heute Nachmittag mit zwei weiteren Kommilitonen im Labor für elektronische Technik arbeitete. Wir assistierten Hunt bei Experimenten, sorgten für Ordnung im Labor und übernahmen solche Aufgaben, die ungefährlich und einfach waren.

      Soeben beauftragte Hunt mich, einen Gleichstrom-Elektromotor auseinanderzunehmen, als die Klingel der Rohrpoststation läutete. Hunt nahm die Büchse aus der Fassung, holte den hastig zusammengefalteten Brief heraus und überflog die Nachricht. Die Farbe wich aus seinem Gesicht, soweit sein üppiger Bart dies erkennen ließ.

      „Meine Frau hat sich ein Bein gebrochen“, rief er schon im Hinausgehen. „Um fünf dürft ihr Feierabend machen.“ Und weg war er. Ich hob die Brauen und wechselte Blicke mit meinen Kommilitonen Oliver und Scott. Es ist Studenten untersagt, sich ohne Aufsicht im Labor aufzuhalten.

      Ich zuckte die Achseln und griff nach einem Schraubendreher.

      „Kennst du die?“, fragte Oliver nach einer Weile und schob die Brille hoch, die ihm ständig von der Nase rutschte. Ich folgte seinem Blick aus dem Fenster. Der Schraubendreher glitt mir aus den Fingern. Dort stand das Mädchen aus dem Hafen. Ihr goldenes Haar brannte im Licht der nachmittäglichen Sonne. Sie winkte und tauchte seitlich im Rahmen ab. Olivers, Scotts und meine Blicke trafen sich und richteten sich dann auf die Tür. Sekunden später flog sie auf.

      „Hallo“, sagte das Mädchen und schenkte Oliver und Scott ein bezauberndes Lächeln, bevor sie ihren Blick auf mich richtete.

      „Hallo“, sagte Oliver, lächelte dümmlich und wurde knallrot. Scott klemmte bloß die Hände unter die Achseln. Ihm schien es regelrecht die Sprache verschlagen zu haben. Man hätte meinen können, die beiden sähen zum ersten Mal ein Mädchen.

      „Du bist nicht befugt, dieses Labor zu betreten“, sagte ich. Sie überhörte die Worte, ging an der Werkbank entlang und betrachtete die Einzelteile des Gleichstrom-Motors. „Ich finde es ja so interessant, was ihr hier alles habt“, sagte sie fröhlich. „Was passiert, wenn ich hier dran ziehe?“

      „Nicht!“, riefen Oliver, Scott und ich wie aus einem Munde.

      Sie lächelte und zog die Hand von dem Hebel zurück. Ich trat zu ihr und fasste sie mit beiden Händen an den Oberarmen.

      „Du musst jetzt wirklich gehen“, sagte ich und bugsierte sie zum Ausgang. „Wenn Hunt dich hier sieht, bekommen wir richtig Ärger.“

      „Weil ich ein Mädchen bin?“, fragte sie und schob die Unterlippe vor.

      „Weil du nicht unterwiesen bist“, berichtigte ich sie. „Ein Labor ist ein gefährlicher Ort.“

      „Ich möchte mit dir reden.“ Sie befreite sich aus meinen Händen und stellte sich mir in den Weg.

      „Ich habe gleich Feierabend“, sagte ich. „Kennst du das Coffee-House Calvin?“ Sie nickte. „Wir treffen uns dort.“

      „Einverstanden. Bis dann.“ Sie winkte Oliver und Scott zum Abschied, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab mir einen Kuss auf den Mundwinkel.

      „Bis dann“, murmelte Scott, als sie weg war.

      „Wo hast du die denn kennengelernt?“, fragte Oliver begeistert.

      „Tja“, sagte ich und kratzte mich am Hinterkopf. „Weiß ich leider auch nicht mehr. Muss wohl irgendwo am Hafen gewesen sein.“ Oliver schien nicht so recht zu wissen, ob ich scherzte.

      Eine viertel Stunde später verließ ich das Labor und überquerte auf kürzestem Wege zum Coffee-House Calvin den Universitätscampus. Als ich das Café betrat, war das Mädchen noch nicht dort. Ich ließ mich an einem Tisch nieder und bestellte eine Cola. Jemand tippte mir an die Schulter. Ich drehte mich um, überrascht, weil ich nicht gesehen hatte, wie das Mädchen das Café betreten hatte, und blickte noch überraschter drein, als ich erkannte, dass nicht das Mädchen vom Hafen mich angetippt hatte, sondern Emily. Mir sank der Mut.

      „Emily. Was machst du hier?“

      „Darf ich mich setzen?“, flüsterte sie.

      „Natürlich.“ Ich warf einen flüchtigen Blick zum Eingang. Emily hatte mir deutlich zu verstehen gegeben, dass sie nicht an mir interessiert war. Trotzdem überkam mich ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, sie könne von mir und dem Mädchen erfahren, dessen Namen ich nicht einmal kannte.

      „Wie geht es dir?“, fragte ich beiläufig.

      „Gut“, sagte Emily leise, ohne mir in die Augen zu sehen. Ich musterte sie. Sie hatte ihr Haar wie schon einmal mit einer blauen Schleife zusammengebunden, doch es wirkte wie eine lustlose Geste. Sie war blass, und unter ihren Augen zeichneten sich dunkle Ränder ab.

      „Hast du schlecht geschlafen?“, fragte ich besorgt.

      Emily antwortete nicht. Sie schien um Worte zu ringen, während ihre Rechte über den Stoff ihrer Bluse tastete, dort, wo sich undeutlich das Mojo abzeichnete.

      „Ich muss mit dir reden“, sagte sie und blickte mir erstmals in die Augen. „Über den Brief …“

      Das Herz wurde mir schwer. „Da gibt es nichts zu bereden“, sagte ich müde und wich nun meinerseits ihrem Blick aus. „Ich verstehe das. Du musst nichts rechtfertigen.“

      „Ich muss etwas richtigstellen“, beeilte sie sich zu sagen, als fürchtete sie, der Mut könne sie verlassen. Ihr Blick


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