Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman. Jutta von KampenЧитать онлайн книгу.
gesteckt.«
»Eine Million«, sagte Nora.
Hubs schaute zu ihr auf. Sie hatte die Augen schon wieder geschlossen und tat so, als döse sie im Sonnenschein. Woher konnte sie eigentlich so genau wissen, wieviel sein Onkel für die alte Villa bezahlt hatte? Wahrscheinlich hatten die Leute im Hotel darüber auch geredet. Lüttdorf war eben nicht München. Es war ein Nest.
»Na, gut. Dr. Hassberger ist ein toller Typ. Du hast ja in gewisser Weise recht, Nora. Aber was hat das mit meiner Mami zu tun?«
Nora richtete sich auf. Sie strahlte ihn mit ihren grünen Augen an. »Sie ist eine Frau wie jede andere, nur etwas gescheiter. Und sie möchte bestimmt einmal gern mit Dr. Hassberger ausgehen. Den ganzen Tag ist sie mit den Handwerkern und jetzt auch noch mit Wolfi beschäftigt. Wenn ich nun…«
»Was?«
»Ich könnte mich doch um Wolfi kümmern, Hubs. Währenddessen sitzt du über deinen Arbeiten, dann kann deine Mutter sich nicht mehr zwischen uns stellen. Sie möchte dich jetzt, wo Wolfi krank ist, noch mehr ans Haus binden. Und weil sie mich nicht mag, trennt sie uns voneinander.«
Hubs nickte. Genauso war es. Und er konnte noch nicht einmal etwas dagegen unternehmen, weil seine Mutter im Recht war. Auf alles konnte sie schließlich nicht achten. Xenia war noch zu klein, um ständig bei Wolfi zu sitzen und aufzupassen, daß er seine Medizin nahm. Ganz klar, daß er diese Aufgabe übernehmen und im Nebenzimmer über seinen Arbeiten für die Nachprüfung sitzen sollte. Deshalb war er schließlich hier.
»Tjaa«, seufzte er aus tiefster Brust.
Nora rutschte vom Geländer. Sie legte den Arm auf seine Schulter.
»Liebst du mich, Hubs?«
»Das weißt du doch«, nuschelte er. Für große Worte hatte er nicht viel übrig, schon gar nicht, wenn sie in aller Öffentlichkeit ausgesprochen wurden. Warum mußte Nora ihn das ausgerechnet jetzt fragen? Im Fernsehen oder im Kino nahm der Mann in solchen Augenblicken die Frau in die Arme und küßte sie mit aller Leidenschaft. Das wagte er nicht.
»Ich meine«, sagte Nora mit süßer Stimme, »würdest du ein Wagnis für mich eingehen?«
»Jedes!« beteuerte er im Brustton tiefster Überzeugung. »Ist doch wohl klar. Also, was soll ich tun?«
»Mach deiner Mutter einen Vorschlag.«
»Und welchen?«
»Ich möchte Wolfis Pflege übernehmen. Xenia kann mir dabei helfen. Und ich kann auch mit Frieda zurechtkommen. So hat deine Mutter auch mal Zeit für sich. Sie könnte sogar malen. Wollte sie das nicht?«
»Ja, das wollte sie.«
Jetzt beugte er sich doch vor, um ihr einen zarten Kuß auf die Wange zu hauchen.
»Und dann hat sie sogar Zeit für Dr. Hassberger.«
»Hmm!« machte Hubs. Zum erstenmal seit langer Zeit dachte er über seine Mutter nach. Vielleicht fühlte sie sich manchmal einsam. Die Ehe seiner Eltern war sehr glücklich gewesen. Und natürlich sah Dr. Hassberger prima aus und machte auch sonst einen guten Eindruck. Was jedoch hatte Nora über dessen Charakter gemeint?
»Ist er verheiratet?« fragte er. Nora wußte ja immer alles.
Sofort lächelte sie geheimnisvoll und schüttelte den Kopf.
»Er ist geschieden. Der Oberkellner im Hotel weiß genau über ihn Bescheid. Er war mit einer Amerikanerin verheiratet. Warum die Ehe auseinandergegangen ist, kann ich dir aber nicht sagen.«
Zwischen Hubs’ Augenbrauen bildete sich eine steile Falte.
»Hoffentlich ist das nicht so einer, der seine Frau betrogen hat.«
»Darum mußt du dir ja keine Sorgen machen«, lachte Nora.
