ICP Emissionsspektrometrie für Praktiker. Joachim NölteЧитать онлайн книгу.
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Ein Überblick
Die ICP-Emissionsspektrometrie (auch ICP OES) ist eine der wichtigsten Techniken der instrumentellen Elementanalytik, die für die Bestimmung von ca. 70 Elementen in einer Vielzahl von Matrices genutzt werden kann. Dank ihrer Vielseitigkeit und Produktivität hat sie eine weite Verbreitung in den Analysenlaboratorien gefunden und trägt vielfach bei der Routineanalytik von Elementen die Grundlast.
Das vorliegende Werk soll in die Grundlagen der Emissionsspektrometrie einführen. Es soll dem Anwender sowohl Hintergrundinformationen vermitteln als auch praktische Hinweise geben. Damit soll ein Verständnis für die Möglichkeiten und Grenzen geweckt werden, um die Technik in optimaler Weise nutzen zu können.
Der Text wird immer wieder durch weiterführende Informationen ergänzt, die durch waagerechte Linien oben und unten begrenzt und serifenlos gesetzt sind. Symbole kennzeichnen, welcher Art diese Information ist:
praktische Tipps
zusätzliche Information
ergänzende Theorie
1.1 Analytische Merkmale der ICP OES
Herzstück eines ICP Emissionsspektrometers ist das Plasma, ein viele Tausend Kelvin heißes Gas. Es ist so heiß, dass Atome und überwiegend Ionen aus der zu analysierenden Probe entstehen. Die sehr hohen Temperaturen im Plasma zerstören die Probe vollständig, so dass das Messergebnis in der Regel nicht durch die Bindungsform des zu analysierenden Elements beeinflusst wird (Abwesenheit von chemischen Störungen). Im Plasma werden die Atome und Ionen zur Lichtemission angeregt. Nach spektraler Zerlegung des emittierten Lichtes mit einer Optik werden in der ICP OES generell die Wellenlängen zur Identifikation der zu bestimmenden Elemente benutzt, während die Intensitäten als Maß der Konzentration dienen.
Da im Plasma alle Elemente gleichzeitig zur Strahlungsemission angeregt werden, können diese zeitgleich oder sehr schnell nacheinander bestimmt werden. Damit liegen dann die Ergebnisse für eine Probe nach kurzer Messzeit vor. Diese liegt, je nach verwendetem Gerät, bei wenigen Minuten. Schon allein die Tatsache, dass die Elementkonzentrationen in einem Arbeitsablauf und nicht ein Element nach dem anderen bestimmt werden, macht die Technik attraktiv in Bezug auf Geschwindigkeit.
Üblicherweise werden flüssige Proben analysiert. Daneben werden auch Feststoffe und (seltener) Gase analysiert. Für die Bestimmung eines Elementes muss keine hierfür spezifische Ausrüstung, wie z. B. eine Lampe in der Atomabsorptionsspektrometrie, beschafft zu werden. In der Regel benötigt man neben einer Bezugslösung des zu analysierenden Elementes nur noch etwas Zeit für die Methodenentwicklung. So kann eine bestehende Analysenmethode leicht um ein weiteres zu bestimmendes Element erweitert werden. Die ICP OES ist also sehr flexibel.
Die ICP OES besitzt einen sehr großen Arbeitsbereich, der typischerweise bis zu sechs Größenordnungen umfasst und der je nach Element und Analysenlinie Konzentrationen im Bereich von Mikrogramm pro Liter bis Gramm pro Liter umfasst. Deswegen können oft zeitaufwendige Verdünnungsschritte entfallen, was den Analysendurchsatz steigert.
Besonders in der Umweltanalytik decken sich die Arbeitsbereiche für viele Elemente mit den typischerweise in den Proben erwarteten Gehalten. Dies ist sicher einer der Gründe, warum diese Technik gerade im Umweltbereich ihren stärksten Zuspruch findet; ca. die Hälfte aller Anwender im deutschsprachigen Raum setzt die ICP OES für diesen oder einen verwandten Aufgabenbereiche ein. Die starke Etablierung dieser Technik in der Umweltanalytik spiegelt sich auch darin wider, dass die ICP Emissionsspektrometrie eine empfohlene Analysentechnik in den Deutschen Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlammuntersuchung (DIN EN ISO 11885) [1] und den Normen vieler europäischer Staaten ist. Darüber hinaus wird die ICP OES in einer breiten Palette von weiteren Anwendungen eingesetzt, von denen die Metallurgie und die Elementanalyse von organischen Substanzen einen weiteren wichtigen Stellenwert haben.
Nachdem das Plasma als Anregungsquelle für die Atomspektroskopie Mitte der 1960er-Jahre beschrieben wurde [2–5], tauchten ein Jahrzehnt später die ersten Geräte in einigen Forschungslabors auf. Es dauerte nochmals zehn Jahre, bis die Technik halbwegs soweit ausgereift war [6–8], dass ICP Emissionsspektrometer von einer Reihe von Herstellern kommerziell angeboten wurden [9]. Damit begann, zunächst sehr viel zögernder als von vielen erhofft, die Verbreitung dieser Technik in den Analysenlabors. Parallel fand eine Weiterentwicklung der Geräte statt, die die Routinetauglichkeit deutlich verbesserte [10]. Seit Beginn der 1990er-Jahre hat dann die ICP OES einen festen Platz als „Arbeitspferd“ im modernen analytischen Labor erworben [11, 12]. In den darauf folgenden Jahren fand eine rasante Weiterentwicklung der ICP Emissionsspektrometer statt, die u. a. durch den Einsatz von elektronischen Bausteinen der Halbleiterindustrie ermöglicht wurde [13].
1.2 ICP OES – nomen est omen
Häufig wird die Technik mit ICP OES bezeichnet. Dies ist die Abkürzung für inductively coupled plasma optical emission spectrometry (optische Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma). Der vollständige Name beschreibt oder impliziert schon einige analytische Merkmale dieser Technik: Der Begriff Plasma bezeichnet ein ionisiertes Gas, das sehr hohe Temperaturen aufweist. Die Energie, die zur Aufrechterhaltung des Plasmas notwendig ist, wird mit einer (Induktions-) Spule elektromagnetisch übertragen. Die Art der Energieübertragung durch Induktion begründet den Namen inductively coupled plasma.
In dieses heiße Gas wird die zu analysierende Substanz eingebracht. Bei den herrschenden hohen Temperaturen werden in der Regel alle chemischen Bindungen aufgespalten, so dass die Analyse unabhängig von der chemischen Zusammensetzung der zu untersuchenden Probe ist. Im Plasma werden die Atome und Ionen zur Emission von elektromagnetischer Strahlung (Licht) angeregt, die hauptsächlich im ultravioletten und sichtbaren Spektralbereich auftritt. Es handelt sich hierbei um diskrete Emissionslinien, die für den Nachweis und die Quantifizierung mit einer wellenlängendispersiven Optik aufgetrennt werden.
Die Spektrometrie ist ein quantitatives Bestimmungsverfahren, das die von einer Probe ausgehende Lichtemission oder -absorption für eine Konzentrationsbestimmung nutzt (Quantitative Analyse). Im Gegensatz hierzu wird die qualitative Analyse mittels der Spektren als