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Die Blaue Revolution. Peter StaubЧитать онлайн книгу.

Die Blaue Revolution - Peter Staub


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werden musste.

      Danach zog es mich in die Höhe: Ich begann, als Dachdecker zu arbeiten. Die körperliche Arbeit war anstrengend, aber ich genoss es, draussen zu arbeiten und nur den freien Himmel über mir zu haben. Um Erfahrungen zu sammeln, wechselte ich alle drei, vier Monate die Stelle. Das war damals kein Problem, Arbeit gab es genug und ich erhielt für meine Leistungen immer gute Referenzen. So arbeitete ich nicht nur als Dachdecker, sondern auch als Zimmermann, Dichtungstechniker, Spengler und Bauschreiner oder im Winter als Monteur am Fliessband einer Fabrik, die Seilbahn-Gondeln in die ganze Welt exportierte.

      Parallel zu diesem Broterwerb schrieb ich Bewerbungen, um mein Berufsziel zu erreichen: Journalist. Für den Weg dahin liess ich mich von Niklaus Meienberg inspirieren, den ich als linksliberalen Journalisten und Reporter vor allem seiner Fabrik-Reportagen wegen schätzte. Er hatte einmal geschrieben, dass für einen Journalisten besser sei, nicht an einer Universität zu studieren, sondern das Leben aus einer anderen Perspektive kennenzulernen.

      Da ich für meinen Matur-Aufsatz die Höchstnote 6 erhalten hatte und auch als Gesamtnote in Deutsch eine 6 vorweisen konnte, ging ich davon aus, dass ich auch ohne Studium ein Praktikum oder eine Stagiaire-Stelle auf einer Redaktion ergattern konnte. Natürlich wusste ich, dass es sogar in eher liberalen Zeitungen wie dem Zürcher «Tagesanzeiger» ein Redaktionsstatut gab, wonach die dort angestellten Journalisten die «bewaffnete Neutralität» befürworten mussten. Das hinderte mich nicht daran, mich auf fast allen Deutschschweizer Redaktionen für ein Praktikum zu bewerben.

      Auf meine mehr als 50 schriftlichen Bewerbungen erhielt ich bloss zwei positive Antworten. Ein neues Basler Lokalradio bot mir im Frühling 1984 die Chance, ein dreimonatiges Praktikum in der Nachrichtenredaktion zu machen. So fuhr ich jeweils mit meinem alten Fiat Panda um 3 Uhr morgens los, um in Basel um 4 Uhr auf der Redaktion zu sein. Nach zwei Monaten merkten die Radiomacher dann doch, dass ich keinen Basler Dialekt sprach. Also verlängerten sie mein Praktikum nicht. Das zweite Angebot kam vom freisinnigen «Oltner Tagblatt», das mich zwei Wochen lang auf seiner Redaktion schnuppern liess. Das war die magere Ausbeute meiner Bemühungen. Keine einzige Zeitung in der Deutschschweiz bot mir die Möglichkeit, eine Ausbildung on the job zu machen. Dabei war dieser Ausbildungsweg damals üblich.

      Das änderte sich selbst dann nicht, als 1984 in der Nähe von Luzern das Medienausbildungszentrum MAZ eröffnet wurde. Ich nahm an der ersten Aufnahmeprüfung für die zweijährige, berufsbegleitende Ausbildung teil. Mit meinen 22 Jahren war ich einer der Jüngsten. Wir waren etwa dreimal so viele Bewerber*innen, wie es Ausbildungsplätze gab. Und ich rechnete mir nicht allzu viele Chancen aus, da viele Kandidat*innen bereits über einen Universitätsabschluss verfügten.

      Als ich ein paar Wochen nach der Prüfung den Anruf des MAZ erhielt, war ich entsprechend nervös. Und als man mir sagte, dass ich die Prüfung bestanden hatte, hätte ich schreien können vor Glück. Dieses Gefühl hielt allerdings nur kurz. Weil ich keine Anstellung bei einer Redaktion vorweisen konnte, wollte man mich trotz bestandener Prüfung nicht zur Ausbildung zulassen. Es nützte nichts, dass ich insistierte, schliesslich hatte man mir zuvor versichert, dass ich mir immer noch eine Stelle suchen konnte, falls ich die Prüfung bestehen würde. Der Bescheid war klipp und klar: «Sie werden nicht zugelassen.»

      Dass meine Schwierigkeiten, einen Ausbildungsplatz als Journalist zu bekommen, mit meinem politischen Engagement zu tun hatten, kam mir damals nicht in den Sinn. Zwar wusste ich aus der Literatur, dass es in Ost und West üblich war, politische Oppositionelle zu überwachen, zu gängeln und zu drangsalieren, um nicht von Schlimmerem zu sprechen. Aber ich dachte damals nicht, dass das mit mir etwas zu tun hatte.

