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Einführung in die germanistische Linguistik. Karin PittnerЧитать онлайн книгу.

Einführung in die germanistische Linguistik - Karin Pittner


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liegende Form

      Es stellt sich aber die Frage, warum man von Auslautverhärtung spricht und nicht von „Inlauterweichung“. Welche Hinweise gibt es darauf, dass der stimmhafte Obstruent zu einem stimmlosen wird und nicht etwa umgekehrt? Warum nimmt man als zugrunde liegende Form für rund /rimagend/ an und nicht /runt/? Der Grund dafür ist, dass sich die Umgebungen, in denen der stimmlose Obstruent auftritt, problemlos angeben lassen, während sich für den umgekehrten Prozess keine Regel formulieren ließe.

      Es ist jedoch nicht ganz unumstritten, ob durch Auslautverhärtung tatsächlich stimmlose Obstruenten entstehen. Eine Aspiration (Behauchung) des Konsonanten bei Auslautverhärtung scheint nicht so akzeptabel zu sein wie bei einem von vornherein stimmlosen Konsonanten. Zudem wird der Konsonant bei Auslautverhärtung nicht mit der gleichen Energie wie ein von vornherein stimmloser Obstruent ausgesprochen (zur Diskussion s. Wiese 2011).

      Weitere phonologische Prozesse bestehen darin, dass ein Laut getilgt oder hinzugefügt wird, dass Laute umgestellt oder zusammengezogen werden. Diese Prozesse können die Silbenstruktur verändern.

      Epenthese

      Die Hinzufügung eines Lautes wird Epenthese genannt, am Wortanfang auch Prothese. Die Einfügung eines Plosivs dient in den folgenden Beispielen der Ausspracheerleichterung.

      (7) manch [manç] → [mantç]

      Mensch [mεn∫] → [mεnt∫]

      Senf [zεmf] → [zεmpf]

      Tilgung

      Die Tilgung eines Lautes wird Elision genannt, bei Vokalen im Inlaut auch Synkope, im Anlaut Prokope, im Auslaut Apokope. Im Deutschen wird der Schwa-Laut häufig getilgt. Schwa-Tilgung lässt sich sowohl diachron als auch synchron beobachten. Wörter wie Dienst, Haupt und Magd gehen auf die frühneuhochdeutschen Wörter dienest, houbet, maget zurück. Im heutigen Deutsch finden wir Schwa-Tilgung in bestimmten Wortformen und Ableitungen. z.B. in du segelst – ich segle, Segel – Segler.

      Schwa-Tilgung

      Schwa-Tilgung ist in vielen Fällen optional, wobei die Form mit dem Schwa-Laut häufig einem gehobenen Stil angehört:

      (8) Weltumseg(e)lung

      gern(e)

      in diesem Sinn(e)

      des Tuch(e)s

      Bei der Aussprache von Wörtern entfällt häufig ein Schwa, vor allem in Verbindung mit Nasalen. Beim Wegfall des Schwa-Lauts wird der folgende Nasal silbisch:

image

      Metathese

      Bei der Metathese (auch Inversion genannt) werden Laute umgestellt. Für diesen Prozess lassen sich nur wenige Beispiele finden, meist werden diachrone Beispiele genannt:

      (10) it. Orlandodt. Roland

      fr. aéroplane → fr.pop. aréoplane

      ahd. elira → nhd. Erle

      Metathese findet sich in etymologisch verwandten Wörtern wie Born und Brunnen. Relativ häufig tritt Metathese synchron bei Versprechern auf. So wird beispielsweise Odoardo aus Emilia Galotti von Schülern und Studenten gerne Odorado genannt.

      Wortakzent

      Silben sind auch die Träger von Akzent. Innerhalb eines Wortes trägt eine Silbe den stärksten Akzent, den sogenannten Wortakzent. Ein Akzent ist allgemein gesprochen eine durch verschiedene intonatorische Mittel hervorgehobene Silbe. Einige Wörter im Deutschen unterscheiden sich lediglich durch den Wortakzent: Káffee – Kaffée/Café, Ténor – Tenór, Aúgust – Augúst; per’ fekt – ’Perfekt. Die Regeln für den Wortakzent sind im Deutschen relativ kompliziert und werden im Zusammenhang mit der Wortbildung in Kapitel 4 behandelt.

      Ton

      Eine große Anzahl von (vor allem asiatischen und afrikanischen) Sprachen unterscheidet Wörter auch nach dem Tonhöhenverlauf (kurz Ton). Diese Sprachen heißen auch Tonsprachen. So hat z.B. im Chinesischen die Lautfolge [ma] je nach Ton eine völlig andere Bedeutung, mit einem hohen Ton bedeutet sie ‚Mutter‘, mit einem hohen steigenden Ton ‚Hanf, mit einem fallend-steigenden Ton ‚Pferd‘ und mit einem fallenden Ton ‚schimpfen‘.

      Das Deutsche ist keine Tonsprache, der Tonhöhenverlauf wirkt bei Wörtern nicht bedeutungsunterscheidend. Tonhöhenverläufe spielen im Deutschen eine Rolle bei der Bestimmung der Satztypen, bei denen sich grob drei Tonmuster (= schematische Darstellung des Tonhöhenverlaufs) unterscheiden lassen:

      (11) a. Du bist krank image steigend: Fragesatz (Entscheidungsfrage)

      b. Du bist krank image fallend: Aussagesatz

      c. Du bist krank image progredient: Teilsatz, der einer Fortsetzung bedarfimage

       Wissens-Check

      1. Segmentieren Sie die folgenden Wörter und geben Sie an, wie viele Laute sie jeweils enthalten: (Es kann nützlich sein, diese Wörter zuerst zu transkribieren)

       Schrift, Stiel, roh, schossen, Schnee, Z, Sahne, Waage, schwach

      2. Welche Merkmale haben die Konsonanten in den folgenden Reihen gemeinsam?

      a) /p/ /b/ /m/

      b) /k/ /ŋ/ /g/

      c) /m/ /n/ /ŋ/

      d) /s/ /z/ /t/

      e) /∫/ /ç/ /f/

      3. Geben Sie jeweils den Konsonanten (in IPA-Umschrift) an, der die folgenden Merkmale aufweist.

      a) bilabialer stimmhafter Plosiv

      b) velarer Nasal

      c) alveolarer stimmhafter Frikativ

      d) alveolarer stimmloser Plosiv

      4. Geben Sie an, ob es sich bei den folgenden Wortpaaren um Minimalpaare handelt. (Beachten Sie dabei, dass die Schreibung nicht entscheidend ist).

      a) Nie – Vieh

      b) Ofen – offen

      c) Lok – log

      d) heute – Meute

      e) mißt – Mist

      f) Schwamm – klamm

      g) gut – Blut

      h) Ehre – Ähre

      i) fiel – viel

      j) sagt – sackt

      5. Finden Sie Minimalpaare für die folgenden Oppositionen (transkribieren Sie diese Wörter und überprüfen Sie Ihre Ergebnisse anhand des Aussprache-Dudens).

      /t/ – /d/

      /r/ – /z/

      /s/ – /z/

      6. Geben Sie die distinktiven Merkmale der in Opposition


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