»Doch, mache ich aber. Ich kann solche Männer nicht leiden.«
Sie sah ihn aus halbgeschlossenen Augen an. »Warum nicht?«
»Na, ist doch klar. Weil sie gemein sind.«
»Gemein?« Ihre Augen funkelten jetzt dunkelgrün. »Was heißt gemein? Wenn die Ehefrau langweilig ist? Oder sie sich auseinandergelebt haben?«
»Dann muß man gar nicht erst heiraten. Ich wenigstens würde dich nie betrügen.«
»Das«, erwiderte sie selbstbewußt, »würde ich mir auch nie gefallen lassen.« Dann spitzte sie ihr Mündchen und küßte ihn. »Geh jetzt und sprich mit deiner Mutter, Hubertus. Ich werde Wolfi schon gut pflegen. Und wir sind dann immer zusammen. Wozu soll ich sonst in Lüttdorf bleiben? Du weißt, daß ich ursprünglich nur zwei Tage bleiben wollte. Nun bin ich schon zwei Wochen hier. Und nur deinetwegen, Hubs. Ich will und kann nicht den ganzen Tag ohne dich sein.«
»Ich auch nicht, Nora. Nein, wirklich nicht.«
Er streckte und reckte sich. Seine Schultern wurden breiter, sein Gesicht energischer. Er würde um sein Glück mit Nora kämpfen. Wie ein richtiger Mann.
*
Mit Angie war in den letzten Tagen eine Veränderung vor sich gegangen. Sie lief leichtfüßiger und flinker durch das riesige Haus, korrigierte ihre Frisur öfter, benutzte trotz Handwerkerdrecks einen Lippenstift und zog sich jeden Tag, wenn Dr. Hassbergers Besuch bevorstand, um. Dann ließ sie ihre Jeans oben im Zimmer und trug einen weiten bunten Rock. Darin sah sie aus wie Mitte Zwanzig. Das hatte nicht etwa Hubs, sondern Dr. Hassberger gesagt. Er war überhaupt sehr nett. Wenn er jetzt meinte, alles sei in Ordnung, konnte sie ihm aus ganzem Herzen zustimmen.
Als Hubs aufkreuzte, sah sie ihm jedoch böse entgegen. Sie stand in der Küche und bereitete eine Cremespeise für Wolfi vor.
Der Junge hatte wieder Appetit, und damit er auch Vitamine zu sich nahm, gab es heute Zitronenpudding. Frieda konnte man diese Aufgabe nicht überlassen. Die putzte unten im Arbeitszimmer und im Salon Fenster. Denn endlich waren die Handwerker auch dort fertig geworden.
»Du hast immer so viel zu tun, Mami«, stellte Hubs fest.
Sie sah ihn überrascht an. Diese Erkenntnis war neu.
»Ja, das habe ich auch, mein Junge. An Malen oder Spazierengehen ist überhaupt nicht zu denken.«
Hubs legte seinen Arm um sie. »Mit wem möchtest du denn spazierengehen? Mit Dr. Hassberger?«
Er bemerkte zu seiner größten Verwunderung, daß seine Mutter rot wurde. Sie beugte sich vor und bearbeitete die Speise mit dem Handrührgerät, als ginge es um einen Wettbewerb im Puddingzubereiten.
»Und wenn schon?« fragte sie leise zurück. »Wäre das so schlimm?«
»Nein, überhaupt nicht. Du mußt auch nur tun, was du willst, Mami. Ich finde Dr. Hassberger prima.«
»Tun, was ich will?« Sie lachte auf. »Ich will eher, was ich tun muß. Ich will dich zum Arbeiten antreiben und Wolfi wieder gesund bekommen.«
»Meinst du nicht, Nora könnte dir helfen?«
»Die? Ich glaube, sie weiß gar nicht, wie man Fieber mißt.«
»Doch, Mami. Nora kann das alles. Sie würde dich gern entlasten. Dann hättest du ein wenig Erholung, und ich würde auch ruhiger über meinen Büchern sitzen.«
»Ruhiger?« Sie stellte den Quirl ab und legte ihn beiseite. Sofort stippte Hubs mit dem Finger in die Speise und leckte ihn ab. Angie sah ihren Sohn nachdenklich an. Er benahm sich wie ein kleiner Junge, aber seine Gefühle, das wußte sie, hatten sich seit der Begegnung mit Nora geändert. Wie ernst war es ihm mit der Schwedin? Wenn Nora sich hier wirklich täglich im Haus aufhielt, mußte sie das wissen.
»Klar. Das gibt mir so viel Sicherheit, wenn sie in der Nähe ist, Mami. Nora ist das schönste Mädchen in der Stadt. Wo sie auch auftaucht, die Männer blicken ihr nach. Wenn sie in meiner Nähe ist, muß ich mir nichts Böses vorstellen.«
»Hubs«, begann Angie und sah ihn ernst an. »Du