      Also kehrte ich am Tag nach dem enttäuschenden Anruf aus dem MAZ aufs Dach zurück, um zusammen mit anderen Hilfsarbeitern, die oft entweder gerade aus dem Knast entlassen worden waren oder regelmässig harte Drogen konsumierten, wieder Dachlatten auf Balken zu nageln und Ziegel zu legen.

      Unterdessen hatte sich meine militärische Zukunft geklärt. Nachdem mich die Schweizer Armee bei der Musterung nicht aus medizinischen Gründen ablehnen wollte, wie ich das beantragt hatte, und ich partout nicht im Sinn hatte, die Rekrutenschule zu absolvieren, gab es für mich nur zwei Möglichkeiten: entweder als Dienstverweigerer in den Knast zu gehen oder mich aus psychiatrischen Gründen dispensieren zu lassen.

      Als Dienstverweigerer aus politischen Gründen musste ich mit einer Gefängnisstrafe von mindestens eineinhalb Jahren rechnen. Weil ich keinerlei Lust hatte, als politischer Märtyrer so lange in den Knast zu gehen, vereinbarte ich einen Termin bei einem Psychiater, der dafür bekannt war, Gutachten für Antimilitaristen zu schreiben. Gut vorbereitet erzählte ich ihm einen schrecklichen, ausgedachten Traum, während dem ich an einem Lagerfeuer friedlich Gitarre spielend von einer Handgranate zerfetzt wurde. Für seine Empfehlung, mich vom Dienst zu dispensieren, war allerdings eher entscheidend, dass ich ihm sinngemäss Folgendes sagte: «Ich bin zwar ein geduldiger Mensch. Aber wenn man mich zu lange piesackt und ich ein geladenes Gewehr auf mir trage, kann es durchaus soweit kommen, dass ich einem fiesen militärischen Vorgesetzten ins Bein schiesse.»

      Das war ein wenig zugespitzt, aber nicht völlig an den Haaren herbeigezogen. Aufgewachsen in einem Umfeld, in dem immer mal wieder eine «Hand ausrutschte», war mir Gewalt nicht fremd. So war ich selbst auf dem Pausenplatz kein Engel. In der Primarschule ging ich keiner Prügelei aus dem Weg. Dabei konnte ich nicht nur gut austeilen, ich hatte auch ganz gute Nehmerqualitäten. Zur Zeit meines Besuchs beim Psychiater hatte ich mich allerdings schon jahrelang nicht mehr geprügelt, weil ich in der Pubertät endlich erkannt hatte, dass ich mit diesen Schlägereien ein Verhalten reproduzierte, das eigentlich nicht meinem Charakter entsprach.

      Meine Abneigung gegenüber fiesen Autoritätspersonen hatte mir in der obligatorischen Schulzeit mehr als eine Ohrfeige eingebrockt. Und weil im Militär die Rekruten kaum Möglichkeiten hatten, sich gegen sadistische Vorgesetzte zu wehren, machte meine Argumentation beim Psychiater Sinn. Die Armee konnte es nach diesem Statement gar nicht mehr wagen, mir eine geladene Waffe in die Hände zu drücken. Falls ich tatsächlich einmal einem Drill-Sergeant oder einem aufgeblasenen Oberst eine Kugel verpasst hätte, wäre es mir ein Leichtes gewesen, zu sagen: «Ich habe euch gewarnt.»

      Die Ärzte der Armee schienen das ähnlich gesehen zu haben. Jedenfalls wurde ich kurz nach meinem Besuch beim Psychiater in Abwesenheit ausgemustert. Aus medizinischen Gründen. Diesmal blieb mir der Jubel nicht im Hals stecken. Doch mir war auch bewusst, dass ich in den Akten der Armee als möglicherweise gewalttätig geführt wurde.

      Im Herbst 1984 hängte ich den Dachdecker-Hammer an den Nagel, um in Bern ein Geschichtsstudium zu beginnen. Um weiterhin finanziell unabhängig zu sein, absolvierte ich die Prüfung zum Taxi-Chauffeur und begann parallel zum Studium, drei bis vier Schichten pro Woche im Taxiwesen zu arbeiten.

      Im Frühling 1985 gelang es mir, meinen ersten grösseren Artikel zu veröffentlichen. Neben drei bürgerlichen Zeitungen gab es damals im Kanton auch die linke «Solothurner AZ», die von der Sozialdemokratischen Partei, den Gewerkschaften und der Genossenschaftsdruckerei Olten herausgeben wurde. Für die «AZ» schrieb ich einen halbseitigen Artikel über den Krach eines grünen Zahnarztes mit der freisinnigen Gemeindepräsidentin. Der Zahnarzt wollte in dem nebelfreien Dorf im Jura oberhalb Oltens, in dem ich mit meiner Freundin wohnte, eine Photovoltaik-Anlage auf sein Dach montieren. Das war der Gemeindepräsidentin ein Dorn im Auge. Das AKW Gösgen hatte


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